Positionierung der US-Geldpolitik und Inflation
Zum Höhepunkt der Corona-Krise stach die Fed zunächst mit ihrem äußerst entschlossenen Vorgehen und historisch beispiellosen Hilfspaket international heraus. Die Bereitschaft zu einer extrem lockeren Geldpolitik hat die Fed schließlich Ende August mit einer Neuausrichtung ihrer geldpolitischen Strategie untermauert. Mit dem Übergang zu einem „Average Inflation Targeting“ signalisiert die Fed, dass sie ihre lockere Geldpolitik noch sehr lange fortsetzen wird – selbst dann noch, wenn die Inflation über die bisherige Zielmarke von 2 % steigt.
US-Dollar-Stärke wankt
Wir gehen mittelfristig nicht davon aus, dass die Stärke des US-Dollars zurückkommt. Grundsätzlich ist der US-Dollar immer dann stark, wenn die Unsicherheit an den Märkten besonders hoch ist. Dies war insbesondere im März des vergangenen Jahres der Fall, als die Welt erhebliche Einschränkungen des wirtschaftlichen Lebens beschloss, um die erste und damals noch schwer einzuschätzende Corona-Infektionswelle zu stoppen. Auch der Abend der Präsidentschaftswahl löste kurz Safe-Haven-Zuflüsse in die amerikanische Währung aus, als es kurzzeitig nach einem Wahlsieg von Donald Trump und damit weiteren vier Jahren sprunghafter Politik aussah. Mit dem Erfolg Joe Bidens versiegte dieser Safe-Haven-Zufluss, weil die Risikofreude der Anleger stieg. Der US-Dollar gab folglich wieder kräftig nach.
Euro rückt auf
Nach Jahren von US-Dollar-Stärke ist wohl eher zu erwarten, dass der Euro im kommenden Jahr weiter auf ein Niveau steigt, das gemessen an fundamentalen Kriterien als fair bezeichnet werden darf. Somit würde der Euro seine jahrelange Unterbewertung zum US-Dollar überwinden. Zuletzt sahen wir bereits einen relativ starken Eurotrend, der im Wesentlichen auf zwei andere Faktoren zurückzuführen ist: Aus Euro-Sicht brachte die Einigung auf einen europäischen „Wiederaufbaufonds“ im Frühsommer die Trendwende. Um den von der Corona-Krise besonders stark betroffenen Ländern beizustehen, beschlossen die EU-Kommission und die Mitgliedsländer einen 750 Mrd. Euro schweren Solidarfonds, für dessen Finanzierung auch erstmals eine erhebliche gemeinschaftliche Schuldenaufnahme vereinbart wurde. Die Sorgen vor einer Neuauflage der Eurokrise schwanden, Zerfallsrisiken wurden am Devisenmarkt ausgepreist und gleichzeitig lastete die lockere Geldpolitik und massiv ausgeweitete Staatsverschuldung in den USA auf dem US-Dollar. Grundsätzlich näherten sich die Währungskurse damit den inneren fundamentalen Werten, die wir bei Bergos stets auf Basis von Zins- und Kaufkraftparitäten berechnen.
Aktien aufwärts, Dollar abwärts
Da wir für 2021 einen dynamischen Aufschwung erwarten und die US-Politik unter Präsident Biden verlässlicher sein dürfte, sollte es an den Finanzmärkten eine positive Grundstimmung geben. Entsprechend sollte der US-Dollar nicht nachhaltig als sicherer Anlagehafen gesucht werden. Selbstverständlich gibt es Risiken, die hin und wieder an den Märkten für Unruhe und womöglich auch für eine kurzfristige US-Dollar Stärke sorgen könnten. Der Trend bleibt aber wahrscheinlich für die Aktienmärkte aufwärts- und für den US-Dollar abwärtsgerichtet.
Autor: Till Christian Budelmann
Chief Invesment Officer
Bergos Privatbank
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