Erneuerbare Energien stellen eine Assetklasse dar, die sich ausgezeichnet zur Diversifikation eines Gesamtportfolios eignet, da ihre Ertragsstrukturen nur geringfügig oder gar nicht mit anderen Assetklassen korrelieren. Dies gilt insbesondere für Sachwertinvestitionen in die Anlagen selbst, anstelle von Aktien börsennotierter Hersteller- oder Betreiberunternehmen.
Was jedoch häufig übersehen wird: Es handelt sich auch um eine sehr heterogene Assetklasse, innerhalb derer unterschiedliche Risiko-Rendite-Profile dargestellt und über mehrere Dimensionen hinweg Diversifikationspotenziale genutzt werden können. Dieses Potenzial können nicht nur große Portfolios, sondern mit passenden Anlageprodukten auch Privatanleger für sich nutzen.
Bei Erzeugungsart und ‑ort sind der Vielfalt kaum Grenzen gesetzt
Die erste Diversifikationsebene ist die konkrete Erzeugungsart. Investments in erneuerbare Stromerzeugung beziehen sich primär auf Photovoltaik- sowie Offshore- und Onshore-Windenergieanlagen. Die Erzeugungsprofile unterscheiden sich je nach Wetterlage stark und weisen nur sehr geringe oder sogar negative Korrelationen auf, was das Risiko verteilt. Zwar können Stromerträge im Tages- und auch im Jahresverlauf schwanken, doch diese Schwankungen glätten sich bei langfristiger Betrachtung. So lassen sich der durchschnittliche Windertrag und die Sonneneinstrahlung pro Jahr an einem bestimmten Standort langfristig sehr gut und zuverlässig prognostizieren.
Neben Photovoltaik und Windenergie, die eine breite Diversifikation ermöglichen und aktuell den Großteil der erneuerbaren Sachwertinvestments im Markt ausmachen, gibt es weitere Erzeugungsarten, die als Investments bisher eher Nischen darstellen. Dazu gehören Solarthermie, Wasserkraft in unterschiedlichsten Ausprägungen, Geothermie, Biomasse und vieles mehr. Auch diese Erzeugungsarten korrelieren technisch und physikalisch kaum untereinander und bieten daher zusätzliches Diversifikationspotenzial.
Eine weitere Möglichkeit zur Streuung ist die geografische Diversifikation. Sie verringert das Risiko einer „Dunkelflaute“, also dass gleichzeitig weder Sonne noch Wind verfügbar sind. Je weiter die Standorte voneinander entfernt und je unterschiedlicher die Klimazonen sind, desto größer ist der Diversifikationseffekt. Zusätzlich profitieren solche breit gestreuten Anlagen von verschiedenen staatlichen Förderungen, Genehmigungsverfahren und Vermarktungsmöglichkeiten, da diese von Land zu Land unterschiedlich sind.
Stromvermarktung lässt viel Spielraum
Die Vermarktung des erzeugten Stroms bietet verschiedene Ansätze und damit ebenfalls Diversifikationspotenzial: Der Strom kann zum einen ins öffentliche Netz eingespeist werden. Dabei spielt es eine Rolle, ob der Strom zu einem festen, staatlich garantierten Preis oder aber zu schwankenden Marktpreisen vergütet wird. Ein weiteres Modell ist der Abschluss direkter Lieferverträge mit Großabnehmern, sogenannte Power-Purchase-Agreements (PPAs). Diese Verträge sind individuell gestaltet und bieten beiden Seiten Planungssicherheit. Insgesamt ermöglicht die Vielfalt an Vermarktungsstrategien den Stromerzeugern, mit gutem Management ihre Einnahmequellen zu diversifizieren, unabhängiger von den Entwicklungen eines einzelnen Strommarktes zu werden sowie je nach Präferenz die Einnahmen stabiler oder auch volatiler – und somit chancenreicher – zu gestalten.
Auch der Zeitpunkt des Einstiegs in die Wertschöpfungskette kann unterschiedlich gestaltet werden. Chancenorientierte Investoren können schon früh in Projekte einsteigen, etwa beim Bau neuer Anlagen. Hier locken höhere Renditen, denen Planungs- und Baurisiken gegenüberstehen. Für risikoaverse Anleger eignen sich eher bereits bestehende und bewährte Wind- oder Solarkraftwerke.
Energiewende braucht mehr als Stromerzeugung
Allerdings erfordert die Energiewende nicht nur Produktionskapazitäten von Strom aus Erneuerbaren, sondern auch eine breite Vielfalt an Infrastruktur, insbesondere den Ausbau der Speicher und Netze. Auch hier liegt Investitions- und Diversifizierungspotenzial. Batteriespeicher machen Strom aus erneuerbaren Quellen auch dann verfügbar, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Betreiber solcher Speicherparks profitieren davon, dass sie den Strom gezielt dann einspeisen können, wenn die Erneuerbaren gerade weniger produzieren und der Strompreis am Markt deshalb höher ist. Ordnungspolitisch ist das durchaus gewollt, weil es die Grundlastfähigkeit der Netze unterstützt. Stromnetze können ein attraktives Investitionsobjekt sein, da ihr Betrieb in der Regel durch staatliche Garantien abgesichert ist.
Ein interessanter Trend ist darüber hinaus, die Diversifikationspotenziale direkt vor Ort zu nutzen. Das bedeutet, verschiedene Erzeugungsarten wie Wind- und Solarenergie oder Energiespeicher an einem Standort zu kombinieren. Diese „Hybridisierung“ der Anlagen sorgt dafür, dass Schwankungen bei der Energieproduktion ausgeglichen werden und der erzeugte Strom effizienter ins Netz eingespeist werden kann. Dadurch wird die Anlage insgesamt flexibler und kann auch bei wechselnden Wetterbedingungen oder schwankendem Energiebedarf eine stabilere Stromversorgung gewährleisten.
Eine breite Diversifizierung macht Erneuerbare-Sachwerte-Portfolios resilient und unterstützt langfristig stabile und attraktive Rendite-Risiko-Profile. Das vielfältige Know-how dazu aufzubauen ist allerdings nicht trivial. Es kann sich daher lohnen, auf spezialisierte Assetmanager mit Markterfahrung und einer nachweisbaren Erfolgsbilanz zu setzen. Diversifizierte Renewables-Fonds können als Beimischung in turbulenten Marktphasen ein Stabilitätsanker im Depot sein.
Autorin: Dr. Nicole Arnold, Vorstandsmitglied, Commerz Real