Themeninvestments als ein Ausweg aus dem Niedrigzinsdilemma

Institutionelle Anleger haben es in Zeiten der Niedrigzinspolitik bei der Kapitalanlage schwer: Während sichere Rentenanlagen von geringen und sogar negativen Zinsen geprägt sind, besteht bei risikoreicheren Anlagen ein hohes Rückschlagsrisiko. Themeninvestments können eine sinnvolle Alternative sein. Desiree Sauer, Investment Strategist bei Lazard Asset Management, erklärt, warum.
3. Mai 2021
Foto: © kras99 - stock.adobe.com

Institutionelle Anleger haben es in Zeiten der Niedrigzinspolitik bei der Kapitalanlage schwer: Während sichere Rentenanlagen von geringen und sogar negativen Zinsen geprägt sind, besteht bei risikoreicheren Anlagen ein hohes Rückschlagsrisiko. Themeninvestments können eine sinnvolle Alternative sein. Desiree Sauer, Investment Strategist bei Lazard Asset Management, erklärt, warum.

„Zwar haben die gestiegenen Inflationserwartungen in den USA und in Europa die Zinskurven etwas nach oben verschoben, doch ein großer Teil der Rentenanlagen ist nach wie vor unattraktiv“, sagt Desiree Sauer. Entsprechend hätten institutionelle Investoren in den letzten Jahren ihren Anteil an illiquiden Anlageklassen weiter ausgebaut, denn hier ließen sich attraktive Renditen erwirtschaften. Dies ging nicht nur mit einer Reduzierung der Rentenquoten, sondern auch mit einer Reduzierung der Aktienquoten einher, wohingegen illiquide Vermögensanlagen wie Immobilien deutlich aufgestockt wurden. Aufgrund besserer Erträge im Vergleich zu Rentenanlagen und einer höheren Liquidität sollten Investoren nun allerdings über einen Ausbau ihrer Aktieninvestitionen nachdenken – beispielsweise in Form sogenannter Themeninvestments.

Auf strukturelle Trends setzen


Bei einem thematischen Investmentansatz ist ein struktureller Trend der zugrunde liegende Treiber des zukünftigen Wertes einer Aktie. „Das Portfolio wird für eine neue Ära positioniert, in welcher neue, disruptive Technologien bestehende Paradigmen durchbrechen, verändertes Verbraucherverhalten Änderungen an bestehenden Geschäftsmodellen erzwingt (z. B. der Wunsch vieler Verbraucher nach mehr Nachhaltigkeit) oder die demografische Entwicklung die Bedürfnisse der Weltbevölkerung verändert“, erklärt Sauer.

Anders als bei traditionellen Investmentansätzen gebe es bei Themeninvestitionen keine länderspezifischen oder sektoralen Einschränkungen. „Es kommt stattdessen darauf an, strukturelle Veränderungen, sogenannte Megatrends, zu identifizieren“, erläutert Sauer. Erst dann beginne die Suche nach Unternehmen, die in hohem Maße von diesen Veränderungen betroffen sind.

Megatrend „Bottom Billion“

Sauer sieht derzeit mehrere Megatrends, die für ein Themeninvestment in Frage kämen: Neben bekannten Themen wie Nachhaltigkeit oder Digitalisierung sind auch derzeit noch eher unbekannte Themen für Investoren interessant wie beispielsweise das Thema der sogenannten „Bottom Billion“. Unter „Bottom Billion“ versteht man Milliarden von Menschen am unteren Ende der Einkommenspyramide mit einem Vermögen von weniger als 10.000 US-Dollar. „Unternehmen, die diesen Menschen Produkte oder Dienstleistungen anbieten, eröffnen Anlegern Wachstumschancen“, sagt Sauer. „Denn: Es wird erwartet, dass etwa zwei Milliarden der Bottom Billion-Bevölkerung in den nächsten 15 Jahren in die Mittelschicht aufsteigen.“ Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen anbieten, die das Leben dieser Menschen verbessern, dürften von dieser Aufwärtsbewegung profitieren. „Gleichzeitig kann man als Investor etwas Gutes zu tun, denn diese Unternehmen haben die Möglichkeit, das Leben einer großen Anzahl von Menschen, zu vergleichsweise geringen Kosten, zu verbessern“, argumentiert Sauer. Mit steigendem Wohlstand, wachse zudem die Nachfrage nach zusätzlichen Produkten und Dienstleistungen wie besserer medizinischer Versorgung oder Versicherungsschutz, was wiederum neue Investitionsmöglichkeiten schaffe.

Zukunftsthema „Digital Health“

„Digital Health“ ist aus Sicht Sauers ein weiteres zukunftsträchtiges Thema. „Das gesamte Gesundheitswesen befindet sich in einer Phase tiefgreifender Veränderungen und schafft dadurch interessante Investitionsmöglichkeiten“, sagt die Expertin. Vier Bereiche könnten für Investoren besonders interessant sein:

  1. Health Big Data: Das Aufkommen von elektronischen Krankenakten, digitaler medizinischer Bildgebung, Wearables (ein am Körper getragenes elektronischen Gerät, wie zum Beispiel Fitness Tracker oder Herzfrequenzmesser) schaffe neue Datenpools und erweitere bestehende Pools. „Aufgrund der explodierenden Gesundheitsdaten dürften Analysten künftig die Hilfe von künstlicher Intelligenz benötigen, um die enormen Datensätze zu analysieren und die Komplexität der menschlichen Biologie dabei vollständig zu berücksichtigen“, erläutert Sauer. Lösungsanbieter in diesem Bereich dürften von dieser Entwicklung profitieren.
  2. Fortschrittliche Diagnostik: Neue, disruptive Technologien ermöglichen eine bessere Diagnostik, nicht-invasive Tests und frühzeitige Eingriffe. „Dies dürfte eine Verlagerung in Richtung Präventivmedizin vorantreiben, die wiederum weltweit eine Investitionsmöglichkeit von mehreren Billionen Dollar für disruptive Unternehmen schaffen wird“, so Sauer.
  3. Personalisierte Medizin: Unternehmen, die gezielte Therapien entwickeln aus Bereichen wie Gene Editing, Biologika und digitale Therapeutika sind aus Sicht Sauers gut positioniert, um die gesamte Pharmalandschaft zu verändern.
  4. Steigende Lebenserwartung: Durch die bessere Gesundheitsversorgung dürfte weltweit die Lebenserwartung steigen. „Aus Anlegersicht könnten Unternehmen interessant sein, die eine längere Lebensdauer ermöglichen und einen aktiven Lebensstil, gesündere Gewohnheiten und allgemeines Wohlbefinden fördern“, erklärt Sauer.

Ein zu eng gefasstes Thema mit einem kleinen Anlageuniversum berge allerdings die Gefahr, dass Titel ausgewählt werden, die überbewertet sind oder eine hohe Korrelation zueinander aufweisen. „Investoren sollten sich im Vorfeld einer Anlage bewusst werden, ob sie sich auf ein bestimmtes Thema, wie Digital Health oder Bottom Billion, fokussieren oder sich thematisch breiter aufstellen möchten. Die erste Variante ist eher etwas für risikobereitere Anleger mit fester Überzeugung in Hinblick auf die Zukunftsaussichten eines bestimmten Themas. Für institutionelle Investoren ist in der Regel die zweite Variante, also breit aufgestellte und damit diversifizierte Themenanlagen, besser geeignet“, schließt Sauer. (ah)

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