Strukturelle Veränderungen könnten Japan weiter Rückenwind geben

2023 ist der japanische Aktienmarkt ins Zentrum des Anlegerinteresses gerückt – und dies, obwohl er zuvor mehrere Jahrzehnte lang kaum Beachtung fand. Grund dafür sind strukturelle Veränderungen, die den japanischen Aktienmarkt auch langfristig attraktiv machen, sagt Desiree Sauer, Investmentstrategin bei Lazard Asset Management.
27. Mai 2024
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2023 ist der japanische Aktienmarkt ins Zentrum des Anlegerinteresses gerückt – und dies, obwohl er zuvor mehrere Jahrzehnte lang kaum Beachtung fand. Grund dafür sind strukturelle Veränderungen, die den japanischen Aktienmarkt auch langfristig attraktiv machen, sagt Desiree Sauer, Investmentstrategin bei Lazard Asset Management.

Normalisierung der japanischen Wirtschaft
Jahrelang habe die japanische Zentralbank gegen ein ausgeprägtes Deflationsumfeld und das damit einhergehende gehemmte Wirtschaftswachstum gekämpft. Mittlerweile habe sie diesen Kampf gewonnen. „Ein positives Zeichen sind in diesem Zusammenhang die jüngsten starken Lohnsteigerungen, welche mittlerweile über den Preissteigerungen liegen“, sagt Sauer. „Sie sprechen dafür, dass in Japan ein positiver Inflationskreislauf eingesetzt hat. Entsprechend konnte die japanische Notenbank nach acht langen Jahren ihrer Negativzinspolitik den Rücken kehren.“

Das Verhalten vieler japanischer Privathaushalte und Unternehmen habe sich in den vergangenen Jahren dem deflationären Umfeld angepasst. „Es gab schlicht keinen Anreiz, Konsumausgaben oder Investitionen zu tätigen, denn in einem Deflationsumfeld ist das Geld morgen mehr wert als heute“, erklärt die Strategin. „Kein Wunder also, dass japanische Haushalte etwa 50 Prozent ihres Vermögens in Bargeld vorhielten.“

In dem nun eingekehrten inflationären Umfeld setze jedoch ein Wandel im Konsum‑, Investitions- und Sparverhalten ein, was sich positiv auf die japanische Wirtschaft und damit den japanischen Aktienmarkt auswirke. „Erste Veränderungen lassen sich bereits erkennen“, sagt Sauer. „So haben zum Beispiel die Unternehmensfusionen und ‑übernahmen in Japan stark zugenommen. Japanische Unternehmen denken mittlerweile strategisch darüber nach, wie sie ihr Geschäft weiter ausbauen können, und sind dabei auch bereit, gewisse Risiken einzugehen.“ Bemerkenswert sei darüber hinaus die deutliche Beschleunigung der Investitionsausgaben japanischer Börsenunternehmen.

Auch bei den Privathaushalten lasse sich bereits ein Wandel beim Investitionsverhalten erkennen. Dieser Wandel sei zusätzlich durch das von der japanischen Regierung vorgestellte Aktieninvestitionsprogramm für Privatpersonen (NISA) beschleunigt worden. Der Maximalbetrag, den Privatanleger im Rahmen des nationalen Aktiensparprogramms in Aktien und Indexfonds investieren können, sei zuletzt verdoppelt und zugleich für diesen Betrag eine dauerhafte Steuerfreiheit gewährt worden. „Damit hat die Regierung Anreize für Privatpersonen geschaffen, in den Aktienmarkt zu investieren, anstatt Geld zu horten“, sagt Sauer.

Zunehmende Aktionärsfreundlichkeit durch Corporate-Governance-Reformen
Ein weiterer Faktor, der sich positiv auf die Aktienmärkte in Japan auswirke, seien die seit dem letzten Jahr massiv vorangetriebenen Corporate-Governance-Reformen. „Japan war in der Vergangenheit für seine schlechte Corporate Governance bekannt“, sagt Sauer. „Die Reformen haben jedoch dazu geführt, dass japanische Unternehmen viel aktionärsfreundlicher geworden sind, was zahlreiche Investoren angelockt hat.“ Eine sich stetig verbessernde Dividendenpolitik und zunehmende Aktienrückkäufe würden am Markt als sehr positiv gewertet.

Ineffizienz des japanischen Aktienmarktes eröffnet Chancen
Ein weiterer Punkt mache japanische Aktien insbesondere für aktive Investoren interessant: Verglichen mit Unternehmen beispielsweise aus den USA oder Europa sei die Research-Abdeckung japanischer börsennotierter Unternehmen eher gering. „Fast 70 Prozent der japanischen Unternehmen werden von zwei oder weniger Analysten beobachtet“, sagt Sauer. „Zum Vergleich: In den USA liegt der Anteil der Unternehmen, auf die das zutrifft, bei lediglich 7 Prozent.“ Darüber hinaus würden japanische Aktien bei globalen Investoren untergewichtet. „Die Kombination aus geringer Research-Coverage und Untergewichtung sorgt für eine geringere Markteffizienz in Japan und bietet Investmentmanagern, die über fundierte Kenntnisse des japanischen Marktes und dortiger Unternehmen verfügen, Raum zur Alphagenerierung“, erklärt Sauer. Die reichlich vorhandenen Marktineffizienzen würden aktiven Managern einen höheren Grad an Outperformance ermöglichen als dies in anderen Aktienkategorien der Fall sei.

Diversifikation durch geringe Korrelationen mit anderen Märkten 
Abschließend merkt die Strategin an, dass japanische Aktien Vorteile bei der Gesamtportfoliokonstruktion bieten könnten. Denn historisch gesehen habe Japan eine der niedrigsten Korrelationen im Vergleich zum Weltindex. „In einem Umfeld, in dem die Korrelationen zwischen den einzelnen Assetklassen immer weiter zugenommen haben, können japanische Aktien deshalb zur Diversifizierung eines Portfolios beitragen“, so die Expertin.

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