Staatsanleihen und Hochzinsanleihen – alles zu seiner Zeit

Sollte man bei Anleihen aktuell auf Stabilitätsquellen wie Staatsanleihen oder eher auf Ertragsquellen wie Hochzinsanleihen setzen? Die Anleiheexperten von Eyb & Wallwitz haben analysiert, wann es für die jeweiligen Segmente am aussichtsreichsten ist.
24. Juni 2024
Andreas Fitzner (li.), John Petersen (re.) - Foto: Copyright Eyb&Wallwitz

Sollte man bei Anleihen aktuell auf Stabilitätsquellen wie Staatsanleihen oder eher auf Ertragsquellen wie Hochzinsanleihen setzen? Die Anleiheexperten von Eyb & Wallwitz haben analysiert, wann es für die jeweiligen Segmente am aussichtsreichsten ist.

Bei über 4% Zinsniveau besser auf High Yield-Anleihen verzichten
Das Zinsniveau bestimmt in hohem Maße die Attraktivität des Anlagesegments, folgerichtig verbessert sich das Risiko-Rendite-Profil von Staatsanleihen mit einer höheren Ausgangsrendite. Die Untersuchung zeigt, dass es seit 2000 bei einem Zinssatz unterhalb von 1% wenig rentabel war, in Staatsanleihen zu investieren. „Dann waren High-Yield-Anleihen die „sicherere“ Alternative, sicher war bei solch niedrigen Zinsen bei Staatsanleihen nur, dass man bis zur Endfälligkeit einen realen Wertverlust erleidet und auch auf Sicht von 12 Monaten nicht mit Kursgewinnen rechnen sollte,“ so die Autoren Andreas Fitzner und John Petersen. „Bei Zinsen von über 4% war es dagegen besser, gänzlich auf High-Yield-Anleihen zu verzichten und sich auf „Stabilitätsquellen“ zu fokussieren.“ Auf dem aktuellen Renditeniveau von gut 3% auf Indexbasis, böten Staatsanleihen gemessen am Bloomberg Euro-Aggregate Treasury Index eine gute Ertragsperspektive. Auch für Hochzinsanleihen gemessen am Bloomberg (EUR) High Yield Index war dies historisch ein sehr gutes Umfeld.

High Yield – die Risikoprämie muss stimmen 
Für die für die Beurteilung der Attraktivität einer „Ertragsquelle“ ist vor allem die Risikoprämie entscheidend, also der Zinsunterschied zur risikolosen Anlage. Risikoprämien von High-Yield-Anleihen schwanken über die Zeit erheblich. Bei besten Aussichten sinken die Risikoprämien, wenn Unsicherheit aufkommt, steigen sie. Daher haben die Anleiheexperten von Eyb & Wallwitz untersucht, inwieweit die Risikoprämie zu Periodenbeginn den erwarteten Ertrag über die nächsten zwölf Monate bestimmt. Es zeigt sich, dass sich bei Risikoprämien unter 300 Basispunkten ein Investment in High-Yield-Anleihen über die nächsten 12 Monate nicht ausgezahlt hat, während Staatsanleihen zumindest ein kleines Plus ausweisen. „Bei Risikoprämien unter 3% ist das Gesamtumfeld in der Regel bestens, das ist jedoch nicht der richtige Zeitpunkt, um zusätzliche Kreditrisken aufzubauen. In Krisenzeiten sind die Risikoprämien am höchsten, dann wird man für das eingegangene Risiko gut bezahlt“, schlussfolgern die Autoren. Bei Risikoprämien über 4% steigt der Mehrertrag von High-Yield-Anleihen gegenüber Staatsanleihen deutlich. Die Auswertung legt daher eine antizyklische Ausrichtung bei der Gewichtung von Stabilitätsquellen und Ertragsquellen nahe.

Antizyklisches Handeln gefragt

Um im Portfoliokontext die Auswirkungen einer antizyklischen Allokation zwischen Ertrags- und Stabilitätsquellen zu veranschaulichen, haben Fitzner und Petersen ein Portfolio konstruiert, welches die Allokation in High-Yield- und Staatsanleihen abhängig von Rendite- und Risikoprämienniveau anpasst (Backtest-Strategie). Dieses dynamische Portfolio wurde einem reinen EUR High-Yield-Portfolio, einem EUR Staatsanleihen-Portfolio und dem MSCI World in EUR gegenübergestellt, dabei haben die Autoren zwei unterschiedliche Marktphasen identifiziert und getrennt betrachtet.

Juni 2002 bis Juli 2012 – Normale Kapitalmarktzyklen
In diesem Zeitraum wird die Outperformance von Anleihen gegenüber dem Aktienmarkt besonders deutlich. Das Platzen der DotCom-Blase Ende 2001/Anfang 2002 in Kombination mit mehreren prominenten Fällen von Bilanzierungsbetrug in den USA zwang Unternehmen zu einer konservativeren Kapitalstruktur. Um diese zu erreichen, wurden Dividenden oder Aktienrückkäufe gestoppt, Investitionen wurden zurückgefahren und Unternehmensbereiche teilweise verkauft, um die Verschuldung zu reduzieren. Kurz, die Interessen der Kreditgeber wurden über die der Aktionäre gestellt. Dieselbe Dynamik lässt sich noch deutlicher im Zuge der globalen Finanzkrise von 2008/2009 beobachten. „Durch den Kollaps mehrerer Banken war der Kreditmarkt für viele Unternehmen verschlossen und noch drastischere Maßnahmen waren nötig, um das Vertrauen von Gläubigern zurückzugewinnen“, erläutern die Autoren. Wie zu erwarten sind die Total Returns von EUR Staatsanleihen, gemäß den insgesamt höheren Zinsniveaus in diesem Zeitraum moderat und zudem aufgrund positiver Realzinsen mit geringer Volatilität verbunden. „So reduziert eine Allokation von Staatsanleihen in Kombination mit High-Yield die Volatilität, ohne dabei großartig auf Rendite verzichten zu müssen und erzielt auch die besten risikoadjustierten Renditen von den betrachteten Portfolios“, folgern Fitzner und Petersen.

August 2012 bis heute – Aussteuerung der Kapitalmarktzyklen durch Zentralbanken
Mit dem „Whatever it takes“-Statement von Mario Draghi am 26. Juli 2012 wurde eine neue Ära in der Geldpolitik Europas eingeläutet. Die nahezu kontinuierliche Intervention durch ein immer niedrigeres Zinsniveau sowie direkter Anleihekäufe durch die Zentralbank drückte die Renditen von Staatsanleihen und nachfolgend auch die Risikoprämien von High-Yield-Anleihen. Investoren waren auf der Suche nach Rendite gewillt, immer größere Risiken für eine tendenziell sinkende zusätzliche Rendite einzugehen. „Diese Bewegung in immer zinssensitivere Laufzeiten bei geringeren Ertragsaussichten, machte das Risiko-Rendite-Verhältnis noch asymmetrischer, als es bei Anleihen ohnehin bereits ist. Zudem steigen die Kurse bei immer weiter sinkenden Renditen, sodass die Korrelation zwischen den Anleihesegmenten und zum Aktienmarkt anstieg”, schreiben die Autoren. EUR Staatsanleihen weisen in dieser Phase eine höhere Volatilität und einen höheren Drawdown als High-Yield Anleihen aus. Durch immer weiter sinkende Anleiherenditen nahm die Direktionalität in den Bewegungen aller Assetklassen zu. Und trotz der insgesamt hohen Korrelation auch innerhalb des Anleihesegments hat die Kombination der beiden Anleihesegmente einen stabilisierenden Effekt, der sich in einem niedrigerem Maximalverlust zeigt. Dennoch täuscht die „bessere“ Performance aus Risikosicht nicht über die Tatsache hinweg, dass das systematische Backtest-Portfolio auch vor dem großen Paradigmenwechsel am Anleihemarkt im Jahr 2022 nicht gefeit war.

Fazit
Mit der Bekämpfung der Inflation in 2022 initiierten die Zentralbanken eine Kehrtwende in der Geldpolitik, die eine Rückkehr von Kapitalmarktzyklen wie zu Beginn des Jahrhunderts erwarten lässt. Die nun positiven Realrenditen sprechen wieder für eine höhere Allokation in Anleihen. Aktuell sind die Zinsen wieder auf dem Niveau von vor der Finanzkrise, die Risikoprämien dagegen eher auf unterdurchschnittlichem Niveau. Für einen reinen Anleihefonds ist in diesem Umfeld eine ausgewogene Mischung von Ertragsquellen und Stabilitätsquellen opportun. Aufgrund der hohen Korrelation von High-Yield-Anleihen zu Aktien ist für einen Mischfonds eine grundlegend höhere Gewichtung von Stabilitätsquellen sinnvoll, die Rolle der Ertragsquellen übernehmen hier weitgehend die Aktien.

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