SPACs als Börsengang-Alternative im Wachstumssegment

Sie existieren bereits seit über 30 Jahren. Der Aufbruch in die neue Dekade am Finanz- und Kapitalmarkt avancierte sie jenseits des Atlantiks zur beliebtesten Form des Börsengangs. Die Rede ist von den Special Purpose Acquisition Companies – kurz SPACs. Was genau ein SPAC ist, erklärt Philipp Schlüter, Partner des Finanzberatungsunternehmens Cowen.
26. Januar 2021
Philipp Schlüter - Foto: © Cowen

Sie existieren bereits seit über 30 Jahren. Der Aufbruch in die neue Dekade am Finanz- und Kapitalmarkt avancierte sie jenseits des Atlantiks zur beliebtesten Form des Börsengangs. Die Rede ist von den Special Purpose Acquisition Companies – kurz SPACs. Was genau ein SPAC ist, erklärt Philipp Schlüter, Partner des Finanzberatungsunternehmens Cowen.

2020 veränderte das Coronavirus die Finanzierungsmöglichkeiten von Wachstumsunternehmen schlagartig. „If the public markets get a cold, private markets get the flu“ – oder eben Covid-19. Wachstumsunternehmen, die im Frühjahr 2020 die nächste Finanzierungsrunde über klassische Wachstumsinvestoren im Privatmarkt anstrebten, um dann in ein bis zwei Jahren an die Börse zu gehen, saßen plötzlich auf dem Trockenen. Wachstumsinvestoren konzentrierten sich auf ihre Portfoliounternehmen statt zu investieren. Also begannen diese Unternehmen, mit SPACs zu sprechen. Vor dem Hintergrund, dass die US-Börse die tiefsten Taschen der Welt hat, sicherlich nicht falsch.

Was ist ein SPAC?

SPACs, auch als Akquisitionszweckunternehmen oder Mantelgesellschaften bezeichnet, haben kein eigenes operatives Geschäft. Über ein IPO wird mit dem SPAC Kapital eingesammelt, um ein Unternehmen zu kaufen. Dieses Kapital wird anschließend auf einem Treuhandkonto verwaltet.

Ein SPAC sammelt üblicherweise 200 bis 300 Millionen US-Dollar im Rahmen des eigenen IPO ein. Meist folgt noch ein sogenanntes PIPE-Investment, wenn das Zielunternehmen feststeht und sich SPAC-Manager und Zielunternehmen geeinigt haben. Dieses Investment bringt zusätzliches Kapital in das Unternehmen.

Bei PIPE-Investments treffen die institutionellen Investoren das Management von SPAC und Zielunternehmen, können Fragen stellen und haben für eine intensive Due Diligence bis zu 4 Wochen Zeit. Genug, um das Zielunternehmen kennenzulernen und die Businesspläne auf Herz und Nieren zu prüfen. Denn bei vielen SPACs im Wachstumssegment geht es häufig nicht um die Historie, existierende Cashflows oder Umsätze. Die Zukunftsaussichten des Unternehmens sind entscheidend. Im Vergleich zu einer klassischen IPO-Roadshow ist das für institutionelle Investoren ein echter Vorteil, denn da haben sie nur für 30–60 Minuten Q&A und danach muss ein Angebot erfolgen.

Aktien von dem SPAC werden bei dem IPO und auch bei dem PIPE-Investment vorwiegend an institutionelle Investoren ausgegeben. Diese können nach Jahren von sehr späten IPOs am Kapitalmarkt – Airbnb ging beispielsweise erst bei einer Bewertung von 60 Mrd. US-Dollar an die Börse – nun wieder früher in Wachstumsunternehmen investieren und so größere Wertzuwächse in den nächsten Jahren mitnehmen.

Damit ein SPAC an der US-Börse erfolgreich sein kann und die Aktie perspektivisch genug liquide gehandelt wird, ist eine Milliarden-Bewertung vonnöten. Die bestehenden Investoren eines Zielunternehmens bleiben an dem SPAC meist substanziell beteiligt.

Der Ruf eilt voraus

Die SPAC-Initiatoren – auch als SPAC-Manager oder Dealmaker bezeichnet – suchen ein Zielunternehmen, das durch die Übernahme an die Börse gebracht wird. Das SPAC-Management-Team, das sich meist aus erfahrenen Investoren oder ehemaligen, gut vernetzten CEOs mit hervorragendem Ruf und Branchenexpertise zusammensetzt, hat bis zu 24 Monate Zeit, ein Übernahmeziel zu finden. Ein bekanntes Beispiel ist Leo Apotheker, vormals CEO von SAP und HP, der als CEO einen SPAC initiiert hat. Ein SPAC ist also häufig auch eine Wette auf den Ruf und das Know-how der Initiatoren.

Auch die Unternehmer prüfen kritisch, mit welchem SPAC-Manager sie zusammenarbeiten wollen. Für sie spielt bei der Auswahl von Investoren neben Zugang zu Kapital, Netzwerk und Transaktionssicherheit auch die Bewertung eine Rolle.

Besonders lukrativ für Wachstumsunternehmen 

2020 haben viele SPACs und Wachstumsunternehmen zusammengefunden, die extrem große Märkte adressieren und die das Potential haben, dort eine relevante Rolle zu bekommen. Es gab über 15 SPAC-IPOs, die auf die Megatrends Elektromobilität und autonomes Fahren setzen. Unternehmen wie Arrival, Fisker und Nikola stehen exemplarisch für diese Wachstumsbranche. Arrival ist dabei sogar ein europäisches Unternehmen. Weitere Branchen mit SPAC-Potential sind die Raumfahrt, Flugtaxis sowie das Indoorfarming. Auch dort werden Mega-Märkte adressiert, die durch schnell wachsende Unternehmen revolutioniert und besetzt werden können.

Clearing-Preis steht fest, Prozess ist kurz

Verglichen mit einem IPO, wird bei einem SPAC der Clearing-Preis nicht im Rahmen eines schwer steuerbaren Book-building Prozesses ermittelt, sondern mit dem SPAC-Initiator und dem PIPE-Investor bilateral verhandelt. Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass ein SPAC-Merger aus Sicht des Unternehmens nur 3 Monate dauert und nicht die 9 Monate eines IPO, ist die dadurch gewonnene Transaktionssicherheit ein echter Vorteil. Außerdem wirkt sich ein geplatzter SPAC-Deal nicht negativ auf das Image des Unternehmens aus, da er nicht öffentlich ist.

Fazit

Historisch betrachtet, gibt es SPACs bereits seit den 90er-Jahren. Vor allem kleine Unternehmen konnten damals durch sie an die Börse gehen. Doch allein im Jahr 2020 wurden in den USA 66 SPAC-Merger im Unternehmenswert von 90 Milliarden US-Dollar abgeschlossen. Im Vergleich dazu sind 194 Unternehmen über einen klassischen IPO an die Börse gegangen. Momentan sind zudem 252 SPACs gelistet und auf der Suche nach einem Übernahmekandidaten. Der SPAC-Merger ist für viele Unternehmen ein alternativer Börsengang geworden, neben dem klassischen IPO und einem „Direct Listing“.

Gastbeitrag von Philipp Schlüter, Partner bei dem Finanzberatungsunternehmen Cowen

Philipp Schlüter — Foto: © Cowen

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