Rohstoffe rein, Schwellenländerrisiko raus

Rohstoffe haben Kurspotenzial. Mit dem Ende des Markteinbruchs im Zuge der Covid-19- Pandemie ist es an der Zeit, in Rohstoffe zu investieren, erklärt Robecos Multi-Asset-Spezialist Jeroen Blokland in seinem Marktkommentar. Um von der Erholung zu profitieren, hat der Senior Portfolio Manager die Gewichtung im Rohstoffbereich – insbesondere bei Industriemetallen – in seinen Multi-Asset-Fonds erhöht und im Gegenzug das Emerging Markets-Risiko gesenkt.
10. Juni 2020
Jeroen Blokland

Rohstoffe haben Kurspotenzial. Mit dem Ende des Markteinbruchs im Zuge der Covid-19- Pandemie ist es an der Zeit, in Rohstoffe zu investieren, erklärt Robecos Multi-Asset-Spezialist Jeroen Blokland in seinem Marktkommentar. Um von der Erholung zu profitieren, hat der Senior Portfolio Manager die Gewichtung im Rohstoffbereich – insbesondere bei Industriemetallen – in seinen Multi-Asset-Fonds erhöht und im Gegenzug das Emerging Markets-Risiko gesenkt. 

Wir sehen bei der sonst wenig gefragten Anlageklasse Rohstoffe enormes Potenzial, sobald die gravierendsten Folgen der Einschränkung der Wirtschaftstätigkeit überwunden sind. Wir dürften den Tiefpunkt der Rezession im Zuge der Covid-19-Pandemie erreicht oder gerade hinter uns gelassen haben – demnach sollte die globale Nachfrage ab jetzt wieder steigen. Das dürfte auch für Rohstoffe gelten, speziell für Industriemetalle. Auch Edelmetalle verfügen in diversen wirtschaftlichen Situationen über Gewinnpotenzial – vor allem dann, wenn die Erholung der Weltwirtschaft einen Rückschlag erleidet oder wenn die Inflationserwartungen ansteigen. Aus taktischer Sicht ist es daher jetzt an der Zeit, Rohstoffe überzugewichten. Wir haben das auf eine Weise umgesetzt, die sich auf Portfolioebene neutral auswirkt. 

An den Rohstoffmärkten zeichnet sich ein neues Gleichgewicht ab 

Die aktuellen Daten deuten an, dass der Industriesektor in besserer Verfassung aus der Coronavirus- Rezession hervorgeht als der Dienstleistungsbereich, für den nach wie vor Auflagen zur Eindämmung des Virus gelten wie Abstandsregeln. Solche Vorgaben werden in bestimmten Dienstleistungsbereichen länger anhaltende Auswirkungen haben als im Produzierenden Gewerbe, auf das der überwiegende Teil der Rohstoffnachfrage entfällt. Für diese Annahme spricht, dass die Einkaufsmanagerindizes im Dienstleistungsbereich weltweit wesentlich stärker gefallen sind als im Industriesektor und sich seither weniger stark erholt haben. 

Neben dem Wiederanstieg der Nachfrage rechnen wir zudem mit Anpassungen auf der Angebotsseite. So zeichnet sich an den Rohstoffmärkten ein neues Gleichgewicht ab – eine Entwicklung, die in den nächsten Monaten und Quartalen anhalten dürfte. Ein gutes Beispiel dafür ist der Rohölbereich: Die OPEC-Staaten und weitere Förderländer haben das Angebot um fast 10 Millionen Barrel pro Tag verringert. 

Wir erwarten, dass sich auch bei Industriemetallen ein neues Gleichgewicht herausbilden wird, wenn auch in weniger zentralisierter Form. Die Märkte für Industriemetalle sind durch enorme geographische Entfernungen zwischen Produzenten und Abnehmern gekennzeichnet. Daher sind die Lagerbestände in den letzten Monaten nach oben geschossen. Durch die eingeschränkte Wirtschaftstätigkeit fand die Produktion praktisch keine Abnehmer. 

Edelmetalle gut zur Diversifikation 

Wir halten Edelmetalle nicht nur für eine gute Option bei einer Konjunkturerholung, sondern sie eignen sich auch zur Streuung im Portfolio. Ein entsprechendes Engagement kann Anlegern als Fallschirm dienen, sollten sich die Dinge in unerwarteter Weise entwickeln. Vor allem Gold gilt als eine Absicherung für unterschiedliche gesamtwirtschaftliche Szenarien. Der Status von Gold als sicherer Hafen bestätigte sich beispielsweise, als die Eindämmungsmaßnahmen für das Coronavirus die Weltwirtschaft einbrechen ließen: Im April stieg der Goldpreis auf mehr als 1.700 US-Dollar pro Feinunze. Damit näherte er sich den Kurshochs der Jahre 2011 und 2012 an. Im März und April erzielte Gold einen positiven Ertrag von mehr als sechs Prozent. 

Zwar ist ein neuer Konjunkturabschwung nicht unser Basisszenario. Doch angesichts der außerordentlichen geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen weltweit, sehen wir Spielraum für steigende Inflationserwartungen, sobald der inflationsdämpfende Schock überwunden ist und es zu einer Erholung kommt. 

Gold gilt als das „ultimative reale Asset“, auch Silber könnte sich gut entwickeln 

Gold wird von vielen Anlegern als das ultimative reale Asset angesehen. Tatsächlich ist der Goldpreis in der Vergangenheit bei erhöhten Inflationserwartungen gestiegen. Derzeit sind die Inflationserwartungen noch sehr gedämpft. Es mag eine Weile dauern, bis es zu einem Überschießen der Inflation kommt. 

Doch schließen wir eine solche Entwicklung auf längere Sicht nicht aus. Dafür spricht nicht zuletzt, dass viele Anreizmaßnahmen nicht so bald wieder zurückgenommen werden dürften. Ein stetiger Anstieg der Inflation beziehungsweise der Inflationserwartungen würde wahrscheinlich auch die Diskussion über die langfristige Tragfähigkeit der Verschuldung weniger akut machen. So haben die Notenbanken bereits angedeutet, dass sie bereit sind, die Inflation in ihren jeweiligen Regionen über die Zielwerte hinaus steigen zu lassen. Von daher rechnen wir damit, dass sich der Goldpreis gut entwickeln könnte, wenn Wachstum und Inflation zurückkehren. 

Nicht vergessen sollte man auch den „kleinen Bruder“ von Gold: Silber. Unter den gegebenen Umständen erwarten wir, dass sich ebenfalls der Silberpreis gut entwickeln dürfte. Zum einen bewegen sich die Preise von Silber und Gold die meiste Zeit über parallel zueinander. Zum anderen wird Silber anders als Gold im großen Stil industriell genutzt, beispielsweise für Legierungen und im Elektronikbereich, und würde deshalb von einer anziehenden globalen Nachfrage profitieren. In den letzten Jahren hat die Preisrelation zwischen Gold und Silber extreme Ausmaße angenommen. Wir rechnen mit einer Rückkehr des Preisverhältnisses in Richtung des langfristigen Mittelwerts, sobald die Nachfrage der Industrie wieder anzieht. 

Senkung des Schwellenländer-Risikos 

Die Zukäufe im Rohstoffbereich haben eine Verringerung der Gewichtung bei Aktien aus Schwellenländern erfordert. Denn diese Anlageklasse korrelierte in der Vergangenheit stark mit der Entwicklung bei Rohstoffen, die von vielen aufstrebenden Volkswirtschaften abgebaut werden. 

Die Bewertungen von Aktien aus den Emerging Markets unterstellen eine kräftige, wenn nicht V‑förmige Konjunkturerholung. Von daher besteht wenig Kursspielraum bei einer gegenteiligen Entwicklung. Bei Rohstoffen ist das sicherlich nicht der Fall. Wir erwarten, dass die relative Entwicklung der Rohstoffpreise eine positive Wendung nimmt, sobald die Konjunkturerholung in Gang kommt und sich ein neues Verhältnis aus Angebot und Nachfrage ergibt. (ah)

Foto: Jeroen Blokland / © Robeco

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