Risikomanagement tritt verstärkt in den Fokus institutioneller Investoren

Am 20.08.2020 hat der 11. Wiesbadener Investorentag unter dem Thema "Investieren im Spannungsfeld politischer Volatilitäten" stattgefunden. INTELLIGENT INVESTORS nahm dies zum Anlass, mit Alexander Scholz, Gesellschafter und Geschäftsführer der TELOS GmbH und Harald Müller, Senior Analyst TELOS GmbH über Ihr Unternehmen und den derzeitigen Herausforderungen für institutionelle Investoren zu sprechen.
4. September 2020
Alexander Scholz - Foto: © TELOS GmbH

Am 20.08.2020 hat der 11. Wiesbadener Investorentag unter dem Thema “Investieren im Spannungsfeld politischer Volatilitäten” stattgefunden. INTELLIGENT INVESTORS nahm dies zum Anlass, mit Alexander Scholz, Gesellschafter und Geschäftsführer der TELOS GmbH und Harald Müller, Senior Analyst TELOS GmbH über den Wirkungskreis des Unternehmens und den derzeitigen Herausforderungen für institutionelle Investoren zu sprechen.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Meine Herren, könnten Sie uns den Tätigkeitsschwerpunkt der TELOS GmbH kurz darlegen?

Alexander Scholz / Harald Müller: Seit mehr als 20 Jahren ist TELOS für institutionelle Investoren und Asset Manager sowie Administrationsdienstleister, wie Master- / Service KVGen und Verwahrstellen tätig. Das bis heute aufgebaute Leistungsspektrum von TELOS umfasst – basierend auf unserem Verständnis als „Brücke“ zwischen Investoren (als Leistungsnachfrager) und Anbietern – die Kernbereiche qualitative und prozessbezogene Ratings sowie das Consulting. Weitere Tätigkeitsbereiche sind die Erarbeitung und Bereitstellung verschiedenster Untersuchungen / Studien, themenbezogener Publikationen als Informations- und Orientierungshilfe sowie das direkte und persönliche Zusammenführen von Investoren und Leistungsanbieter bei unseren regelmäßigen Präsenzveranstaltungen, wie dem seit über einer Dekade etablierten Wiesbadener Investorentag oder der Wiesbadener Alternative Konferenz. Die Marktteilnehmer können sich aber auch auf unserer digitalen, sprich web-basierten, Investment-Managers-Info-Plattform (IMI Portal) treffen. Telos bedeutet im altgriechischen bekanntlich „Ziel“. Unsere Aufgabe ist es kurzgefasst, die Leistungsanbieter und ‑nachfrager bei der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen.

Beim Schwerpunkt Ratings liegt unser Augenmerkt auf den jeweils implementierten und umgesetzten Prozessen. Sie sind maßgeblich für den Erfolg einer Leistung und dessen Stabilität verantwortlich. Dies bedingt nach unserem Verständnis zwangsläufig eine tiefgehende qualitative Untersuchung und nicht nur eine rein quantitative Aneinanderreihung von Ergebniszahlen. Selbstverständlich muss eine solche qualitative Analyse auf die jeweilige Untersuchungsaufgabe abgestimmt sein. Nehmen wir beispielsweise die Betrachtung eines Investmentfonds. Die Untersuchung der Teamzusammensetzung, der Aufgabenverteilungen auf z.B. Komitees und deren Zusammenspiel, die Abläufe im Investmentprozess inklusive Risikomanagement, die eingebundenen Erfolgskontrollen als Steuerungsgrößen u.v.a.m. können nur ausgehend von der Zieldefinition für den jeweiligen Fonds korrekt beurteilt werden. Damit ist weniger die reine quantitative Zielvorgabe gemeint, als vielmehr die vom Fondsmanagement definierten Managementstile und ‑techniken. Diese sind, auch getrieben durch die heutigen technischen Möglichkeiten in der Datenverarbeitung, so vielfältig geworden, dass es wenig zielführend ist, z.B. jeden Aktien Europa Fonds nach den gleichen Gesichtspunkten zu bewerten. Gleichwohl wissen wir um den kontrollierenden Charakter auch einer quantitativen Betrachtung. Diese hat darüber hinaus selbstverständlich einen großen Mehrwert bei der schnellen Überprüfung größerer Fondsmengen. In diesem Sinne wird TELOS in den kommenden Monaten sein TELOS Quant Rating (TQR) für gezielte Aufgabenbereiche reaktivieren.

Als Consultant unterstützen wir Serviceanbieter bei der Produkt Due Diligence, bei Wettbewerbsanalysen, der Implementierung von ESG-Aspekten oder der KVG- und Verwahrstellenauswahl. Ein großer Schwerpunkt von TELOS ist die Unterstützung von Investoren bei der Auswahl geeigneter Asset Manager, Master-/Service KVGen und Verwahrstellen, wo wir für rund 20 Mrd. EUR AuA und AuM tätig werden durften. Auch hierbei wird das Themengebiet ESG bei zielführenden Analysen immer wichtiger. Allgemein ist das Thema Nachhaltigkeit / ESG derzeit und sicher auch auf Jahre hinaus von exponierter Bedeutung. So auch aktuell bei TELOS, wo wir die seit 2016 eingesetzten Nachhaltigkeitsratings weiter intensivieren.

 

II: Vor kurzem haben Sie Ihre Spezialfondsmarktstudie präsentiert. Welche Erkenntnisse stechen für Sie dabei hervor? Was ist prägnant, auch im Vergleich zu vorhergehenden Studien?

Scholz / Müller: Schon im vergangenen Jahr wiesen wir bereits auf die spürbare und sehr aktive Neuausrichtung in der Portfolioallokation der institutionellen Anleger im deutschen Markt hin. Dies ist weiterhin eine der Kernaussagen unserer diesjährigen Spezialfondsmarktstudie.

Für ausländische Asset Manager bietet der deutsche Spezialfondsmarkt mit seiner Master-KVG Struktur weiter alle Möglichkeiten, institutionelles Geschäft erfolgreich zu betreiben. Diese Entwicklung ist seit einigen Jahren anhand von Zahlen belegbar. Immerhin werden derzeit über 40% der Spezialfondsmandate von ausländischen Anbietern gemanagt. Zwei Drittel der institutionellen Investoren arbeiten bereits mit ausländischen Adressen zusammen. Auch für die künftige Planung der Vergabe von Spezialfonds können ausländische Anbieter auf Zuwächse vertrauen.

Weiter im Ausbau ist auch die Zusammenarbeit mit Beratern. Bei der Auswahl der am besten passenden Fondsgesellschaft vertrauen jetzt schon um die 40% der Anleger auf Berater; dies gilt gleichermaßen für Searches im Asset Management wie auch bei Service-Anbietern (z.B. KVGen). Gegenüber dem Vorjahr ist dies eine Steigerung. So könnten also schon bald fast die Hälfte der institutionellen Investoren auf Berater zurückgreifen, zumal 5% der Investoren zumindest im Asset Management künftig Berater einbeziehen möchten. Primär beratungsaffin zeigten sich Adressen aus der Altersvorsorge. Versicherungen und kirchliche Institutionen zeigen sich allgemein für die Auflage neuer Mandate besonders offen.

Ein Blick auf die von TELOS zur Wahl gestellten Zufriedenheitskriterien (u.a. Performance, Risikomanagement oder Kundenbetreuung) zeigt, dass die institutionellen Investoren im Ganzen mit den Leistungen ihrer Manager nach wie vor durchaus zufrieden sind. Daran haben auch die Entwicklungen im Zuge der Corona-Krise wenig geändert. In einigen als bedeutend eingestuften Kriterien verzeichneten wir aber auch rückläufige Werte. Federn mussten die Manager beispielsweise in Bereichen wie „Transparenz“ und erstaunlicherweise „Reporting“ lassen.

 

II: Welche Themen beschäftigen institutionelle Investoren derzeit am meisten?

Scholz / Müller: Die großen, die Märkte bewegenden, Strömungen sind in unserer Studie eindeutig die Politik der Zentralbanken mit ihren direkten Auswirkungen auf das Zinsniveau und das Risikomanagement. Die Entwicklung der vergangenen Jahre, dass ausgelöst durch die vielfältigen und in ihrer Art doch unterschiedlichen kleineren und größeren Krisen ein stärkeres Augenmerk auf das Risikomanagement gelegt wird, konnte nochmals bestätigt werden. Mit ein Grund dafür ist auch die Dynamik, mit der sich der jeweilige Einfluss krisenartiger Entwicklungen auf das Marktgeschehen ändert. Der „Brexit“, im letzten Jahr noch als spannungsgeladenes Thema hoch gehandelt, weckt z.B. derzeit eigentlich nur noch wenig Aufmerksamkeit auf Investorenseite.

Der Favorit aus dem vergangenen Jahr, die „Geopolitik“, musste sich laut unserer aktuellen Spezialfondsmarktstudie mit Rang 3 begnügen. Die weiteren Auswirkungen der global noch unseren Tagesablauf beeinflussenden Pandemie sowie die aktuellen geopolitischen Entwicklungen dürften jedoch die vor uns liegenden zwölf herausfordernden Monate an den Kapitalmärkten merklich bewegen. Hierbei ist natürlich auch an die globalen fiskalpolitischen Maßnahmen und die Maßnahmen bei der Pandemiebekämpfung zu denken. Diese sind doch in Art und Gewicht signifikant unterschiedlich ausgestaltet. Und die auch hier stets gegebene Unsicherheit bezüglich der letztendlichen Wirkungsgrade fordert von den Investoren eine hohe Aufmerksamkeit. Auch regulatorische Fragen dominieren immer mehr die Gedankenwelt institutioneller Anleger.

Hinzu kommt das Thema ESG / Nachhaltigkeit, das die Asset Allokation immer klarer bewegt. Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass drei Viertel der institutionellen Anleger mehr als 40% ihrer Assets nach nachhaltigen Kriterien anlegen. 85% verlassen sich aber noch überwiegend auf das reine Ausschlussverfahren. Wie heterogen aber auch hier inzwischen der Umgang der Asset Manager mit dem Thema geworden ist, lässt sich auch sehr gut dem neuen Kompendium Nachhaltigkeit entnehmen, das wir kürzlich dem Markt bereitgestellt haben. Best-in-Class, Impact Investing oder Integration sind nur einige auch immer mehr eingeschlagene Wege im ESG-Kontext. Die Auseinandersetzung der Investoren mit diesem durch Politik und gesellschaftliche Diskussionen gestützten Megathema-Nachhaltigkeit (ESG) wird auch durch die in 2021 an Fahrt gewinnende Diskussion zur Taxonomie weiter intensiviert werden.

 

II: Resultierend aus der Niedrigzinsphase, wie positionieren sich Institutionelle aktuell?

Scholz / Müller: Die Diversifikation in „Alternative“ Investments ist allgemein und vor allem für Versicherer, aber auch für Versorgungswerke eine immer mehr in Anspruch genommene Möglichkeit.

Befragung Mai 2020

Quelle: TELOS Spezialfondsmarktstudie 2020

Jeder zweite institutionelle Anleger ist mit mindestens einem Investment in „Alternatives“ engagiert. Diese Quote sollte nach unserer im Mai erhobenen Nach (Corona-)-Erhebung in den nächsten Monaten noch ansteigen. Die Assetklassen mit der „künftig größten Attraktivität“ sind auf der illiquiden Seite Immobilien und auch Infrastruktur, wenngleich auch Loans und Private Debt sowie Private Equity von einem steigenden Anlegerinteresse profitieren dürften.

Bei den liquiden Assets ist die Attraktivität bei Aktien groß. Unternehmensanleihen stehen stabil hoch in der Gunst der Investoren. Neben EM Debt und EM Equities werden auch High Yield Anleihen favorisiert. Bei Absolute Return- sowie Multi-Asset-Ansätzen ist das Interesse nach Corona allerdings stark zurückgegangen.

Diversifiziert wird auch in regionaler Hinsicht. Investitionen in Titel deutscher Provenienz spielen, wie im vergangenen Jahr, gerade noch mit einem Drittel der Gelder eine deutlich geringere Rolle als noch vor zwei Jahren und davor. Des Weiteren stehen Anlagen in Euroland weiter auf der Einkaufsliste der institutionellen Anleger. Emerging Markets sowie Nord- und Südamerika haben leicht an Assets eingebüßt. Das Gleiche gilt für Japan. Offenbar trug der gute Verlauf der Kapitalmärkte in 2019 dazu bei, eher in gewohnten regionalen Gewässern zu bleiben.

Durch Gespräche u.a. auf unserem diesjährigen Wiesbadener Investorentag konnten wir zudem unterstützendes Interesse für themenbozogene, also selektive, Aktieninvestments ausmachen, bei denen Branchen- oder auch allgemeine Entwicklungstrends „gespielt“ werden. Gleichwohl sollte man dies, wie auch das weiter gestiegene Interesse bei den „Alternatives“, selbstverständlich immer auch eingebettet in die absolute Assetklassenverteilung sehen und in diesem Sinne als Beimischungen werten. Private Equities liegen beispielsweise bei einem Anteil von 2% in etwa auf Augenhöhe mit Loans und Private Debt. Aus dem uns höchstwahrscheinlich noch länger begleitenden Niedrigzinsumfeld ergibt sich hier dennoch ein interessantes Potential, das durch schon gegebenes Interesse der Investoren begleitet wird. (ah)

Foto: Alexander Scholz, Gesellschafter, Geschäftsführer — TELOS GmbH — © TELOS GmbH

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