Nach Ansicht des LBBW Research wird Deutschland im kommenden Jahr 1 % Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt verzeichnen – nach ‑0,5 % im laufenden Jahr – dennoch könnte die Rezession zum New Normal werden. LBBW Chefvolkswirt Moritz Kraemer begründet das in seiner aktuellen Wochenkolumne „Klartext“ wie folgt:
Das Wachstums-Potenzial liege inzwischen nahe Null. Seit der Finanzkrise habe zugleich das Produktivitätswachstum tendenziell abgenommen und liege mittlerweile deutlich unter einem Prozent. Schließlich koste der Rückzug der Babyboomer aus dem Arbeitsleben die deutsche Wirtschaft in Zukunft jährlich rund 1 Prozent Wirtschafts-Wachstum und damit einen massiven Anteil ihrer Wirtschaftskraft. Rezession wird gemeinhin als zwei aufeinanderfolgende Quartale mit schrumpfender Wirtschaft definiert. Um einem regelmäßigen Abgleiten in eine solche Rezession zu verhindern, müsse die Wirtschaft zukünftig durchschnittlich um mehr als 1 Prozent pro Jahr zulegen, erklärt Kraemer. Das wäre ein ausreichender Sicherheitsabstand zur Null-Linie.
„Das wird aber immer unwahrscheinlicher, war Deutschland bislang auch in guten Jahren doch eher ein Land mit vergleichsweise schwachen Zuwächsen. Wiederkehrende Rezessionen drohen zum New Normal zu werden.“
Bereits aktuell stecke das Land in einer Rezession. Immerhin sei die Wirtschaft im zweiten Quartal nicht weiter geschrumpft, urteilt der Ökonom.
„Trotzdem sind wir das Schlusslicht unter den entwickelten Volkswirtschaften. Die Lage ist nicht gut und die Stimmung sogar noch schlechter“, erklärt Kraemer und verweist auf die schwachen Werten des Verbrauchervertrauens oder der Unternehmenserwartungen. Fachkräftemangel, Überregulierung und eine als unbeständig empfundene Politik seien die Ursachen für das Stimmungstief bei den Unternehmen. Die aktuelle Wirtschaftskrise hält Kraemer zufolge aber auch etwas Tröstliches parat.
„Wir sind aktuell erstmals in einer Rezession mit Vollbeschäftigung. Würden uns die Statistiker nicht darauf stoßen, wüssten wir vermutlich gar nicht, dass wir uns in einer Rezession befinden.“
Auch zukünftige Wirtschaftsflauten könnten deshalb in ihrer Ausprägung milder ausfallen, als das in den vergangenen Jahrzehnten der Fall war. (ml)