Resilient in der Krise und Innovationstreiber in der Zukunft

Nach der Finanzkrise war und ist die COVID-19-Pandemie der zweite außerordentliche Stresstest für die gesamte Finanzbranche. Und natürlich stand und steht auch die Alternative-Investments-Branche vor großen Herausforderungen, allerdings hat sie – erneut – ihre Widerstandsfähigkeit und Bedeutsamkeit gerade im institutionellen Portfolio unter Beweis gestellt.
29. Dezember 2020
Foto: © TTstudio - stock.adobe.com

Nach der Finanzkrise war und ist die COVID-19-Pandemie der zweite außerordentliche Stresstest für die gesamte Finanzbranche. Und natürlich stand und steht auch die Alternative-Investments-Branche vor großen Herausforderungen, allerdings hat sie – erneut – ihre Widerstandsfähigkeit und Bedeutsamkeit gerade im institutionellen Portfolio unter Beweis gestellt.

Wem diese These nun als Schönfärberei eines Branchenvertreters erscheint, der eine rosarote Brille trägt, dem können nachfolgend ein paar nüchterne Fakten mit an die Hand gegeben werden. Denn gerade erst hat der BAI den Investor Survey 2020 abgeschlossen, der – natürlich auch im Kontext von COVID-19 – das Anlageverhalten von Versicherern, Pensionskassen/-fonds, Versorgungswerken und anderen institutionellen Investoren in Bezug auf gängige Alternative Investments wie Infrastruktur, Private Equity, Private Debt, Real Estate, Liquid Alternatives sowie Rohstoffe untersucht hat. Zu den Kernaussagen des Surveys, an dem rund 80 institutionelle Investoren aus Deutschland teilgenommen haben, gehört, dass Alternative Investments mittlerweile elementarer Portfoliobaustein der deutschen Altersvorsorge sind. Auch wenn die Pandemie in manchen Bereichen zu Performanceeinbußen geführt hat und ggf. auch Exits verzögert, so ist die Botschaft der Investoren mehr als deutlich: die Allokation in AI wird in den nächsten Jahren weiter – und zum Teil deutlich – ausgebaut. Dabei setzt sich dieser Trend, von dem in den letzten zwölf Monaten vor allem die Segmente Infrastruktur (Equity und Debt), Real Estate (Equity), Private Equity und Private Debt profitieren konnten, weiter fort. Mit diesen Umfrageergebnissen befindet sich der BAI übrigens in guter Gesellschaft. Gespiegelt werden viele Aussagen u. a. durch die kürzlich veröffentlichte EY 2020 Global Alternative Fund Survey.

Als Hauptgründe für das Engagement in Alternative Investments nennen die Investoren – auch mit Blick auf den Trendverstärker COVID-19 – die Portfoliodiversifikation und die gute Rendite-Risiko-Relation dieser Anlageklassen. Interessant ist in diesem Kontext, dass eben nicht alle alternativen Anlageklassen in gleichem Maße profitieren, sondern dass es im Rahmen der Portfolioneuausrichtung auch zu gewissen Umschichtungen kommt, die tendenziell zu Lasten liquider AI-Strategien gehen. Natürlich zeigt der BAI Investor Survey auch die Herausforderungen in der Kapitalanlage für die nächsten Jahre auf. Auf der Hand liegen hier natürlich zunächst die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, allerdings tendenziell abnehmend. Tendenziell weiter steigend sind aus Sicht der Investoren hingegen unzureichende Rendite- und Investitionsmöglichkeiten (u. a. Dry Powder). Hier gilt aber zu konstatieren, dass viele Investoren ihre positiven Erfahrungswerte mit den jeweiligen Assetklassen weiter bekräftigen. So erfüllt z. B. Infrastruktur die Investorenerwartungen in Bezug auf Diversifikationseffekte und stabile Cashflows in besonderem Maße, gleiches gilt für (Corporate) Private Debt; bei Private Equity heben die teilnehmenden Investoren gerade das Rendite-Risiko-Verhältnis hervor und es spricht viel dafür, dass das Potenzial dieser Assetklassen noch lange nicht erschöpft ist. Eine deutliche Mehrheit der Investoren hat jedenfalls weiterhin hohe, zum Teil zweistellige, Renditeerwartungen an AI!

Neben vielfältigen Anlagethemen war der diesjährige BAI Investor Survey von zwei zentralen übergeordneten Themen geprägt, die auch für die AI-Branche von besonderer Relevanz sind. Zum einen war dies Sustainable Finance/ESG und Implikationen für die Kapitalanlage. Sehr aufschlussreich war z. B. die Rückmeldung, dass Investoren mehrheitlich noch keine dezidierten Erfahrungswerte zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken haben. Dabei bestimmt dieses Thema nun schon seit einigen Jahren die öffentliche Diskussion, und die Auswirkungen von ESG-Risiken auf die Portfolien können dramatisch sein. Auch die regulatorische Dimension in Form der Sustainable Finance Initiative der EU-Kommission hat große Auswirkungen auf institutionelle Investoren in Deutschland, wie die Ergebnisse der Umfrage bestätigen. Gerade mit Blick auf die ausufernde Regulatorik, die alle Bereiche der Kapitalanlage, angefangen von der Produktkonzeption, über den Vertrieb und die Due Diligence, bis hin zu Risikomanagement, Reporting, etc. betrifft, sehen sich viele Investoren erheblichen Herausforderungen ausgesetzt. Nicht ohne Grund wird diese Thematik daher auch verbandsseitig mit höchster Priorität behandelt, eben um weitere regulatorische Auswüchse zu verhindern.

Neben ESG war sodann die Digitalisierung besonderer Gegenstand des Investor Surveys. In Deutschland wird mit dem Gesetzentwurf zur Einführung elektronischer Wertpapiere (eWpG) sowohl in rechtlicher, aber auch in technologischer Hinsicht Neuland betreten. Schon bald werden neue Wertpapiergattungen in Form von elektronischen bzw. Kryptowertpapieren Einzug ins Portfolio finden. Die Modernisierung des deutschen Wertpapierrechts war allerdings auch überfällig und der Finanzplatz Deutschland muss verlorengegangenes Terrain wieder gut machen. Gleichzeitig nimmt auch auf europäischer Ebene mit dem Digital Finance Package der EU-Kommission die Regulierung von Krypto-Assets und DLT-basierten Marktinfrastrukturen Fahrt auf. Beide Initiativen machen deutlich, dass der digitale Wandel im Portfolio vorprogrammiert ist und dass vor allem auch institutionelle Anleger sich schon jetzt intensiv mit dieser Thematik befassen sollten. Die Ergebnisse des Investor Surveys zeigen allerdings deutlich auf, dass das Interesse bzw. die Allokation in Bezug auf digitale Assets bei institutionellen Investoren derzeit eher gering ist. Dies sollte mit Blick auf die sich gerade erst entwickelnden regulatorischen Rahmenbedingungen auch nicht verwundern.

Aus den repräsentativen Ergebnissen des diesjährigen BAI Investor Surveys ergeben sich natürlich eine Vielzahl von Ableitungen für die AI-Branche insgesamt. Neben dem weiteren Nachfrageschub insbesondere für Private-Markets-Strategien im Allgemeinen, muss die Angebotspalette für ESG-konforme Strategien zügig und deutlich erweitert werden, nicht nur um regulatorischen Vorgaben, sondern insbesondere der stark steigenden Nachfragen der Investoren gerecht zu werden. Auf der anderen Seite ergeben sich gerade bei liquiden Strategien neue Opportunitäten bei digitalen Assets, die hier eine neue Dynamik auslösen können, sobald der regulatorische Rahmen dies auch zulässt. Last but not least werden in Zukunft auch verstärkt Spezialthemen von Investoren in den Blick genommen, wie z. B. ILS, Commodities, Aviation oder Shipping, eben um die Diversifikation weiter zu verbessern. Auch ohne rosarote Brille wird also deutlich, dass Alternative Investments als Innovations- und Renditetreiber auch in Zukunft im institutionellen Portfolio eine zentrale Rolle übernehmen.

Autor: Frank Dornseifer
Geschäftsführer
Bundesverband Alternative Investments e. V. (BAI)

Foto: © Zhao jiankang — stock.adobe.com

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter