„Ende Januar lagen die Anleihemärkte nahezu auf demselben Niveau wie zu Jahresbeginn – wobei sich im Laufe des Monats erhebliche Schwankungen zeigten. Normalerweise würde eine Amtseinführung keine größeren Turbulenzen verursachen, da politische Pläne in der Regel bekannt sind und eingepreist werden. Nicht so bei der Trump-Regierung. In den Tagen vor Donald Trumps Amtseinführung kündigte er eine Reihe von Zollmaßnahmen an. Doch schnell kamen Zweifel an seiner Ernsthaftigkeit auf, was zu einer Erholung der Anleihemärkte führte.
Insgesamt sank die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen um nur 3 Basispunkte, die von deutschen 10-jährigen Papieren stieg um 9 Basispunkte. Damit schnitten Bundesanleihen schlechter ab als italienische, französische und spanische Staatsanleihen – möglicherweise ein Ausdruck der Unsicherheit im Vorfeld der Bundestagswahl. Auch die Kreditmärkte reagierten kaum auf die angedrohten Zölle und die Spreads verengten sich diesseits und jenseits des Atlantiks – sowohl im High-Yield- als auch im Investment-Grade-Bereich. Der MOVE-Index, ein Indikator für die Volatilität der Anleihemärkte, fiel sogar deutlich.
Die Anleger scheinen nach dem Motto „Wir glauben es erst, wenn wir es sehen“ zu handeln. Unser Fazit: Die Märkte sind derzeit anfälliger für Überraschungen und Risiken.
Wir sind zurückhaltend gegenüber US-Anleihen
Trotz der unserer Meinung nach überwiegend negativen Einflussfaktoren haben wir US-Anleihen im letzten Monat neutral bewertet. Denn wir sahen ausreichend Value, um keine Untergewichtung vorzunehmen. Seitdem gab es eine deutliche Rally. Daher ist der Value gesunken, während die übrigen Einflussfaktoren negativ bleiben. Wir haben gesehen, dass die Rally in erster Linie von den realen Renditen ausging. Die Break-even-Werte blieben hartnäckig hoch.
Das Wirtschaftswachstum bleibt robust, der Konsum stark und der Arbeitsmarkt stabilisiert sich. Die Inflation bleibt recht hartnäckig, obwohl der Kernpreisindex für persönliche Konsumausgaben mit +0,16 Prozent im Monatsvergleich überraschend wenig stieg. Dieser Trend würde allerdings nicht ausreichen, um bis zur Jahresmitte die 2‑Prozent-Marke zu erreichen.
Wir bevorzugen weiterhin längere Laufzeiten bei Anleihen im Euroraum
Die Wachstumsaussichten in der Eurozone bleiben schwach. Zwar haben sich die Einkaufsmanagerindizes leicht verbessert. Sie bleiben aber auf niedrigem Niveau. Die Inflation ist nach wie vor rückläufig und Lohnerhöhungen durch Tarifverhandlungen gehören weitgehend der Vergangenheit an. Die Europäische Zentralbank hat die schrittweise Lockerung der Geldpolitik von Sitzung zu Sitzung fortgesetzt, ohne sich zu weiteren Maßnahmen zu verpflichten. Obwohl Angebot und Nachfrage weiterhin eine Herausforderung darstellen, sehen wir diesen Indikator etwas weniger negativ, da die bisherigen Emissionen von Staatsanleihen in diesem Jahr stark überzeichnet waren. Das zeigt, dass die Nachfrage bei den Anlegern vorhanden ist.
Auf Länderebene bleiben wir bei unserer positiven Einschätzung für Spanien, dem einzigen großen Land in der Eurozone mit solidem Wachstum. Neu aufgenommen haben wir eine Long-Position in belgischen Staatsanleihen gegenüber französischen.“
Kommentar von Nicolas Jullien, Global Head of Fixed Income, Candriam