Rendite-Treiber — nachhaltige, europäische Nebenwerte

Anleger blicken bei einem Investment oftmals auf die großen Standardwerte. Gleichwohl lohnt sich die Fokussierung auf Titel der 2. und 3. Reihe aus vielerlei Gründen. Auch in Kombination mit der Nachhaltigkeitsbrille. Dennoch gilt, dass auch hierbei das gezielte Hinschauen unerlässlich ist. Jan Rabe, Lorenzo Carcano und Nedialko Nedialkov (Metzler AM) analysieren, wie Investoren das ESG-Rating-Dilemma im Nebenwertebereich des Aktienmarktes lösen können. Tipp: Lesen Sie ferner auch eine Analyse von Metzler AM zum Thema "Nachhaltige und widerspruchsfreie Kapitalanlage von Unternehmen: Der Regulierung vorbeugen und Reputationsrisiken senken (vom 16.11.; auch im Abspann zu der heutigen Analyse zu sehen).
7. Dezember 2021
(v.l.n.r.) Jan Rabe, Lorenzo Carcano und Nedialko Nedialkov - Foto: © Metzler AM

Anleger blicken bei einem Investment oftmals auf die großen Standardwerte. Gleichwohl lohnt sich die Fokussierung auf Titel der 2. und 3. Reihe aus vielerlei Gründen. Auch in Kombination mit der Nachhaltigkeitsbrille. Dennoch gilt, dass auch hierbei das gezielte Hinschauen unerlässlich ist. Jan Rabe, Lorenzo Carcano und Nedialko Nedialkov (Metzler AM) analysieren, wie Investoren das ESG-Rating-Dilemma im Nebenwertebereich des Aktienmarktes lösen können. Tipp: Lesen Sie ferner auch eine Analyse von Metzler AM zum Thema “Nachhaltige und widerspruchsfreie Kapitalanlage von Unternehmen: Der Regulierung vorbeugen und Reputationsrisiken senken (vom 16.11.; auch im Abspann zu der heutigen Analyse zu sehen)

Die Ergebnisse auf einen Blick

  • Mit europäischen Nebenwerten ließ sich lange Zeit eine beachtliche Performance gegenüber Standardwerten erzielen. In den vergangenen zwanzig Jahren betrug dieser „Size-Effekt“ rund fünf Prozentpunkte p. a. (Abb. 1 – oben). Seit dem Ausklang der Euro-Schuldenkrise lohnte es, diese Risikoprämie insbesondere in Europa zu vereinnahmen.
  • Denn während Standardwerte aufgrund einer schwachen Wachstumsdynamik zurückgeworfen wurden, profitierten Nebenwerte von einer steigenden Zahl innovativer und von Eigentümern geführten Nischenchampions. Diese boten genau das, was vor allem nachhaltig orientierte Anleger suchten: strukturelles Wachstum (Abb. 1. – mittig).
  • Kombiniert man Nebenwertestrategien mit Nachhaltigkeitspräferenzen, lassen sich Rendite-Risiko-Profile von Aktienportfolios über den „Size-Effekt“ hinaus stärken. Denn Fehlbewertungen entstehen oft dadurch, dass Nebenwerte wegen vermeintlich schwächerer ESG-Ratings vorverurteilt werden (Abb. 1 – unten). Auch verkennen Stock-Picker das Renditepotenzial von ESG-Themen.
  • Ein Mehrwert für die Portfoliokonstruktion leitet sich hier vor allem von zwei Aspekten ab: das Meiden von Titeln, die wiederholt durch Kontroversen auffallen, und das Aufbauen von Impact-Exposure – also das Investieren in Titel, die einen positiven Beitrag für Ökologie und Gesellschaft leisten.
  • Soll der Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft gelingen, müssen Informationsasymmetrien zwischen Kapitalgebern und ‑nehmern so abgebaut werden, dass für beide Seiten ein Vorteil erwächst. Unabdingbar ist hierfür ein partnerschaftlicher Dialog mit Portfoliounternehmen, der dem öffentlichen Diskurs zu kritischen ESG-Fragen überlegen ist.

Abb. 1: Vergleich – Europas Neben- ggü. Standardwerten* — Bruttoüberschussrendite: Nebenwerte hängen Standardwerte ab
(indexiert)

Umsatztrend: Nebenwerte wachsen stärker als Standardwerte

ESG-Rating-Score-Delta: Nebenwerte schneiden schwächer ab

*Auf Basis von MSCI Europe SMID ggü. Large Cap Indizes. Quellen: MSCI, Refinitiv

Ein kritischer Umgang mit ESG-Ratings ist geboten

Beim Vergleich von ESG-Ratings zwischen Neben- und Standardwerten innerhalb des europäischen Aktienmarktes fällt auf, dass Nebenwerte über die Zeit hinweg mit einem Discount bewertet werden (Abb. 1 – unten).

Legt man ESG-Ratings zugrunde, die mittels gewichteter Durchschnitte auf einen branchenübergreifenden Vergleich abstellen, lag dieser Discount im Mittel bei 5 %. Werden industriespezifische ESG-Ratings zugrunde gelegt, erhöhte sich der Discount auf 15 %.

Da die Mehrheit der Anleger auf industriespezifische Vergleiche schaut, erwächst Nebenwerten ein erheblicher, struktureller Nachteil gegenüber Standardwerten.[1] Je schematischer Anleger von All-Cap-Produkten nach ESG-Ratings differenzieren, desto größer auch deren Präferenz für Standardwerte gegenüber Nebenwerten – eine Fehleinschätzung, wie wir glauben.

Denn oft können kleinere Unternehmen im Vergleich zu Standardwerten nicht auf dieselben Ressourcen zurückgreifen, um die Nachhaltigkeitsberichterstattung ähnlich umfangreich und detailliert darzustellen. Das heißt nicht, dass Nebenwerte weniger nachhaltig sind als Standardwerte. Im Gegenteil: Anleger sind gefordert genauer hinzuschauen. Damit dies gelingt, setzen wir auf einen partnerschaftlichen Dialog zwischen dem Portfoliomanagement und den Unternehmen.

Dieser Ansatz, den wir als Silent Active Ownership bezeichnen, liefert einen differenzierenden Mehrwert bei der Einschätzung kapitalmarktrelevanter Themen im Hinblick auf nachhaltigkeitsbezogene Chancen und Risiken. Informationsasymmetrien abzubauen bedeutet hier konkret, Wechselwirkungen zwischen Nachhaltigkeitsaspekten und Kurspotenzialen zu erläutern sowie Handlungsalternativen abzuleiten, die das Profil eines Portfoliounternehmens potenziell stärken.

Die Vorteile dieses Ansatzes zeigen sich insbesondere bei Nebenwerten. Vor allem dann, wenn wichtige Daten zur Beurteilung von finanziell-materiellen Nachhaltigkeitsaspekten fehlen oder bestenfalls von externen Anbietern geschätzt werden, ist ein enger Austausch mit den Unternehmen unerlässlich, um diese adäquat einschätzen zu können.

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