Real Estate Debt in Krisenzeiten: Risiken managen, Opportunitäten nutzen

Angesichts von Inflation und Ukraine-Krise wächst die Bedeutung alternativer Anlageklassen in den Portfolios institutioneller Investoren. Besonders im Bereich Real Estate Debt gibt es gute Einstiegsgelegenheiten: Die Banken haben ihre Kreditvergabe für neue Projekte nochmals verschärft und die Nachfrage nach Finanzierungen steigt. Doch auch das Real-Estate-Debt-Segment kann sich nicht gänzlich von der Krise freimachen – und den sich bietenden Chancen stehen Risiken gegenüber, die gezielt gemanagt werden müssen.
17. Oktober 2022
Björn Kombaecher - Foto: © Engel & Völkers Asset Management

Angesichts von Inflation und Ukraine-Krise wächst die Bedeutung alternativer Anlageklassen in den Portfolios institutioneller Investoren. Besonders im Bereich Real Estate Debt gibt es gute Einstiegsgelegenheiten: Die Banken haben ihre Kreditvergabe für neue Projekte nochmals verschärft und die Nachfrage nach Finanzierungen steigt. Doch auch das Real-Estate-Debt-Segment kann sich nicht gänzlich von der Krise freimachen – und den sich bietenden Chancen stehen Risiken gegenüber, die gezielt gemanagt werden müssen.

Nicht nur die Zinsen sind gestiegen, auch die Kredithürden als Ganzes werden für kleine und mittlere Unternehmen immer höher, da klassische Finanzinstitute bei der Kreditvergabe zunehmend restriktiv agieren. Dies zeigte sich zuletzt auch auf der Immobilienfachmesse Expo Real Anfang Oktober, auf der viele Kapitalsuchende im Gespräch von der Herausforderung berichteten, dass Banken ihre Eigenkapitalforderungen nochmals verschärft haben. Inzwischen ist es kein Einzelfall mehr, dass Berater selbst langjährigen Firmenkunden eine Absage auf ihre Anfrage erteilen müssen. Besonders groß ist die Finanzierungslücke bei kleineren Krediten in Höhe von bis zu 10 Millionen, da sich der Bearbeitungsaufwand für Kreditvolumina unter 15 Millionen Euro für Banken schlicht nicht lohnt.

Für Investoren bietet diese Lücke eine attraktive Anlagechance – vor allem im Bereich der kurzfristigen, immobilienbesicherten Kredite, da diese ein attraktives Risiko-Rendite-Profil aufweisen. Sie sind unkorreliert zu klassischen Anlageformen und bieten noch attraktive Zinssätze im mitunter zweistelligen Bereich, mit denen die Folgen der Inflation abgefedert werden können. Damit sind sie ein stabiler Portfolio-Baustein und eine ertragreiche Ergänzung zu anderen Fixed-Income-Strategien.

Digitale Investment-Plattformen wie Estateguru haben dieses Potenzial erkannt und bieten institutionellen Anlegern einen unkomplizierten Zugang zum Markt. Die Nachfrage wächst und insbesondere Family Offices suchen gerade in der Krise nach Opportunitäten.

Bridge-Finanzierungen und Zwangsversteigerungen bieten Chancen

Zwar ist die Anzahl an zu finanzierenden Projektentwicklungen zurzeit rückläufig, doch aufgrund von Lieferkettenproblemen, Bauverzögerungen und sich hinziehender Verkaufsprozesse sind Bridge-Finanzierungen für Neubau- und Sanierungsprojekte stark nachgefragt. Aus Investorensicht sind hier vor allem Wohnimmobilien in deutschen Städten ab 50.000 Einwohnern mit positiver Bevölkerungsentwicklung und guter Infrastruktur attraktiv. Besonders vollvermietete Bestandsimmobilien, die durch eine Sanierung aufgewertet werden sollen, sind vielversprechend, da durch die Mieteinnahmen verlässliche Cash-Flows generiert werden und das Ausfallrisiko damit äußerst gering ist.

Mittelfristig könnten zudem neue Opportunitäten durch Zwangsversteigerungen entstehen, denn einige Marktteilnehmer werden sich aufgrund der gestiegenen Kosten ihre Investments nicht mehr leisten können. Diese Kaufgelegenheiten müssen finanziert werden und aufgrund der langen Bearbeitungszeiten seitens der Banken werden viele Käufer auf alternative Finanzierungen setzen, denn bei Immobilienkäufen ist Geschwindigkeit nach wie vor entscheidend.

Für Investoren bieten sich also nicht nur trotz des jetzigen Umfeldes, sondern gerade wegen der aktuellen Herausforderungen gute Investmentgelegenheiten.

Sicherheiten, Deposits, Forderungsabtretungen: Breites Instrumentarium zur Risikokontrolle

Allerdings ist jedes Investment mit Risiken verbunden und aufgrund des schwierigen Marktumfeldes wird es auch im Bereich Real Estate Debt realistisch betrachtet früher oder später zu Ausfällen kommen. Hinterlegte Sicherheiten und ein umfassendes Risiko-Management sind deshalb gerade in Krisenzeiten wichtiger denn je. Um das Risiko für unsere Investoren so gering wie möglich zu halten, vergibt Estateguru zum Beispiel nur Kredite, die erstrangig mit einer Immobilie besichert sind. Bei der Bewertung dieser Sicherheiten sollte zudem ein gewisser Spielraum einkalkuliert werden. Auf den europäischen Immobilienmärkten ging es in den letzten Jahren stetig aufwärts, allerdings mehren sich die Stimmen, die vor Preiskorrekturen besonders bei Wohnimmobilien warnen. Dieses Risiko kann jedoch über die Kennziffer Loan-to-Value (LTV) abgebildet werden. Dabei handelt es sich um den Beleihungswert, also das Verhältnis des Kreditbetrags zum Verkehrs- oder Marktwert einer Immobilie. Bei Estateguru zum Beispiel liegt die durchschnittliche historische Beleihungsquote bei 58 Prozent. Das bedeutet in der Praxis, dass potenzielle Verluste nur realisiert werden, wenn der Wert einer Immobilie um mehr als 40 Prozent fällt.

Weitere Absicherungsinstrumente sind zum Beispiel hinterlegte Deposits, die in Abhängigkeit von der individuellen Liquidität des Kreditnehmers festgelegt werden und mit denen regelmäßige Zinszahlungen sichergestellt werden können. Sollte eine Bestandsimmobilie als Sicherheit dienen, ist es zudem möglich, mit dem Kreditnehmer die Abtretung von Mietzinsforderungen zu vereinbaren.

Persönlicher Austausch ist entscheidend

Darüber hinaus sollte eine gründliche Prüfung des Kreditnehmers, seines Track-Records und der Qualität seiner Projekte selbstverständlich sein. Mit Wertgutachten und der Analyse von Business-Plänen ist die Arbeit jedoch noch nicht getan. In Anbetracht der Herausforderungen, die in den kommenden Monaten vor uns liegen, ist es sinnvoll, tiefer in die Analyse eines Kreditnehmers und seines Unternehmens einzusteigen: Wie ist das Team aufgestellt? Sind die Mitarbeiter erfahren und zuverlässig? Verfügt das Unternehmen über eigene Bautrupps? Oder hat die Firma mit Personalengpässen zu kämpfen? Wie steht es um die Lieferkettenkompetenz? Ist das Projekt anfällig für Verzögerungen, weil das Material zum Beispiel aus Fernost stammt?

Zudem ist es sinnvoll, den direkten persönlichen Kontakt zum Kreditnehmer zu halten und, sofern logistisch möglich, rauszufahren und die Baustelle und den Fortschritt zu besichtigen. Immobilien sind nach wie vor ein People’s Business und durch die enge Zusammenarbeit mit Kreditnehmern können eventuelle Schwierigkeiten oft frühzeitig gelöst werden, beispielsweise wenn es darum geht, gemeinsam Lösungen für Anschlussfinanzierungen zu finden. Grundsätzlich gilt: Sollte ein Kreditnehmer Schwierigkeiten haben, seine Rückzahlung zu leisten, sollte eine Verwertung der Sicherheit immer die letzte Option sein und nach Möglichkeit vermieden werden. Denn häufig werden die Objekte bei Auktionen unter ihrem eigentlichen Wert verkauft, was sich negativ auf die Gesamtrendite auswirkt. Stattdessen sollte auch in solch einem Fall gemeinsam mit dem Kreditnehmer eine Lösung erarbeitet werden. Das erfordert zwar mehr Engagement und Flexibilität als eine simple Verwertung, zahlt sich langfristig erfahrungsgemäß jedoch aus.

Gastautor: Björn Kombächer, Managing Director, Estateguru Germany

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