„Die Renditen von Staatsanleihen gingen in der vergangenen Woche deutlich zurück, da die Marktteilnehmer nach der jüngsten Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) und den Arbeitsmarktdaten immer stärker mit einer bevorstehenden Zinssenkung rechnen. Die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen rutschten unter 4 Prozent. Das erinnerte an die Anleiherallye zum vergangenen Jahreswechsel.
Was die Fed-Sitzung angeht, so hat der Offenmarktausschuss wenig über den künftigen geldpolitischen Kurs verraten. Angesichts der zahlreichen, bis zum Treffen im September anstehenden Wirtschaftsdaten haben sich die Verantwortlichen für eine abwartende Haltung entschieden.
Aufgrund des leichten Anstiegs der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung und der schwachen ISM-Beschäftigungszahlen in dieser Woche haben die Marktteilnehmer schnell die Schlussfolgerung gezogen, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt rasch verschlechtert.
Der Arbeitsmarkt heute unterscheidet sich jedoch stark von der Zeit vor der Corona-Pandemie. Das zeigen die jüngsten JOLTs-Daten (Job Openings and Labor Turnover Survey), die trotz einer starken Verlangsamung bei den Neueinstellungen einen Rekordtiefstand bei den Entlassungen ausweisen. Die heute veröffentlichten Arbeitsmarktdaten werden mehr Aufschluss über die Lage geben und sind der erste wichtige Datenpunkt vor der September-Sitzung der Fed.
Für den Rest des Jahres preist der Markt Zinssenkungen um 80 Basispunkte ein. Damit schießt er unserer Meinung nach über das Ziel hinaus. Wir halten eine oder zwei Zinssenkungen für realistisch. Auf längere Sicht, also ins Jahr 2025 hinein, gehen die Marktteilnehmer von Zinssenkungen aus, die eher auf eine Rezession hindeuten. Diese Einschätzung teilen wir nicht.
Die Bank of Japan (BoJ) signalisierte auf ihrer letzten Sitzung ihre feste Absicht, die Geldpolitik zu normalisieren und die Währung zu stabilisieren. Sie hob den Leitzins auf 0,25 Prozent an und kündigte an, die monatlichen Käufe japanischer Staatsanleihen bis 2026 zu halbieren.
Vieles davon war bereits in den Tagen zuvor an die Presse durchgesickert. Dennoch zeigten sich die Marktteilnehmer überrascht, da die BoJ unter der Führung von Kazuo Ueda in der Vergangenheit sehr vorsichtig war. Offensichtlich sind die immer lauter werdenden Stimmen seitens der Politik, die angesichts der Auswirkungen der Geldpolitik auf den Yen – und der negativen Nebenwirkungen für die Wirtschaft – mehr Klarheit über den Zinspfad fordern, von Ueda nicht ungehört geblieben.
In seiner Pressekonferenz hielt sich der BoJ-Gouverneur alle Optionen für die Zukunft offen. Er sprach sich gegen eine Begrenzung des möglichen Zinsanstiegs aus und bekundete gleichzeitig Flexibilität bei den künftigen Anleihekäufen. Da die Inflationsrisiken gegenüber den Prognosen nach wie vor nach oben tendieren, halten wir weitere Zinserhöhungen für möglich und sehen den fairen Wert der Renditen 10-jähriger japanischer Staatsanleihen weiterhin bei 1,25 Prozent. Der Yen durchbrach im Anschluss an die Ankündigung die Marke von 150 Punkten gegenüber dem US-Dollar.
Bei Unternehmensanleihen ist die Volatilität nach wie vor relativ gedämpft. Die Neuemissionen werden gegen Ende August wieder zunehmen, dürften sich bis dahin aber in Grenzen halten. Obwohl die Bewertungen im Vergleich zu den historischen Spreads relativ hoch sind, sehen wir weiterhin positive technische Faktoren, da die Nachfrage das Angebot vorerst übersteigt.
Angesichts der zahlreichen Datenveröffentlichungen, die in den kommenden Wochen bis zu den wichtigen Sitzungen der Fed und der Europäischen Zentralbank im September anstehen, scheint aus Anlegersicht eine abwartende Haltung ratsam.“
Mark Dowding, Fixed Income CIO bei RBC BlueBay Asset Management