Quo vadis, Data Center?

Cloud Computing, Industrie 4.0 und die fortschreitende Digitalisierung sorgen für ein rasantes Wachstum der weltweit verfügbaren Datenmengen. Die Covid-19-Pandemie und mit ihr die Zunahme von Home-Office, Home-Schooling und E-Commerce haben den Bedarf an Speicherkapazitäten sowie System- und Rechenleistung noch einmal deutlich steigen lassen. Die wichtigsten Fragen über Data Center als Investmentnische an Karsten Jungk, Managing Director Germany bei Wüest Partner.
7. November 2022
Karsten Jungk - Foto: © Wüest Partner

Cloud Computing, Industrie 4.0 und die fortschreitende Digitalisierung sorgen für ein rasantes Wachstum der weltweit verfügbaren Datenmengen. Die Covid-19-Pandemie und mit ihr die Zunahme von Home-Office, Home-Schooling und E‑Commerce haben den Bedarf an Speicherkapazitäten sowie System- und Rechenleistung noch einmal deutlich steigen lassen. Die wichtigsten Fragen über Data Center als Investmentnische an Karsten Jungk, Managing Director Germany bei Wüest Partner.

Data Center: Assetklasse Immobilien oder doch Infrastruktur?

Aus Immobiliensicht ist ein Data Center eine hochspezialisierte Betreiberimmobilie mit sehr viel Technik, die für den Betrieb von Servern benötigt wird. An diese Spezialimmobilie werden besondere Anforderungen gestellt: Hierzu zählt insbesondere eine redundante, leistungsfähige Stromversorgung, die sowohl für die Server selbst als auch zur Herunterkühlung der von den Servern freigesetzten Wärme benötigt wird. Die Redundanz hat das Ziel, Ausfallzeiten auszuschließen. Aber auch der Anschluss an das Glasfasernetzwerk, die Nähe von großen Internetknotenpunkten, besondere Sicherheitsvorkehrungen spielen eine wichtige Rolle. Data Center lassen sich als nur bedingt mit den herkömmlichen immobilienwirtschaftlichen Kennzahlen bewerten. Dennoch werden von Investoren Data Center in der Regel als spezielle Immobilieninvestments wahrgenommen, da sich mit ihnen stabile Einnahmenströme erzielen lassen, die Mieteinnahmen sehr ähnlich sind.

Welche Faktoren beeinflussen die hohe Nachfrage nach Data Centern?

Wachsende Digitalisierung führt zu einem wachsenden Bedarf an Rechenzentren. Schon vor der Pandemie wurde ein starkes Wachstum der Data Center-Kapazitäten trotz Miniaturisierung prognostiziert. Das Datenaufkommen ist in den vergangenen Jahren exponentiell gestiegen und wird auch künftig weiterwachsen. Cloud-Lösungen, 5G und die damit verbundenen Anwendungen, wie beispielsweise das autonome Fahren, lassen den Bedarf weiter steigen.  Insbesondere die Verbreitung von 5G macht viele kleinere Data Center, sogenannte EDGE-Center, flächendeckend notwendig, um die geringen Latenzen zu gewähren. Damit sind Nachfrage und Vermietbarkeit eines modernen Data Center langfristig gegeben.

Auf welche Besonderheiten sollten Investoren achten?

Die technische Infrastruktur ist wohl einer der Gründe, warum Datacenter zumindest in der DACH-Region als Investment für institutionelle Investoren (noch) ein Schattendasein führen. Die benötigte Technik ist für Immobilieninvestoren kaum überschaubar. Außerdem treibt die technische Gebäudeausstattung die Kosten für ein modernes Datacenter in jedem Fall auf über 10.000 EUR/m2, schnell auch auf 20.000 EUR/m2 Fläche. Die Baukosten für Data Center liegen erheblich über denen von Retail‑, Büro- oder Logistikimmobilien. Die Gebäudehülle macht dabei nur etwa 20 % oder weniger aus. Zudem unterliegt v.a. die Klimatechnik einem schnelleren Wandel und dem Verschleiß und muss häufig ersetzt werden. Investoren sind hier weitgehend auf das Know-how des Betreibers angewiesen.

Während man in Mietverträgen von gewerblichen Immobilen üblicherweise Mieten in Euro je Quadratmeter hat oder die Mietfläche in Quadratmetern angegeben wird, werden bei Data Center die Kennzahlen in Euro je Kilowatt oder die maximale Leistung in Megawatt angegeben. Quadratmeter spielen nur eine untergeordnete Rolle.

Die Komplexität von Data Center besteht auch in den Anforderungen an den Standort. Ausschlaggebendes Lagekriterium ist die Nähe zu relevanten Internet-Knotenpunkten. Frankfurt profitiert dabei von dem weltweit führenden und für Deutschland dominanten Internet-Knotenpunkt Deutsche Commercial Internet Exchange (DE-CIX), dessen Rechenzentren sich unmittelbar im Stadtgebiet befinden. Daneben sind auch die Sicherheit des Standorts, die Verkehrslage sowie der weitestgehende Ausschluss von Naturkatastrophen wichtige Parameter. Weitere Hotspots neben Frankfurt sind London, Amsterdam oder Dublin.

Sofern der Nutzer kein Großkonzern mit entsprechendem Know-how und Kapazitäten ist, und es sich um ein Colocation-Center mit mehreren Nutzern handelt, braucht es zudem einen kompetenten Betreiber, der die Infrastruktur eines Data Center steuert.

Welche Rendite dürfen Immobilieninvestoren erwarten?

Data Center sind vergleichsweise gute Investitionsmöglichkeiten, da sie hohe Renditen bei langfristigen Verträgen mit Dauermietern ermöglichen. Die Renditeerwartungen für Investoren in Data Center liegen derzeit über den erzielbaren Renditen für etabliere Anlageklassen wie Wohn- und Büroimmobilien: Für Core-Assets können hier zwischen vier und sechs Prozent Bruttorendite winken. Wie sich das derzeit rasant wandelnde Zinsumfeld als auch die makroökonomischen Veränderungen auf die Renditen von Data Centern (wie auch allen anderen Asset-Klassen) auswirkt, bleibt abzuwarten.

Welche Akteure bestimmen den Investment- und Betreibermarkt?

Die großen Tech-Konzerne, wie Google, Meta oder Microsoft, lassen sich in der Regel eigene Hyperscale-Center bauen und kaufen und betreiben diese selbst. Interessanter ist der Markt der sogenannten Colocation Center, die mehrere 1.000 m2 Fläche aufweisen und in denen mehrere, zum Teil auch sehr kleine Mieter, Teilflächen anmieten. Diese Flächen reichen von Suiten mit mehreren 100 m2, über Caches als einzelne Teile von Suiten bis hin zu Racks.

Es gibt eine Vielzahl an Carrier-unabhängigen Betreibern, die allerdings meist Eigentümer der Data Center sind. Zu den global führenden zählen Equinix, Digital Realty / Interxtion und NTT (mit ihrer deutschen Tochter e‑shelter). Equinix und Digital Realty / Interxtion sind darüber hinaus auch globale REITs, die schon seit vielen Jahren Investorengelder einnehmen. Zu diesen global agierenden REITs gehört ebenso Keppel aus Singapur, die mit einem Data Center von Maincubes (Zech Gruppe) vor einigen Jahren in den deutschen Markt eingetreten sind.

Wo steht der deutsche Investmentmarkt und welche Entwicklungen sind zu erwarten?

Laut Expertenschätzungen betrug das Transaktionsvolumen in dem Segment Data Center im Jahr 2021 rund 39 Mrd. USD – global. Bei der geringen Produktverfügbarkeit und der globalen Vernetzung der wichtigsten Player am Markt macht eine globale Betrachtung durchaus Sinn. Tatsächlich sind im deutschen Markt bis dato keine Transaktionen von fertigen und modernen Data Center unter Beteiligung von institutionellen Investoren zu beobachten. Die o.g. Betreiber entwickeln ihre Data Center, die meist einen Wert von 100 Mio. EUR erreichen oder auch problemlos überschreiten, selbst und bringen diese anschließend in die eigenen REITs oder Konzernstrukturen ein. Deutsche Fondsprodukte mit Data Center sind bisher nicht vorhanden. Kleinere Anbieter, wie z.B. Penta Infra, nehmen Private Equity ein und investieren in kleinere, dezentrale Data Center. Woran liegt dies? Aufgrund ihrer hohen finanziellen Bewertung weisen Data Center ein relativ großes Klumpenrisiko in den üblichen Fondsstrukturen auf. Zudem ist das Verständnis dieser noch jungen Assetklasse bei den Investoren bisher sehr eingeschränkt und der Transaktionsmarkt bisweilen noch intransparenter, als wir es vom „normalen“ Immobilienmarkt in der DACH-Region schon gewöhnt sind. Zahlreiche Transaktionen werden nicht vollständig erfasst.

Aber: Im Sinne der Transparenz tut sich einiges. Verschiedene Anbieter von Konferenzen haben das Thema entdeckt – und das Interesse steigt. Durch die zu erwartende Investitionswelle in kleinere EDGE-Center verringert sich die Ticket-Größe und damit auch das Klumpenrisiko. Außerdem sucht das institutionelle Geld, welches vorher in Bonds, Shopping-Center und Hotels investiert war, Alternativen – und dazu gehörten in den bisherigen Äußerungen auch Data Center.

Allerdings erscheinen direkte Investments aufgrund der o.g. Gründe eher unwahrscheinlich und klassische deutsche Anlageprodukte, wie ein Spezial AIF oder eine Investment-KG gibt es bisher nicht. Es bleibt also spannend, ob (deutsche) Data Center wirklich ein institutionelles Produkt werden. (ah)

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