Quartalsausblick: Markt für alternative Anlagen steht vor Neusortierung

7. Oktober 2022
Dr. Rupert Hengster, Geschäftsführer von Dr. Hengster, Loesch & Kollegen / Foto: © HLK

Die andauernd hohe Inflation und die Zinserhöhungen haben im dritten Quartal deutliche Spuren auf dem Markt für Real Assets und Liquid Alternatives hinterlassen. Das ganz hohe Zinsniveau wird im europäischen Raum zwar nicht eintreten, herausfordernd bleibt die Lage für die meisten Marktteilnehmer dennoch. Auch institutionelle Investoren haben es derzeit mit komplexen und nicht einfachen Rahmenbedingungen zu tun, mittlerweile haben sie jedoch bessere Möglichkeiten, für ihre Kunden und Beitragszahler bessere Renditen zu erwirtschaften. Auf der Asset-Management-Seite hingegen wird über kurz oder lang nur im Markt bestehen, wer die richtigen Entscheidungen trifft – beispielsweise bei Immobilien-Asset-Managern, die sich hinsichtlich der zukünftigen ESG-Maßnahmen bei Bestandsimmobilien beweisen müssen –, einen guten Zugang zur Investorenbasis hat und es versteht, deren Bedürfnisse in attraktive Lösungen zu übersetzen.

Kampf um Investorengelder wird härter

Investierbares Kapital ist mit der notwendigen Straffung der Geldpolitik rarer geworden. Davon sind zwar fast alle Assetklassen betroffen, die größten Auswirkungen sind jedoch dort zu finden, wo in den letzten Jahren mit hohem Femdkapitaleinsatz investiert wurde – wie etwa bei Real Assets. Mit Zinssätzen oft jenseits der vier Prozent ist Fremdkapital sowieso ungleich teurer als noch vor einem halben Jahr, zusätzlich haben sich die Anforderungen der Banken erhöht. Wo im Immobilienbereich momentan noch investiert wird, liegt der Fokus auf Wohnen und Logistik zulasten von Büro und Einzelhandel. Das Interesse an Bestandsimmobilien sollte dabei im Quartalsverlauf sogar zunehmen. Die Abbildung von Neubauprojekten hingegen ist problematisch – die Baustoffpreise sprechen für sich. Insgesamt wird sich die Lage erst entspannen, wenn Real Assets wieder günstiger am Markt zu haben sind. Denn Asset Manager sind dazu verdammt, höhere Renditen zu liefern, als dies aktuell der Fall ist. Andernfalls werden sich Investoren für deutlich liquidere festverzinsliche Anlagen entscheiden.

Regulierung steht Nachhaltigkeitsbedarf im Weg

Die institutionelle Nachfrage nach nachhaltigen Anlagen kann auch die aktuelle Marktlage nicht hemmen. Der Wille zum Investieren ist da, ebenso gibt es genügend lukrative Anlagemöglichkeiten in den Bereichen Infrastruktur und Erneuerbare Energien. Das große Hindernis steht allerdings auf der regulatorischen Seite. Die starre Quoten-Regelung sowie veraltete Risikokennziffern und Solva-Koeffizienten, denen viele institutionelle Investoren unterliegen, lassen kein stärkeres Engagement zu. Das steht im krassen Widerspruch zu den Bestrebungen der Energiewende, deren Notwendigkeit in diesem Jahr durch die Abhängigkeit von russischem Gas umso deutlicher wurde. Denn um die Wende zu schaffen, braucht es über Jahre hinweg massive Investitionen. Ohne die Beteiligung institutioneller Investoren als größte Kapitalverwalter unserer Gesellschaft wird das nicht zu bewerkstelligen sein. Gerade jetzt, wo klassische festverzinsliche Anlagen wieder konkurrenzfähig werden, sollten die Zügel dringend gelockert werden.

Investoren rüsten sich für 2023

Im restlichen Jahresverlauf dürften die Investment-Tätigkeiten in den Bereichen Real Assets und Liquid Alternatives in relativ ruhigen Fahrwassern verweilen. Es besteht nach den letzten sehr aktiven Jahren in der aktuellen Situation kein dringender Anlagebedarf. Stattdessen nutzen die meisten Investoren die Phase, um sich mittels ALM-Studien und Überlegungen zur strategischen Asset Allokation für das kommende Jahr in Stellung zu bringen. Denn so schwierig die Marktlage sein mag, hoffnungslos ist sie noch lange nicht, auch in Zukunft werden Investoren geeignete Anlagen suchen. Nur werden die Renditen zumindest kurzfristig in Mitleidenschaft gezogen. Die größten Herausforderungen liegen bei den Asset Managern. Sie müssen in vielerlei Hinsicht noch mehr Leistung bringen. Investorengelder sind aktuell sehr viel schwieriger zu bekommen als in der Vergangenheit, erfolgreiches Fundraising erfordert neben validen Produkten und exzellentem Investorenzugang auch Kreativität. Mittelmaß wird von den Investoren schnell erkannt und vom Markt aussortiert, Qualität wird sich durchsetzen.

Marktkommentar von Dr. Rupert Hengster, 
Geschäftsführer von Dr. Hengster, Loesch & Kollegen

 

 

 

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