Nach einer ruhigeren Phase mit weniger Private-Equity-Transaktionen und einem brachliegenden Exit-Kanal Börse, bahnt sich eine Wende an. Sobald die Aussichten für Inflation, Konjunktur und Zinsentwicklung wieder positiver und/oder klarer werden, dürfte auch die Dynamik in der Beteiligungsbranche erneut anziehen. Ob alte Muster ohne zu hinterfragen wieder aufgegriffen werden bleibt allerdings abzuwarten. Denn die jüngste Marktphase hat für Investoren sichtbar gemacht, welche Strategien auch in herausfordernden Gewässern überzeugen. Und vor allem: Welche nicht.
Herausfordernde Jahre sind eine gute Zeit, um in Private Equity zu investieren. Historische Daten sprechen hier eine klare Sprache. Buyout-Fonds, die am Ende einer Rezession und in der Zeit kurz drauf aufgelegt wurden, erzielten regelmäßig überdurchschnittliche Ergebnisse. Betrachtet man das Top-Quartil tritt die Outperformance nach Krisen noch stärker hervor. Insofern ist die Entwicklung, die man in den vergangenen Monaten beobachten konnte, gewissermaßen paradox. Private-Equity-Investoren halten sich mit Neuengagements in die Anlageklasse zurück. Wir beobachten zwar auch weiterhin First und Final Closings nach drei Monaten Fundraising, diese konzentrieren sich aber auf eine immer kleinere Gruppe an außergewöhnlich erfolgreichen Managern. Der Großteil der Fonds tut sich schwer, die Zielvolumina in angemessener Zeit zu erreichen. Neuauflagen dauern länger. Einige Fonds stagnieren und werden vereinzelt sogar kleiner.
Noch paradoxer erscheint die aktuelle Situation mit Blick auf die Anlagepräferenzen von institutionellen Investoren. Private Equity ist als stabilisierender Baustein nach wie vor gefragt; laut einer Umfrage des Finanzdienstleisters Natixis unter weltweit 500 institutionellen Anlegern wollen mehr als ein Drittel ihre Private-Equity-Allokation erhöhen, nahezu die Hälfte sieht in alternativen Anlagen einen sicheren Hafen während einer Rezession. Sie investieren aber zurückhaltender und selektiver. Anders als noch vor einigen Jahren schauen Investoren nun sehr genau hin, welche Fonds sie sich ins Portfolio holen.
Weniger Spielraum für Neuengagements
Dahinter steckt auch ein technischer Effekt. Während die Pandemie den Motor nur kurzfristig ins Stocken bringen konnte, wirkten sich die multiplen Herausforderungen der jüngsten Vergangenheit – Krieg in der Ukraine, Energiekrise, Inflation, Zinswende, um nur ein paar Beispiele zu nennen – nachhaltiger auf die Transaktionsaktivität aus. Käufer und Verkäufer waren sich häufig uneins, was Vermögenswerte wirklich wert sind. Deals blieben aus oder wurden verschoben, insbesondere der IPO-Markt trocknete als Exit-Kanal zeitweise fast gänzlich aus. Dadurch erhielten auch Anleger weniger Rückflüsse aus erfolgreichen Verkäufen. Pensionskassen, Versicherungen und andere Großinvestoren, die traditionell in Private Equity investieren, sind zumeist auf diese Liquidität angewiesen, denn sie müssen in der Regel Allokationsrichtlinien erfüllen. Bleiben Unternehmensverkäufe über längere Zeiträume aus, verknappt das zeitweise den Spielraum für Neuengagements in die Anlageklasse.
Der Effekt ist nicht neu und nach herausfordernden Konjunkturphasen regelmäßig zu sehen. Auch nach der Finanzkrise 2007/2008 musste sich die Unsicherheit über die neue Richtung der Wirtschaft erst legen, bevor die Beteiligungsbranche wieder auf ihren alten Pfad zurückkehrte. Die Frage ist, wann es dieses Mal ein „Back to normal“ geben wird, und wie dieses Normal im Vergleich zu den Vorkrisenjahren aussehen wird, als nahezu alle Private-Equity-Segmente von kauffreudigen und ‑kräftigen Investoren profitierten.
Tech-Unternehmen unter Druck
Kurzfristig hängt die Entwicklung unter anderem vom Zinsmarkt ab. Die geldpolitische Kehrtwende der Zentralbanken als Reaktion auf die überbordende Inflation hat gewissermaßen die Karten am Beteiligungsmarkt neu gemischt. Die Zinssteigerungen machen nicht nur Alternativen wie Anleihen und Geldmarktfonds wieder attraktiver, sie wirken sich grundsätzlich negativ auf die Beteiligungsbranche aus. Steigende Zinsen verteuern den Einsatz von Fremdkapital und schränken die Handlungsfähigkeit von Managern ein, die stark mit Leverage arbeiten. Sie können außerdem die Eigenkapitalrentabilität einzelner Transaktionen schmälern – Stichwort negativer Leverage-Effekt.
Auch mit Blick auf die Sektoren sorgt die restriktive Geldpolitik in Kombination mit der hohen Inflation zu Verschiebungen. Höhere Zinsen führen bei der Berechnung des Unternehmenswerts dazu, dass zukünftige Gewinne aus heutiger Sicht weniger wert sind. Das hat vor allem stark wachsende, aber häufig noch unprofitable Tech-Unternehmen unter Druck gesetzt. Ihre Bewertungen basieren in der Regel zu großen Teilen auf den Erwartungen zukünftiger Gewinne, die bei steigenden Zinsen stärker diskontiert werden. Die hohen Inflationsraten hingegen machten zuletzt vor allem Industrieunternehmen mit wenig „Pricing Power“ sowie dem verarbeitenden Gewerbe zu schaffen, die sich schwer damit taten, die gestiegenen Preise an Kunden weiterzugeben. Entsprechend herausfordernd gestaltete sich die Lage für Fonds, die diese Branchen und Unternehmen im Portfolio hatten.
Stärkerer Fokus auf das untere Marktsegment
Die jüngsten Inflationszahlen für die Eurozone machen indes Hoffnung auf sinkende Zinsen. Ökonomen rechnen zudem für die zweite Jahreshälfte mit einer ersten wirtschaftlichen Erholung. Damit dürfte auch die Dealaktivität langsam wieder anziehen. Viele Investoren, die jetzt noch an der Seitenlinie verharren, sollten dann offener für Reinvestitionen in die Anlageklasse sein. Es bleibt spannend, welche Lehren sie aus der jüngsten Marktphase ziehen werden.
Möglich, dass wir eine verstärkte Konzentration auf Segmente sehen werden, die sich in der Vielfachkrise als besonders resilient erwiesen haben. Zu nennen wäre hier in erster Linie der Lower Mid-Market. Das untere Marktsegment bietet eine Reihe systemischer Vorteile, die zuletzt besonders zum Tragen gekommen sind.
Sowohl die Bewertungen als auch die Fremdkapitalquoten sind in der Regel niedriger als im Large-Cap Segment, was den Fonds einen konservativeren Einstieg erlaubt. Aufgrund der geringeren Dealgrößen gibt es naturgemäß auch einen größeren Pool an potenziellen Kaufinteressenten. Dadurch blieben die Rückflüsse an Anleger trotz der multiplen Herausforderungen vergleichsweise stabil. Zudem ist der positive Einfluss von Private-Equity-Managern durch wertsteigernde Maßnahmen, wie etwa die personelle Verstärkung von Management-Teams, bei kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Regel deutlich ausgeprägter als bei großen, meist bereits professionell geführten Konzernen. In der halbjährlichen Investoren-Befragung des Placement Agents Rede Partners gaben jüngst 50 % der Befragten an, ihre Allokation in Lower Mid-Market Buyouts in diesem Jahr anheben zu wollen.
Operative und strategische Wertsteigerung als wichtigster Hebel
Wir beobachten diese Entwicklung auch in unseren eigenen Portfolios. Die Zahl der Unternehmensverkäufe blieb 2023 im Vergleich zum Vorjahr konstant. Wichtig ist jedoch zu beachten, dass der Lower Mid-Market ein extrem heterogenes Marktsegment ist – die Performance-Spanne zwischen den einzelnen Managern geht weiter auseinander als im Large-Cap Segment. Entscheidender als der Fokus auf einzelne Branchen, Strategien oder Segmente sind daher die nachhaltigen Wettbewerbsvorteile des Fonds.
Wie generiert er Wertsteigerungen? Welche Erfahrungen bringt er mit? Wie unterstützt er seine Portfoliounternehmen bei der Umsetzung von Wertschöpfungsplänen? Sieht sich der Manager lediglich als Kapitalgeber oder wirkt er aktiv durch sein Wissen und Netzwerk beim Aufbau skalierbarer Organisationen mit? Teams, die ihre operativen und strategischen Fähigkeiten bereits über mehrere Marktzyklen bewiesen haben, sind üblicherweise auch für kommende Krisen gut positioniert, um Geschäftsmodelle schnell umzustellen und Chancen zu ergreifen, die das neue Marktumfeld bietet.
Selbst bei M&A‑Strategien zeigt sich, dass operative Verbesserungen ausschlaggebend für Erfolg sind: Laut einer von der Unternehmensberatung Bain & Company durchgeführten Analyse zwischen 2010 und 2019 erzielten Deals mit M&A‑Strategien, bei denen Manager Wertsteigerungen ausschließlich durch Multiple-Arbitrage generierten, durchschnittlich eine Kapitalvervielfachung von 1,4x. Teams, die selbst bei M&A Strategien das organisches Wachstum und Margenverbesserung nicht aus den Augen verloren, konnten das eingesetzte Kapital im Schnitt mehr als verdoppeln. Formularbeginn
Autor: Hans-Christian Moritz, Managing Director, Munich Private Equity Partners