Die Private Markets bieten niedrige Korrelationen und überzeugende Renditen – und dennoch sind Anleger bisher unterinvestiert. Doch das Interesse wächst, vor allem angesichts neuer Produktgattungen wie ELTIF 2.0. Welche Bereiche besonders vielversprechend sind und was es zu beachten gibt, erläutern Hagen Schremmer, CEO, und Thorsten Knoth, Private Markets-Spezialist bei BNP Paribas Asset Management, im Gastbeitrag.
Trotz der historisch gesehen höheren Renditen und niedrigeren Volatilität von Private Assets waren Investoren lange Zeit in dieser Anlageklasse unterinvestiert, nicht zuletzt, weil der Zugang zu Private Assets oftmals nur sehr großen, institutionellen Investoren vorbehalten war. Doch allmählich erkennen Marktakteure die wichtige Rolle nicht-börsengehandelter Assets bei der Portfoliodiversifikation – und der Bereich wächst: Nach Schätzungen von Preqin wird das in Private Assets weltweit verwaltete Vermögen von 13,8 Billionen US-Dollar im Jahr 2022 auf 18,3 Billionen US-Dollar im Jahr 2027 steigen.
Der Löwenanteil am Markt entfällt noch auf Private Equity, doch die Nachfrage nach Private Debt – etwa in Form von Mittelstandskrediten oder auch besicherten Infrastruktur- und Immobilienfinanzierungen – nimmt zu. Denn: Private Debt bietet hohe Spreads und relativ attraktive Renditen. Die den Fonds zugrundeliegenden Darlehen und Finanzierungen werden meist variabel auf Basis des 3‑Monats Euribor vergeben. Zwar könnte sich die laufende Verzinsung bei Zinssenkungen etwas reduzieren, die Spreads dürften jedoch weitgehend stabil bleiben. Aufgrund der kurzen Duration bieten Private-Debt-Investments zudem eine Absicherung gegen Bewegungen am Zinsmarkt. Ein weiterer Vorteil: Da Banken aufgrund regulatorischer Anforderungen bei der Kreditvergabe restriktiver agieren, entsteht europaweit eine massive Finanzierungslücke. Das schafft für Investoren ein großes Spektrum an Anlagemöglichkeiten.
Verwaltetes Vermögen in Private Debt (Milliarden US-Dollar) nach vorrangigem regionalen Fokus, 2010–2028 (projiziert)
Quelle: Prequin „Future of Alternatives 2028“ Report, Oktober 2023
Commercial Real Estate Debt: Einstiegszeitpunkt günstig
Das größte Potenzial bietet unserer Meinung nach derzeit Commercial Real Estate Debt. Nachdem die Bewertungen von Gewerbeimmobilien in den letzten Quartalen um 20 Prozent auf das Niveau von 2007 gefallen sind, stabilisieren sich die Preise nun allmählich. Aufgrund der Risikoaversion der Kreditgeber sind Kreditnehmer aktuell zu Zugeständnissen bereit. Der Anteil an eingesetztem Fremdkapital pro Quadratmeter Gewerbefläche ist um 40 Prozent gesunken, zum einen weil sich der Beleihungsauslauf der neuvergebenen Darlehen um 10 Prozentpunkte auf 50 bis 55 Prozent reduziert hat und zum anderen weil die Immobilienbewertungen um 20–35 Prozent zurückgegangen sind.
Vergleich Preisindex für Gewerbeimmobilien in Europa und den USA (CPPI)
Quelle: BNP Paribas Asset Management, Juni 2024, Green Street Data, Index Data Core Sektor CPPI Gewichte: Wohnen (25%), Gewerbe(25%), BÜRO (25%), Einzelhandel (25%), Index (2007/08=100).
Der Einstiegszeitpunkt ist für Anleger also günstig, und wer wartet, bis die Branche sich vollumfänglich erholt hat, könnte dieses Zeitfenster verpassen. Dabei sollten Investoren die Assets sorgfältig auswählen und die zugrundeliegenden Darlehen gründlich prüfen. Besonders vielversprechend sind unserer Meinung nach aktuell Büroimmobilien sowie Logistik- und Einzelhandelsobjekte in zentralen Lagen mit hohen Nachhaltigkeitsstandards.
Infrastructure Debt: Gut gefüllte Projektpipeline
Infrastrukturinvestments sind ebenfalls spannend. Im 2. Quartal 2024 hat sich das Wachstum des europäischen Infrastrukturmarktes im Vergleich zum 2. Quartal 2023 leicht beschleunigt; der Gesamtwert der abgeschlossenen Deals wuchs um 7 Milliarden US-Dollar auf 68 Milliarden US-Dollar an. Die beliebtesten Sektoren waren dabei mit einem Marktanteil von jeweils 28 Prozent Transport und Energie. Die Energiewende und die Digitalisierung werden die Nachfrage nach Infrastrukturfinanzierungen weiter ankurbeln und das Ausmaß des Bedarfs ist von der öffentlichen Hand allein nicht mehr zu bewältigen. Die Projekt-Pipeline ist dementsprechend gut gefüllt und erstreckt sich beispielsweise über die Bereiche Batteriespeicher, Wasserstoff, E‑Mobilität und Erneuerbare Energien. Besonders Junior-Debt-Fonds sind einen Blick wert, da sie bei geringerem Risiko ähnliche Renditen erwirtschaften wie Infrastucture EquityFonds mit Schwerpunkt Core Assets. An Nachhaltigkeit orientierte Anleger erhalten in der Assetklasse Infrastructure Debt zahlreiche Möglichkeiten, über Artikel 8- und Artikel 9‑Fonds in die Energiewende und Erneuerbare Energien zu investieren.
Der europäische Markt für Infrastruktur nach Sektor, 2. Quartal 2024
Quelle: Inframation News, März 2024.
Nische mit Potenzial: Forstwirtschaft und Naturkapital
Die Land- und Forstwirtschaft fristet als Anlagekategorie zurzeit noch ein Nischendasein, dürfte mittelfristig jedoch zu einem festen Bestandteil in den Portfolios großer und mittelgroßer institutioneller Investoren werden. Der Sektor überzeugt mit einer niedrigen Korrelation zu anderen Assetklassen, stabilen risikobereinigten Renditen und bietet Schutz vor Inflation. Zudem sind Investments in Naturkapital maßgeblich für den Erhalt der Biodiversität – Anleger sollten daher stets auf eine nachhaltige Bewirtschaftung achten. Auch strukturelle Trends sprechen für den Bereich: In den letzten 60 Jahren hat sich die weltweite Nachfrage nach Holzprodukten verdoppelt und wird zwischen 2020 und 2050 um weitere 37–60 Prozent steigen (Schätzungen der Vereinten Nationen).
ELTIF 2.0: Renditechance für Privatanleger und kleinere Institutionen
Ein wichtiger Treiber für einfachere und breitere Investierbarkeit in Private Assets ist die ELTIF 2.0‑Verordnung. ELTIFs richten sich zwar vornehmlich an Privatanleger, doch Produkte, die mehrere Segmente der Private Assets verbinden, sind auch für kleinere und mittelgroße institutionelle Investoren interessant. Als Evergreen-Fonds machen sie zudem die Suche nach Nachfolgeinvestments obsolet.
Doch nach wie vor gilt: Private Assets sind nicht für jedermann. Sie sind nur eingeschränkt handelbar und bei vorzeitigem Ausstieg drohen Anlegern Kosten. Zudem mangelt es nach wie vor an einem Marktstandard und einheitlicher Transparenz, und die begrenzte Datenlage erschwert das Benchmarking. Soll beispielsweise Real Estate Debt mit Corporate Debt verglichen werden, ist ein geeignetes Analysetool schwer zu finden. Da die zugrundeliegenden Assets nicht auf den Märkten gehandelt werden, wird hier mit Modellen gearbeitet, die lediglich einen theoretischen Preis ermitteln – und diese Preisfindung erfolgt im Vergleich zu den öffentlichen Kapitalmärkten nicht täglich, sondern monats- oder quartalsweise.
Private Debt: wichtiges Portfolioelement
Wir sind jedoch zuversichtlich, dass es hierfür Lösungen geben wird, je mehr die Private Assets an Popularität gewinnen – die ELTIF 2.0‑Verordnung ist hier ein hervorragender Anfang. Private Assets können innerhalb eines diversifizierten Portfolios zu guten Renditen beitragen und Korrelationen verringern, vor allem wenn verschiedene Segmente wie Infrastruktur‑, Immobilien- oder Unternehmensdarlehen miteinander kombiniert werden. Gleichzeitig bieten sie die Möglichkeit, über nachhaltige Investments eine positive Wirkung zu erzielen und so beispielsweise zur Energiewende beizutragen.