Notenbanken stehen vor echtem Zielkonflikt

Krieg, hohe Inflationsraten und Notenbanken, die irgendwie reagieren (müssen). Es ist eine sehr ungemütliche Zeit. INTELLIGENT INVESTORS im Kurzinterview mit Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz.
18. März 2022
Dr. Johannes Mayr - Foto: © Eyb & Wallwitz

Krieg, hohe Inflationsraten und Notenbanken, die irgendwie reagieren (müssen). Es ist eine sehr ungemütliche Zeit. INTELLIGENT INVESTORS im Kurzinterview mit Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz.

INTELLIGENT INVESTORS: Der Ukrainekrieg treibt zusätzlich die Preise für Energie und Rohstoffe in die Höhe. Der Druck auf die EZB steigt. Was sollte und wird die Notenbank in den kommenden Monaten tun?
In den USA steht der erste Zinsschritt an. Gibt es überhaupt Alternativen zu einer Anhebung des Zinssatzes?
Dr. Johannes Mayr: Die Inflation ist bereits zu lange zu hoch und das Risiko von Zweitrundeneffekten ist gestiegen. Deshalb stehen die Notenbanken erstmals seit vielen Jahren wieder vor einem echten Zielkonflikt. Sie müssen die Geldpolitik straffen, dürfen aber die Risiken für die Konjunktur und den Finanzmarkt nicht unterschätzen. Das Problem: Die geplanten Zinsanhebungen werden den Preisdruck kurzfristig kaum mindern. Hier sind die Notenbanken auf eine Entspannung der Lieferketten und Rohstoffpreise angewiesen. Die Glaubwürdigkeit könnte unter Druck geraten. Dennoch ist eine schrittweise Anhebung der Zinsen notwendig, auch in Europa. Die EZB steht aber vor einer besonders heiklen Aufgabe. Denn hier sind die zyklischen Unterschiede enorm und nicht alle Länder werden mit einer strafferen Geldpolitik zurechtkommen. Deshalb wird der Ausstieg im Euro-Raum deutlich zögerlicher ablaufen. Erste Zinsschritte sind in der zweiten Jahreshälfte aber realistisch.


II: Die Konjunkturzuversicht der Finanzakteure stürzt ab. Wie ist es vor dem aktuellen Hintergrund um die deutsche Wirtschaft bestellt?
Dr. Mayr:
Die Unsicherheit über den Fortgang des Kriegs belastet die Stimmung von Haushalten und Unternehmen, die hohen Energiepreise nagen an der Kaufkraft. Deshalb müssen die Wachstumsprognosen für 2022 deutlich gesenkt werden, von 4% auf 1–2%. Der Puffer nach unten wird damit dünner. Gegen eine Rezession in Deutschland spricht, dass die Wirtschaft eigentlich gut in das neue Jahr gestartet ist. Die Auftragsbücher der Industrie und die Taschen der Haushalte sind gut gefüllt und der Dienstleistungsbereich erwartet einen Re-Opening Schub. Das Risiko einer Stagflation steigt aber mit jedem Tag des Kriegs und jeder Runde von Sanktionen. (ah)

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