Noch keine wirkliche Entspannung bei der Inflationsentwicklung

Ist die Inflation gekommen, um zu bleiben? Im Oktober sprang die Teuerungsrate hierzulande auf 4,5 %. Ist das alles nur vorübergehender Natur? Die Chefredaktion sprach in München mit Dr. Johannes Mayr, der seit dem Frühjahr 2021 die Position des Chefvolkwirts beim Vermögensverwalter Eyb & Wallwitz innehat.
4. Januar 2022
Dr. Johannes Mayr - Foto: © Eyb & Wallwitz

II: Lassen Sie uns einige Worte zur deutschen Volkswirtschaft verlieren. Wo steht die „Konjunkturlokomotive Europas“?
Dr. Mayr: Zwar macht die EU-Wirtschaft wieder Boden gut und holt auf, dennoch gilt es zu berücksichtigen, dass der Rücksetzer infolge der Corona-Pandemie 2020 und Anfang 2021 noch nicht kompensiert ist. Wir erwarten für den „alten Kontinent“ 2022 mehr Wachstumsdynamik als in den USA – haben jedoch auch die Heterogenität Europas im Blick. Die in der Pandemie besonders unter die Räder gekommenen Volkswirtschaften Südeuropas sollten sich vergleichsweise besser entwickeln als einige Kernländer, zu denen Deutschland zählt. Hierzulande machen Corona, Engpässe und die Energiepreise besonders zu schaffen und die Industrie hat es mit einer abebbenden Nachfrage aus wichtigen Exportmärkten zu tun. Somit fällt die deutsche Industrie als Konjunkturlokomotive eher aus.

II: Blicken wir von Ihrem Münchner Büro mal nach Asien. Man könnte meinen, dass auch China zumindest schwächelt. Wie sattelfest erscheint die chinesische Volkswirtschaft?
Dr. Mayr: In der Tat gibt es eine bemerkenswerte Entwicklung. Insbesondere die Neigung zur Kartellbildung der Techgiganten und die Schuldenmacherei von Immobilienkonzernen wie Evergrande haben die staatliche Führung zum Eingreifen veranlasst. Die Pekinger Führung hat zudem beschlossen, die Wohlstandslücke zwischen Reich und Arm zu vermindern und den Wohlstand auf breitere Teile der Bevölkerung zu verteilen. Das sind vergleichsweise neue Töne. Gleichwohl gilt die Zusage, dass der Staat hilft, sollte die wirtschaftliche Entwicklung es dringend erfordern. Weil die Staatsführung kein Interesse an möglichen Folgen von Pleiten hat, übernimmt sie die Schulden schlecht laufender Unternehmen häufig einfach. Der politische Wille zur „Rettung“ existiert nach wie vor.

II: Wie blicken Sie demnach auf 2022?
Dr. Mayr: Hinsichtlich der konkreten Portfolioallokation lässt sich festhalten, dass die Einzeltitelauswahl (Fokus auf zukunftsfähige Geschäftsmodelle) zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dabei sind Geschäftsmodelle interessant, die in Zeiten erhöhter Inflation keine starke Margenkompression fürchten müssen. Regional sprechen die Lage im Konjunkturzyklus und die Bewertungen für eine positive Entwicklung der europäischen Märkte. Die Risiken für die Anleihemärkte sind derweil nicht außer Acht zu lassen.

Dr. Johannes Mayr, Chefvolkwirt beim Vermögensverwalter Eyb & Wallwitz / Foto: © Eyb & Wallwitz

Pages: 12

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter