Noch keine wirkliche Entspannung bei der Inflationsentwicklung

Ist die Inflation gekommen, um zu bleiben? Im Oktober sprang die Teuerungsrate hierzulande auf 4,5 %. Ist das alles nur vorübergehender Natur? Die Chefredaktion sprach in München mit Dr. Johannes Mayr, der seit dem Frühjahr 2021 die Position des Chefvolkwirts beim Vermögensverwalter Eyb & Wallwitz innehat.
4. Januar 2022
Dr. Johannes Mayr - Foto: © Eyb & Wallwitz

Ist die Inflation gekommen, um zu bleiben? Im Oktober sprang die Teuerungsrate hierzulande auf 4,5 %. Ist das alles nur vorübergehender Natur? Die Chefredaktion sprach in München mit Dr. Johannes Mayr, der seit dem Frühjahr 2021 die Position des Chefvolkwirts beim Vermögensverwalter Eyb & Wallwitz innehat.

INTELLIGENT INVESTORS: Herr Dr. Mayr, das Thema des Inflationsanstiegs ist allgegenwärtig. Haben wir es hierbei nur mit einem temporären Phänomen zu tun?
Dr. Johannes Mayr: Das sind makroökonomisch betrachtet die interessantesten und mitunter schwierigsten Fragen zugleich. Denn niemand, auch nicht die Notenbanker, waren in der Vergangenheit in der Lage, die Inflation gut vorherzusagen. Dabei müssen wir festhalten, dass es viele Aspekte gibt, die auf die Inflationsentwicklung letztlich einwirken. Zu unterscheiden ist zwischen angebots- und nachfrageseitigen Faktoren. Letztere sind ganz entscheidend für den geldpolitischen Kurs der Notenbanken.

II: Können Sie das näher ausführen?
Dr. Mayr: Gerne. Wichtigster Preistreiber war zuletzt die Verteuerung der Energie; dieser Aufwärtstrend bei der Energie könnte sich auch in den kommenden Monaten fortsetzen. Darüber hinaus haben insbesondere Probleme bei den Lieferketten und die Anhebung der zwischenzeitlich gesenkten Mehrwertsteuer ihre Spuren hinterlassen und Ausdruck in gestiegenen Inflationsraten gefunden. Vieles spricht nach unserer Meinung dafür, dass wir es beim Anstieg der Inflation vor allem mit einem vorübergehenden Phänomen zu tun haben. Entscheidend wird aber sein, ob es Faktoren gibt (bspw. Mietpreisentwicklung, Lohnverhandlungsrunden), die über diese Sondereffekte hinausgehen und auch in 2022 weiter steigende Preise mit sich bringen. Auf diese Weise könnte dann eine Spirale in Gang gesetzt werden, die wesentlich länger laufen könnte als mitunter angenommen.

II: Sie gehen demnach davon aus, dass wir keine galoppierende Inflation über den Jahreswechsel hinaus sehen?
Dr. Mayr: Aktuell und in den Wintermonaten erwarten wir keine wirkliche Entspannung bei der Inflationsentwicklung. Die Lieferschwierigkeiten und der Anstieg bei den Rohstoffpreisen lassen derzeit auch einen weiteren Anstieg für möglich erscheinen. Doch mit dem Frühjahr 2022 dürfen wir sozusagen den Peak erreicht haben, bevor die Inflation dann wieder peu à peu fällt. Große Schritte an der Zinsschraube sind indes nicht zu erwarten; auch aus realwirtschaftlicher Sicht und mit Blick auf die Schuldenstände. Insbesondere die US-Notenbank hat einen Schwenk vollzogen und toleriert nunmehr höhere Inflationsraten. Anleger tun also gut daran, starke Nerven zu behalten und nicht in Panik zu verfallen.

II: Wie sehen Sie die Fahrpläne der Fed und EZB bezüglich der Exit-strategie aus der lockeren Geldpolitik?
Dr. Mayr: Die Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks befinden sich in einem langen Ringen um den richtigen Zeitpunkt für den allmählichen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik. In den USA hat die FED mit der Reduzierung ihrer monatlichen Anleihekäufe begonnen und dürfte diese bis Mitte 2022 beenden. Ein erster Zinsschritt in der zweiten Jahreshälfte ist möglich, die Straffung wird aber sehr vorsichtig von vonstattengehen. Im Euroraum liegen wir bekanntermaßen auch konjunkturell zurück. Über das Anleihenkaufprogramm PEPP wurde bisher viel Geld in die Märkte gepumpt. Der Zeitpunkt für ein Ende dieser Unterstützungsmaßnahmen kommt näher. Der Ausstieg dürfte aber gerade in Europa sehr vorsichtig erfolgen. Die Sorgen um ein Abwürgen der in Fahrt kommenden Wirtschaft wiegen mitunter schwer.

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