Nießbrauch und Nachfolge: Interessante strategische Komponente für Vermögensinhaber

Der Nießbrauch ist in Deutschland das unveräußerliche und unvererbliche absolute Recht, eine fremde Sache, ein fremdes Recht oder ein Vermögen zu nutzen. Daher ist der Nießbrauch ein beliebtes Instrument gerade in der Planung der innerfamiliären Vermögensnachfolge. Der Nießbrauch lässt sich mit einer Schenkungstrategie kombinieren.
14. März 2021
Stephan Janas

Der Nießbrauch ist in Deutschland das unveräußerliche und unvererbliche absolute Recht, eine fremde Sache, ein fremdes Recht oder ein Vermögen zu nutzen. Daher ist der Nießbrauch ein beliebtes Instrument gerade in der Planung der innerfamiliären Vermögensnachfolge. Der Nießbrauch lässt sich mit einer Schenkungstrategie kombinieren.

Sich frühzeitig um die Frage der eigenen Vermögensnachfolge Gedanken zu machen, empfiehlt sich sowohl im unternehmerischen als auch im privaten Bereich. Dabei stehen regelmäßig steuerliche und strategische Fragen im Fokus. Denn zum einen soll Einigkeit zwischen den Generationen hergestellt werden, um keine Schäden bei den Vermögenswerten zu riskieren, schon gar nicht am Unternehmen. Zum anderen soll auch die Steuerlast bestmöglich im legalen Rahmen gedrückt werden. Dafür eignen sich verschiedene Strategien. Im Fokus stehen sicherlich Schenkungstrategien zur Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge. Diese betragen bei Ehegatten 500.000 Euro, bei Kindern 400.000 Euro, Enkeln stehen 200.000 Euro zur Verfügung – und das alle zehn Jahre. Damit können auch größere Vermögenswerte durch eine langfristige Strategie oftmals steuerfrei übergeben werden. Und bei Unternehmen sind Übertragungen bis zur Höhe von 26 Millionen Euro unter bestimmten Bedingungen steuerfrei. Auch dies ist alle zehn Jahre möglich.

Die Einschränkung: Einmal verschenkte Vermögenswerte sind weg, eine Rückübertragung ist steuerlich sehr schädlich, weil die Freibeträge beispielsweise bei der Schenkung von Kindern an ihre Eltern 100.000 Euro betragen und damit um 300.000 Euro niedriger liegen als bei der Übertragung von oben nach unten. Und viele Vermögensinhaber scheuen sich auch davor, die Vermögenswerte wie Immobilien, Wertpapierdepots, Versicherungspolicen oder unternehmerische Beteiligungen frühzeitig aus der Hand zu geben. Denn die finanzielle Absicherung des eigenen Ruhestands ist natürlich mindestens ebenso wichtig wie die Versorgung der Kinder. Das bedeutet: Schenkungen stehen die Sorge um den Verlust eigener Einkommensquellen und der Kontrollmöglichkeit über die künftige Verwaltung dieses Vermögens im Wege.

Verwendung und Kontrolle durch Nießbrauchsvorbehalt

Einen geeigneten Mittelweg kann hier die Übertragung des Vermögens unter Vorbehalt eines Nießbrauchs darstellen. Der Nießbrauch ist ein beliebtes Instrument gerade in der Planung der innerfamiliären Vermögensnachfolge. Der Nießbrauch bietet die Möglichkeit, das Vermögen auf die nächste Generation zu übertragen und so insbesondere steuerliche Vorteile zu nutzen, während die Erträge aus diesem Vermögen und in einem gewissen Umfang auch die Kontrolle über die Verwaltung vom Übergebenden durch den Nießbrauchsvorbehalt zurückbehalten werden kann.

Der Nießbrauch ist in Deutschland das unveräußerliche und unvererbliche absolute Recht, eine fremde Sache, ein fremdes Recht oder ein Vermögen zu nutzen. Das Nutzungsrecht findet üblicherweise bei Immobilien Anwendung – es lässt sich aber auch für Gegenstände und Vermögen anordnen. So wird im Rahmen des Nießbrauchs beispielsweise vereinbart, dass eine Investmentimmobilie an das Kind übertragen wird, aber die Mieterträge beim Senior verbleiben. Oder die Lebensversicherung wird verschenkt, doch der ursprüngliche Versicherungsnehmer erhält die Rentenzahlungen. Das lässt sich letztlich auf so gut wie alle Vermögenswerte übertragen. Nicht zu verwechseln ist das Nießbrauchrecht an einer Immobilie übrigens mit dem Wohnrecht auf Lebenszeit. Dadurch darf eine Person zwar die Immobilie nutzen, um darin zu wohnen – sie darf jedoch keine Gewinne aus Vermietung oder Verpachtung erzielen. Das Wohnrecht verfällt, wenn der Nutzer auszieht, weil er beispielsweise dauerhaft in einem Pflegeheim untergebracht wird. Der Nießbrauch ist an die Person des Berechtigten gebunden. Er ist nicht übertragbar, nicht vererblich und auch nicht pfändbar.

Das ist eine interessante strategische Komponente für Vermögensinhaber. Die Nachfolge mit „warmer Hand“, damit die Kinder und Enkel frühzeitig etwas von dem aufgebauten Vermögen haben, wird mit den eigenen Absicherungsbedürfnissen in Einklang gebracht. Das verhindert auch, dass sich ein Vermögensinhaber „arm schenkt“. Das ist nämlich rechtlich höchst problematisch: Falls eine soziale Notsituation besteht, werden die Beschenkten finanziell herangezogen.

Durch den Nießbrauch werden hohe Summen steuerlich in Abzug gebracht

Es ist auch zu beachten, dass der Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts erbschaft- beziehungsweise schenkungsteuerliche Vorteile mitbringt. Bei der Übertragung einer Immobilie kann der kapitalisierte Wert des vorbehaltenen Nießbrauchs vom Wert der Immobilie abgezogen werden. Die Bestimmung des Kapitalwerts hat der Gesetzgeber im Bewertungsgesetz (BewG) ausdrücklich geregelt. Grundsätzlich geht es um die Kapitalisierung des Jahreswerts des Nießbrauchsrechts auf den Bewertungsstichtag (Zeitpunkt der Schenkung). Die Abzinsung erfolgt mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent pro Jahr und der statistischen Lebenserwartung des Nießbrauchers. Der Jahreswert des vorbehaltenen Nießbrauchs an einer (vermieteten) Immobilie entspricht dem tatsächlich erzielten Netto-Mietertrag beziehungsweise der um die anfallenden Werbungskosten geminderten üblichen Miete, die am jeweiligen Ort erzielbar wäre. Der Kapitalisierungsfaktor wird jedes Jahr neu vom Bundesfinanzministerium veröffentlicht. Wichtig: Der Wert des Nießbrauchs kann den Wert der Immobilie nicht übersteigen, ganz gleich, um welche Laufzeit es sich handelt.

Durch diese Strukturierung ist es möglich, beispielsweise ein Mehrfamilienhaus, dessen Wert die steuerlichen Freibeträge bei Schenkung oder Erbschaft überschreitet, steuerlich neutral zu übergeben. Durch den Nießbrauch werden hohe Summen in Abzug gebracht, die sich sogar mit den persönlichen Freibeträgen kombinieren lassen. Dabei gilt: Je jünger der Schenker bei der Übergabe ist, desto höher ist der Wert des abziehbaren Nießbrauchs und damit auch die mögliche Steuerersparnis.

Für eine Gestaltung mit Nießbrauch ist eine langfristige Planung notwendig. Die Berechnungen sind komplex, und für die Bestellung des Nießbrauchs ist ein notariell beurkundeter Vertrag erforderlich, den Rechtsanwalt, Steuerberater und Mandant mit viel Augenmaß erarbeiten müssen und der für beide Parteien vorteilhaft ist.

Gastautor: Stephan Janas ist Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge und Partner der Kanzlei Beyel Janas Wiemann + Partner

Stephan Janas — Foto: © Beyel Janas Wiemann + Partner

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