Nichts überstürzen

Aktien des Gesundheitswesens haben sich im ersten Quartal 2020 besser entwickelt als alle anderen Sektoren. Doch obwohl die Branche in der aktuellen Corona-Krise im Blickpunkt steht, wirft die Pandemie gleichzeitig auch Fragen nach ihrer Widerstandsfähigkeit auf. So haben alle Unternehmen ein beunruhigendes Merkmal gemein: „Keines versucht auch nur zu erraten, wie hoch die Gewinne in den nächsten sechs Monaten sein werden", sagt Vinay Thapar vom Asset Manager AllianceBernstein (AB).
18. Mai 2020
Gesundheitssektor

Aktien des Gesundheitswesens haben sich im ersten Quartal 2020 besser entwickelt als alle anderen Sektoren. Doch obwohl die Branche in der aktuellen Corona-Krise im Blickpunkt steht, wirft die Pandemie gleichzeitig auch Fragen nach ihrer Widerstandsfähigkeit auf. So haben alle Unternehmen ein beunruhigendes Merkmal gemein: „Keines versucht auch nur zu erraten, wie hoch die Gewinne in den nächsten sechs Monaten sein werden”, sagt Vinay Thapar vom Asset Manager AllianceBernstein (AB).

Der Portfoliomanager und Senior Research Analyst für US Growth Equities und das International Healthcare Portfolio der US-Fondsgesellschaft sieht mehrere Gründe, die den Sektor gegenwärtig vor ungewöhnliche Herausforderungen stellen:

  • Schließung von Arztpraxen: Vielerorts wurden all diejenigen Arztpraxen geschlossen, die nicht direkt dem medizinischen Bedarf im Zusammenhang mit Viren dienen. Dies reicht von Allgemeinmedizinern, Familienkliniken und Tierärzten bis hin zu anderen medizinischen Einrichtungen.
  • Verschiebung von Behandlungen: Elektive Operationen, Behandlungen chronischer Krankheiten, Orthopädie und andere Dienstleistungen wurden zugunsten der Behandlung von COVID-19-Patienten zurückgestellt. Gerade große medizinische Einrichtungen erzielen hieraus jedoch den größten Teil ihrer Einnahmen. Auch die Zahl der unfallbezogenen Operationen ist stark zurückgegangen, weil die Menschen zuhause bleiben müssen.
  • Verlangsamte Forschung: Als Antwort auf den weltweiten Ruf nach Virusbehandlungen und einem Impfstoff haben die großen Pharmakonzerne die sonstigen medizinischen Forschungsarbeiten in ihren Pipelines gebremst.

Pandemie beschleunigt Wandel

Dennoch ist Thapar überzeugt, dass Anleger defensive Gesundheitsaktien finden können, die interessante langfristige Wachstumsaussichten bieten: „Was den Gesundheitssektor zu einem Dauerbrenner macht, sind die Unternehmen, die alle Widrigkeiten überstehen”, so der Experte. „Deshalb ist es wichtig, über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse hinauszublicken und die Grundlagen jener Gesundheitsunternehmen zu betrachten, die für die Zukunft gerüstet sind.”

So umfasse das Gesundheitswesen viele Spezialgebiete, von denen einige direkt vom Umbruch profitieren können. Beispiele hierfür sind Anwendungen im Bereich Telemedizin sowie virtuelle Produktmarketingstrategien der Pharmaunternehmen. „Tatsächlich hat das Gesundheitswesen bei der Einführung neuer Technologien in der Vergangenheit nur zögerlich Fortschritte gemacht. Es bedurfte einer Krise, um einen Innovationsschub auszulösen”, analysiert Thapar.

Nicht alles auf eine Karte setzen

Dasjenige Unternehmen, das einen Impfstoff gegen COVID-19 findet, wird sicherlich ein großer Gewinner der aktuellen Krise sein. Dennoch warnt der AB-Experte Anleger davor, aus reiner Hoffnung auf ein Blockbuster-Medikament eine binäre Wette bei der Geldanlage einzugehen – zumal selbst für ein solches Medikament Vermarktungschancen und Profitabilität insgesamt bescheiden sein könnten. „Die Vorhersage wissenschaftlicher Durchbrüche ist keine umsichtige Auswahlstrategie für Gesundheitsaktien”, gibt Thapar zu bedenken. „An erster Stelle stehen solide Fundamentaldaten wie gesunde Bilanzen und dauerhafte Wettbewerbsvorteile.” (ah)

Beitragsbild: © unlimit3d — stock.adobe.com

Foto: Vinay Thapar / © AllianceBernstein

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