Noch ein wichtiger Vermerk für alle Kryptoinvestoren: die Haltefrist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG beginnt mit der Anschaffung der Kryptowährungen. Die Anschaffung ist ein entgeltlicher Erwerb von Kryptowährungen. Das bedeutet, dass die „eingelockten“ Kryptowährungen ab dem Zeitpunkt der Anschaffung außerhalb der Haltefrist steuerfrei veräußert werden können.Der im Juli 2020 veröffentlichte Steuer-Entwurf des Bundesfinanzministeriums hat in der deutschen Krypto-Community neue Sorge entfacht. Die neue Rechtsprechung der so komplexen Thematik „Besteuerung von Kryptowährungen“ hat statt erwünschter Erleichterungen noch mehr Fragen aufgeworfen:
- Soll ich als Staker die Haltefrist nach 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG auf zehn Jahre beachten?
- Wenn der Steuer-Entwurf zustande kommt, was mache ich mit der in Staking investierten Kryptowährungen, bei denen die Spekulationsfrist bereits abgelaufen ist? Wird diese Haltefrist „automatisch“ rückwirkend verlängert?
- Wenn ich mein Private Key zu meinem Wallet verloren habe, kann ich einen Verlust aus dem Handel von Kryptowährungen steuerlich geltend machen?
Diese Fragen tangieren nicht nur die Mitglieder der Krypto-Community und Privatinvestoren, sondern auch die Unternehmen, die Dienstleistungen im Kryptobereich für die Data-Tracking anbieten.
Die neue ertragssteuerrechtliche Behandlung von virtuellen Währungen und von Token erschwert indes, die komplexe, umfangreiche Darstellung der Transaktionen in der speziellen Software korrekt und nachvollziehbar abzubilden. Die steuerlichen Fragen im DeFi Bereich treten in Kraft, wenn die Besteuerungsgrundlagen aus technischer Sicht fehlerfrei berechnet werden können. Die noch offene Frage bezieht sich auf die Möglichkeit der automatisierten Umsetzung der Verlängerung der Haltefrist auf zehn Jahre oder aber die „rückwirkende“ Option, die ihrerseits aber noch nicht abschließend in die schon auf dem Markt bestehende Krypto-Software integriert wurde. Die Testarbeiten für die Implementierung der „neuen“ Steuerlogik in die moderne Tracking Software benötigen noch Zeit, um diese zwei parallel existierenden Welten zu verbinden.
In der Praxis sind sich die Krypto-Mandanten sehr wohl bewusst, dass derzeit ein hoher Grad an Rechtsunsicherheit und allgemeine „Missverständnis“ über die Besteuerung von Kryptowährungen besteht. Sie sind der Hoffnung, dass die steuerliche Würdigung dieser Einkunftsquelle in naher Zukunft in klaren Steuervorschriften mündet. Von unserer Seite warten wir auf die neuen Konkretisierungen vom Fiskus, die noch bestehende, offene Fragen der Besteuerung von Kryptowährungen lösen können.
Autorin: Galina Khening
Steuerassistentin
WINHELLER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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