Nachhaltigkeit bedeutet Dreiklang

Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) unterstützt ausdrücklich die Pläne der Bundesregierung, das deutsche Finanzwesen zum weltweiten Vorreiter beim Thema Nachhaltigkeit (ESG) auszubauen. „Wichtig ist dabei, diese zukunftsrelevante Thematik nicht nur auf Klimaschutzgesichtspunkte zu verengen, sondern auch soziale Aspekte sowie Fragen guter Governance in den Unternehmen in den Fokus zu rücken. Denn erst im Dreiklang dieser Faktoren kann nachhaltiges Handeln gelingen“, unterstreicht der DAV-Vorstandsvorsitzende Dr. Guido Bader anlässlich der kürzlich stattgefundenen Sitzung des Sustainable-Finance-Beirats der Bundesregierung, dessen Mitglied er auch ist.
23. April 2020
ESG
Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) unterstützt ausdrücklich die Pläne der Bundesregierung, das deutsche Finanzwesen zum weltweiten Vorreiter beim Thema Nachhaltigkeit (ESG) auszubauen. „Wichtig ist dabei, diese zukunftsrelevante Thematik nicht nur auf Klimaschutzgesichtspunkte zu verengen, sondern auch soziale Aspekte sowie Fragen guter Governance in den Unternehmen in den Fokus zu rücken. Denn erst im Dreiklang dieser Faktoren kann nachhaltiges Handeln gelingen“, unterstreicht der DAV-Vorstandsvorsitzende Dr. Guido Bader anlässlich der kürzlich stattgefundenen Sitzung des Sustainable-Finance-Beirats der Bundesregierung, dessen Mitglied er auch ist.

Um das angestrebte Ziel zu erreichen, ist nach Analyse der DAV eine deutliche Verbesserung der bisherigen Datenbasis notwendig. Dies betreffe vor allem Informationen über die Folgen des Klimawandels auf die Realwirtschaft und damit auf die Kapitalanlagen der Versicherer. „Durch die zusätzlichen Informationen können wir unsere Risikomodelle verbessern. Dies hat auch der Sustainable-Finance-Beirat erkannt und regt neue, einheitliche Berichtspflichten der Unternehmen sowie tiefgründige wissenschaftliche Studien an“, so Dr. Bader.

Zugleich warnen die Aktuar*innen aber auch vor den Schattenseiten ungebremster Investitionen in green investments. Einer immer größer werdenden Nachfrage stehe ein bisher sehr beschränktes Angebot an nachhaltigen Anlageformen gegenüber, was deren Chancen-Risiko-Profil zusehends verschlechtere. „Die Aufsicht wie die politischen Entscheidungsträger dürfen nicht zulassen, dass es zur Blasenbildung bei den green investments kommt“, skizziert Dr. Bader das Problem. Nach DAV-Analysen würde die Gefahr der Blasenbildung sogar noch verstärkt, wenn bei nachhaltigen Kapitalanlagen grundsätzlich geringere Risiken als bei konventionellen Investments unterstellt würden und daher für sie weniger Risikokapital vorzuhalten wäre. „Diese vielfach geäußerte politische Forderung widerspricht dem Solvency-II-Prinzip ‚same risk, same capital‘, das sich in den vergangenen Jahren bewährt hat“, erläutert Dr. Bader. Er sieht die Gefahr, dass aus einer Blasenbildung bei den green investments neue systemische Risiken erwachsen könnten. „Welche Ansteckungsgefahr systematische Risiken für die gesamte Finanzwirtschaft haben, erleben wir seit fast zehn Jahren hautnah durch die andauernde Tiefzinssituation.“ Diese habe als weltweite Staatsschuldenkrise begonnen und sei durch die Markteingriffe der EZB zu einer Belastung für das gesamte Finanz- und Versicherungswesen herangewachsen.

Neue Ausgabe vom „DAV-Kompass“ zum Thema Sustainable Finance erschienen

Vor welchen Herausforderungen das internationale Versicherungs- und Finanzwesen auf dem Weg zur Klimaneutralität steht, diskutieren namhafte Expert*innen in der neuen Ausgabe des „DAV-Kompass“. Darin fordert der renommierte Klimaforscher Prof. Dr. Johan Rockström vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: „Europa muss eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einnehmen, um den kohleabhängigen Schwergewichten wie China und Russland zu beweisen, dass in der Dekarbonisierung die Wettbewerbsvorteile von morgen liegen.“ Auch Dr. Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, spricht sich für deutlich mehr Engagement der Staaten und Unternehmen aus, den negativen Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen. Er kündigt in seinem Beitrag über die Sustainable-Finance-Strategie der Bundesregierung an: „Auf nationaler Ebene wird der Bund im zweiten Halbjahr zum ersten Mal ein grünes Bundeswertpapier emittieren. Geplant ist hier, regelmäßig weitere Emissionen durchzuführen und langfristig eine grüne Bund-Zinskurve zu etablieren.“

Mahnende Worte findet Frank Pierschel von der BaFin. Er appelliert an die Finanzinstitute, das Thema Nachhaltigkeit auf Vorstandsebene umfassend zu behandeln. In den gewählten Methoden werde die Aufsicht den Unternehmen größtmögliche Freiräume lassen: „Wir wollen einen prinzipienbasierten Ansatz. Es bringt nämlich nichts, wenn statische Vorgaben zu uniformierten Lösungen führen. Vielmehr soll sich die Individualität der beaufsichtigten Institute in den gewählten Ansätzen widerspiegeln“, führt der Chief Sustainable Finance Officer der BaFin aus. Genauso verlangt die EIOPA von den Einrichtungen der betrieblichen Altersver­sorgung (EbAV), sich intensiv mit Nachhaltigkeitskriterien auseinanderzusetzen und stellt ein positives Zwischenzeugnis aus. Die Mehrzahl der EbAV hätten im letzten Stresstest wider Erwarten angegeben, allen drei ESG-Faktoren bereits Rechnung zu tragen, beschreibt Sandra Hack von der EIOPA die Situation.

Selbstverständlich beschäftigen sich auch die Aktuarvereinigungen weltweit mit den Folgen des Klimawandels und bewerten unter anderem dessen potenzielle Auswirkungen auf das Risikomanagement der Versicherungsbranche. In Nordamerika und Australien wurden in den vergangenen Jahren aktuarielle Klimaindices entwickelt, um zu messen, ob sich die Häufigkeit extremer Wetterbedingungen im Laufe der Zeit ändert. Ein ähnliches Projekt wird derzeit von der europäischen Aktuarvereinigung sondiert. Eine Übersicht über die verschiedenen Projekte finden Sie am Ende des Heftes. (ah)

Foto: © wladimir1804 — stock.adobe.com

 

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter