Aktien hui, Anleihen phui. Das war einmal. Nunmehr ist auch die Assetklasse der Anleihen wieder attraktiv. In diesem Sog gewinnt Multi Asset an Strahlkraft. Doch wie definiert man gemischte Lösungen im Spätsommer 2024? Dazu, zu den Aussichten an den Märkten und zu seiner neuen Rolle sprach der II-Chefredakteur in Frankfurt mit Sebastian Kösters, CIO der EB-SIM.
INTELLIGENT INVESTORS: Einst als Anlegerlieblinge eingestuft, haben Mischfonds in der Vergangenheit ihren Nimbus als „Alleskönner“ etwas verloren. Ist denn jetzt die Zeit für ein Revival, Herr Kösters?
Sebastian Kösters: Die Vorzeichen sind gut, dass wir eine Renaissance von gemischten Portfolios erleben. Der Blick in den Rückspiegel verrät, dass in den letzten Jahren kein Weg an der Assetklasse Aktien vorbeiführte. Besser gesagt an den teilweise sehr gehypten US-Technologiewerten. Auf der anderen Seite spielten Anleihen lange Zeit keine große Rolle. Mit der Zinswende hat sich das Blatt gedreht und auch Anleihen können ein Ertragsbaustein sein. Nicht zu vergessen die Bandbreite an alternativen Anlagen. Ich bin zuversichtlich, dass Multi-Asset-Lösungen in einer fragileren Welt wieder deutlich an Zuspruch gewinnen werden.
II: Daran anknüpfend — Sie haben jüngst den EB-Sustainable Opportunities aufgelegt. Sie setzen auf ein Mehr an Flexibilität, beispielsweise auch durch die fehlende Obergrenze beim Aktienanteil. Bitte erläutern Sie kurz.
Kösters: Der neue Fonds basiert auf dem Konzept unseres defensiven Mischfonds EB-Sustainable Multi Asset Invest. Wir kombinieren eine bewährte Struktur mit einem dynamischeren Rendite-Risiko-Profil. In den vergangenen Jahren sind wir erfreulicherweise stark gewachsen und haben neuen Kundengruppen erschlossen. Jetzt gilt es, dieser neuen Klientel eine ihren Vorstellungen entsprechende Produktlösung anzubieten. Mit dem Verzicht auf eine Obergrenze für Aktien soll die Anpassung an Marktveränderungen verbessert und es möglich gemacht werden, Chancen in verschiedenen Anlageklassen besser zu nutzen. Hier greifen wir beispielsweise auf die zunehmende Attraktivität von Alternatives, den neuen Renten, zurück. Eine Assetklasse, die für unser Haus nicht neu ist und in der wir über ein tiefes Know-how verfügen.
II: In unsicheren Zeiten schlägt vermehrt die Stunde des aktiven Managements. Wie sehen Sie das aktuell?
Kösters: Insbesondere vor dem Hintergrund von erhöhten Zinsen und wachsender geopolitischer Risiken bieten sich aktiven Fondsmanagern größere Chancen, einfache Buy-and-Hold-Portfolios zu schlagen. Die richtige Asset-Mischung ist wichtiger geworden und die Renditechancen sind breiter gestreut. Das nutzen wir und sehen es als Kernaufgabe, ein Portfolio aus attraktiven Kapitalanlagen mit einem stringenten Risikomanagement zu kombinieren.
II: Sprechen wir über die Assetallokation. Sie hatten es erwähnt, in der Vergangenheit ging ohne Aktien, speziell Highflyer im Technologiebereich, wenig. Wie dünn ist dort die Luft geworden?
Kösters: Insbesondere die als Magnificent 7 bekannt gewordenen Aktien haben in der Vergangenheit eine atemberaubende Rally hingelegt. Bis vor wenigen Monaten waren diese Kurssprünge auch fundamental, d. h. durch entsprechende Gewinne, gerechtfertigt. Doch die Luft ist dünner geworden und entsprechend waren wir in den vergangenen Monaten bereits vorsichtiger positioniert. Als fundamental orientierter Investor haben wir stattdessen eine Rotation im Portfolio vorgenommen. Weniger Growth, mehr Value und Qualität. Wir sind zwar nicht komplett aus den Positionen rausgegangen, aber haben Teile der Gewinne mitgenommen und entsprechend umgeschichtet. Bedeutet, wir schauen auch mal in die zweite Reihe und haben gut positionierte, mitunter unterbewertete Aktien der Sektoren Industrieunternehmen oder Gesundheit vermehrt auf dem Radar.
II: Technologie verbinden wir regional mit den Vereinigten Staaten. Die US-Märkte sind den europäischen Pendants teilweise enteilt. Raus aus USA, rein in Europa?
Kösters: Aus fundamentaler Sicht sind europäische Small Caps günstig bewertet. Dennoch ist es nach unserer Meinung noch zu früh, um eine Übergewichtung in europäische Titel vorzunehmen. Die Strukturen und die politische Gemengelage sind auf dem alten Kontinent nicht marktförderlich. Als globaler Investor müssen wir den Blick weiten und Chancen ergreifen, die sich bieten. Nach wie vor finden wir die attraktiveren Unternehmen im direkten Vergleich oftmals in den USA.
II: Viel wurde in der jüngeren Vergangenheit einerseits über den japanischen, andererseits den chinesischen Markt gesprochen. Wie ist Ihre Meinung?
Kösters: Nach jahrzehntelangen deflationären Tendenzen hat die japanische Zentralbank erklärt, dass sie einen positiven Trend zwischen Löhnen und Preisen sieht, der den Konsum und die Investitionen weiter ankurbeln dürfte. Die stärkere Öffnung für internationale Investoren sowie die verstärkte Konzentration auf die Unternehmensführung dürften sich weiter positiv auf den heimischen Aktienmarkt auswirken. China beurteilen wir eher skeptisch und sehen andere südostasiatische Staaten im Aufwind.
II: Multi Asset verknüpfen Sie stark mit alternativen Anlagen. Können Sie das kurz erklären?
Kösters: Gerne. Alternatives können herkömmliche Anlagen ergänzen und ein Anlageportfolio weiter diversifizieren. Sie zeigen häufig eine hohe Robustheit gegenüber Kursturbulenzen an den Aktien- und Anleihemärkten und bieten zugleich interessante Renditechancen. Hier liegen Chancen für einen aktiven Asset Manager. Das sind Anlageklassen, die sich tendenziell schwieriger passiv darstellen lassen im Vergleich zu globalen Aktien oder Rentenmärkten. Und sie sind dahingehend eingängig, dass Investoren mit Themen wie Infrastruktur, Versorgungssicherheit oder Energiewende vertraut sind.
II: Herr Kösters, seit kurzem sind Sie CIO der EB-SIM und leiten das gesamte liquide Portfoliomanagement. Was haben Sie sich in Ihrer neuen Rolle auf die Fahnen geschrieben?
Kösters: Drei Aspekte sind von zentraler Bedeutung und prägen unser künftiges Handeln. Im Mittelpunkt steht, den Fokus auf unsere Kernkompetenzen zu lenken. Das sind kompetitive Angebote im Bereich Multi Asset und die dafür notwendigen Bestandteile – globale Aktien, Renten sowie Alternatives. Parallel dazu werden wir das Research ausbauen, intern und in Kooperation mit wissenschaftlichen Instituten. Außerdem möchten wir zum Thema Nachhaltigkeit mit unserem WIW-Anlagekonzept (Werte, Integration, Wirkung) noch besser und individueller auf die jeweiligen Kundenansprüche eingehen. Die Grundlagen für die nächsten Schritte wurden bereits gelegt – insofern sind wir überzeugt, diese Ziele zu erreichen.