„Managed Futures sind Quants auf Trendjagd”

Managed-Futures-Strategien haben Krieg, Inflation und steigenden Leitzinsen getrotzt und alle Erwartungen übertroffen. Dabei sind sie im Grunde nichts anderes als datenbasierte Quant-Strategien auf der Jagd nach Trends, die Futures als Instrument der Wahl nutzen. Wie Managed-Futures genau funktionieren und warum ihre größte Stärke fehlende Emotionen sind, erklärt Andrew Beer, Managing Member bei Dynamic Beta Investments, Partner im Netzwerk von iM Global Partner.
16. September 2022
Andrew Beer - Foto: © iM Global Partner

Managed-Futures-Strategien haben Krieg, Inflation und steigenden Leitzinsen getrotzt und alle Erwartungen übertroffen. Dabei sind sie im Grunde nichts anderes als datenbasierte Quant-Strategien auf der Jagd nach Trends, die Futures als Instrument der Wahl nutzen. Wie Managed-Futures genau funktionieren und warum ihre größte Stärke fehlende Emotionen sind, erklärt Andrew Beer, Managing Member bei Dynamic Beta Investments, Partner im Netzwerk von iM Global Partner.

Managed Futures haben in den vergangenen Monaten andere Assetklassen übertroffen – und das trotz Krieg, ausufernder Inflation und geldpolitischer Straffung. Was macht Managed Futures so besonders und wie funktionieren sie? Was zunächst ziemlich komplex klingt, ist eigentlich ganz einfach: Stellen Sie sich eine Computerversion von Leuten mit Aktiencharts vor, die Ihnen etwas über Ausbruchsniveaus und Preisuntergrenzen erzählen. Managed Futures und Anleger, die sich von technischen Signalen leiten lassen, haben eines gemeinsam: die Überzeugung, dass die jüngsten Kursbewegungen von Bedeutung sind – und dass Menschen, wenn es um Investments geht, emotional und, ich wage zu behaupten, ein wenig irrational sind. Eine Annahme, die die Verfechter der Effizienz des Marktes erschaudern lässt.

Quant-Strategien auf Trendsuche

So betrachtet sind (die meisten) Managed-Futures-Fonds im Grunde einfach quantitative Strategien, deren Werkzeug der Wahl Futures sind. Diese sind das liquideste und effizienteste Instrument, um auf einen steigenden (long) oder fallenden (short) Preis eines Wertpapiers zu wetten. Die Kauf- und Verkaufsentscheidungen treffen dabei Algorithmen auf Grundlage mathematischer Modelle – daher die nahe Verwandtschaft zu Quants. Und diese Modelle sind auf der Jagd nach Trends. Genauer gesagt: großen Trends bei Rohstoffen, Zinsen, Währungen und Aktien.

Dass es sich lohnen kann, einem Trend zu folgen, zeigen zahlreiche Statistiken zu den Überschussrenditen, die Quants erwirtschaften. Genaue Details zum Aufbau von Algorithmen in der Art von „Konstruktion von Strategien auf Grundlage von Zeitreihenmomentum seit 1880“ eignen sich eher als Ersatz für Einschlafpillen. Daher genügt es, wenn wir vom Hauptprinzip sprechen: Als rein statistische Akteure reagieren quantitative Strategien, anders als menschliche Investoren, völlig emotionslos – und genau das ist es, was sie so erfolgreich macht.

Managed-Futures reagieren auf frühzeitige Signale

Wie genau sich dieses unterschiedliche Investitionsverhalten auswirkt, zeigt ein Blick auf die jüngere Geschichte: Es ist Januar 2021 und der legendäre Makro-Investor Stan Druckenmiller ruft die Rückkehr der Inflation aus. Ein paar andere Leute sehen diese Entwicklung ebenfalls, die Geschichte wird bekannt und die Preise beginnen, sich zu bewegen – ein wenig. Dennoch weist ein Großteil der Investoren die Meldung zurück. Viele Asset Manager haben sich an der These „niedrige Zinsen für immer“ festgebissen, ihre Portfolios darauf ausgerichtet und ihren Kunden dasselbe erzählt. Eine einzige Aussage ist nicht genug, um dieses Paradigma abzulösen. Allmählich häufen sich jedoch die Daten, die belegen: Die Inflation steigt. Dennoch halten Investoren immer noch am Argument fest, die Inflation sei „vorübergehend“. Unterdessen greifen Managed Futures diese schwachen Signale bereits auf und beginnen, sich entsprechend zu positionieren.

Irgendwann kommt dann eine Phase, in der sich die Marktpropheten gegenseitig zu überbieten suchen. Die Medien stürzen sich auf einige wenige Einzelstimmen. Druckenmillers „vielleicht 4–5 Prozent“ ist schon seit Mai Schnee von gestern – schließlich hat ein anderer Genosse bereits 6 Prozent vorausgesagt. Höre ich 10 Prozent? Jede noch extremere Vorhersage erhält ihren Platz in der Berichterstattung. Das Trommelfeuer treibt Millionen von Anlegern dazu, die Erwartungen immer weiter nach oben zu schrauben – manchmal viel weiter, als es die Fundamentaldaten rechtfertigen. Zahlen, die vor einem Jahr noch als „unmöglich“ galten, sind jetzt „konservativ“. In der Zwischenzeit ziehen die Managed-Futures-Fonds mit und positionieren ihre Portfolios entsprechend den Daten, die sie erhalten.

Natürlich wird der Trend irgendwann gebrochen: Er geht entweder zurück oder erfährt eine scharfe Umkehrung. Und an dieser Stelle passt ironischerweise Warren Buffetts Kritik an den meisten Anlegern sehr gut: Sie schneiden ihre Blumen und gießen ihr Unkraut – kurzum: Sie verdoppeln die jüngsten Verluste, beschneiden die jüngsten Erfolge und ignorieren die Trends. Managed-Futures-Fonds tun genau das Gegenteil: Wenn der Trend vorbei ist, ziehen sie einfach weiter. Darin liegt der große Vorteil des Roboter‑, also der Quant‑, Teils der Strategien: Die Modelle haben keine Angst davor, Gewinnaussichten wieder abzugeben, einen Verlust hinzunehmen und eine Niederlage einzugestehen. Sie neigen dazu, Gewinner laufen zu lassen, weil sie gewinnen, und sich von Verlierern schnell zu trennen, weil sie eben nicht mehr gewinnen – völlig kalt und emotionslos.

Bei Marktverschiebungen im Vorteil

So betrachtet lieben Managed-Futures-Fonds einen Regime­wechsel, bei dem wir einen alten Konsens gegen einen neuen austauschen. Dann passiert das Unerwartete – und zwar häufig. Beste Beispiele sind die Dotcom-Krise, die Welt­wirtschaftskrise ab 2007 oder die letzten anderthalb Jahre: Die Inflation steigt von Null auf fast 10 Prozent, Rohöl steigt in wenigen Monaten von einem Minus auf 120 Dollar, wichtige Währungen stürzen ab wie seit 20 Jahren nicht mehr. Natürlich liegen Managed-Futures nicht immer richtig: Die Märkte lieben heftige Umschwünge und Signale erweisen sich manchmal als falsch. Aber das ist bei jeder Anlagestrategie so. Der Schlüssel liegt also darin, die Möglichkeiten zu verstehen, die sich aus veränderten Marktbedingungen ergeben.

Nach einem Jahrzehnt mit extremem Rückenwind sehen sich die Märkte nun mit Gegenwind durch eine straffere Geldpolitik, Deglobalisierung und den Kalten Krieg 2.0 konfrontiert. Keiner von uns weiß genau, wie sich das alles entwickelt, aber es scheint eine gute Wette zu sein, dass sich der Marktkonsens weiter verschieben und es weiterhin Überraschungen geben wird. Das ist genau das Umfeld, in dem Managed Futures ihre vollen Stärken ausspielen können – ohne Emotionen und die Angst, mental bereits verbuchte Gewinne liegen zu lassen.

Gastbeitrag von Andrew Beer, Managing Member bei Dynamic Beta Investments, Partner im Netzwerk von iM Global Partner

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