Längst kein Nischensegment mehr

Hochzinsanleihen sind Anleihen mit einem Rating unter BBB-. Höher geratete Anleihen werden als Investment-Grade-Anleihen bezeichnet. Das Rating bezieht sich auf die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Anleihe. Je risikoreicher ein Papier eingestuft wird, desto höher auch die Kupons (also die Zinsen), die auf diese Papiere gezahlt werden. Alexis Renault, Globaler Leiter High Yield bei ODDO BHF Asset Management, erläutert im Interview, warum es ausgerechnet aktuell Sinn macht, in Hochzinsanleihen zu investieren und was es insgesamt zu bedenken gilt.
29. März 2023
Alexis Renault, Globaler Leiter High Yield bei ODDO BHF Asset Management

Hochzinsanleihen sind Anleihen mit einem Rating unter BBB-. Höher geratete Anleihen werden als Investment-Grade-Anleihen bezeichnet. Das Rating bezieht sich auf die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Anleihe. Je risikoreicher ein Papier eingestuft wird, desto höher auch die Kupons (also die Zinsen), die auf diese Papiere gezahlt werden. Alexis Renault, Globaler Leiter High Yield bei ODDO BHF Asset Management, erläutert im Interview, warum es ausgerechnet aktuell Sinn macht, in Hochzinsanleihen zu investieren und was es insgesamt zu bedenken gilt.

INTELLIGENT INVESTORS: Herr Renault, ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um in Anleihen zu investieren?
Alexis Renault: Ich arbeite seit 22 Jahren als Rentenfondsmanager, in dieser Zeit gab es kaum bessere Möglichkeiten, um mit Anleihen Geld zu verdienen als heute. Unabhängig von der Bonität mussten Anleger noch 2022 deutliche Verluste hinnehmen. Mit den steigenden Zinsen weisen Unternehmensanleihen nun aber wieder attraktive Bewertungen auf. Bei Hochzinsanleihen sehen wir aktuell Renditen von 8 oder 9 %, davon konnte man in den vergangenen zehn Jahren nur träumen.

II: Aber haben die hohen Renditen nicht einen berechtigten Grund? Es wird in breiten Kreisen eine Rezession erwartet, welche die Gefahr höherer Ausfallraten birgt.
Renault: Das ist richtig. Allerdings weiß niemand, wie stark die Rezession ausfallen wird, weshalb der Markt das Worst-Case-Szenario für die kommenden Monate einpreist. Der High Yield Markt antizipiert solche Entwicklungen sehr zuverlässig und früh. Das haben wir auch schon im März 2020 gesehen. Damals waren die Spreads ähnlich hoch wie heute. Angenommen wurde eine Kreditausfallrate von 12 %. Tatsächlich ausgefallen sind aber nur rund 6 %. Die meisten Krisen verlaufen nach diesem Muster. Zunächst herrscht Panik, dann normalisiert sich der Markt. Während der Panik steigen die Renditen schnell an. Wenn das Gros der Investoren merkt, dass es doch nicht so schlimm kommt wie befürchtet, sinken die Renditen wieder. Deshalb ist der Anfang einer Krise der beste Zeitpunkt für Investitionen in Hochzinsanleihen. Historisch betrachtet waren die Spreads im 1. Quartal einer Rezession am höchsten.

II: Warum ausgerechnet Hochzinsanleihen?
Renault: Hochverzinsliche Anleihen werden von vielen Anlegern allgemein als riskante Anlageklasse angesehen. Doch sie sind längst kein Nischensegment mehr. Der Markt für Euro Hochzinspapiere umfasst über 350 Emittenten und ein Gesamtvolumen von aktuell mehr als 350 Mrd. Euro. Er dürfte in Zukunft noch wachsen, da sich immer mehr Unternehmen am Anleihemarkt finanzieren. High Yield-Anleihen bieten nach unserer Einschätzung gerade in einem Umfeld mit steigenden Zinsen ein besseres Chance-Risiko-Profil als Investment-Grade-Anleihen. In der Regel weisen sie eine geringere Duration auf als andere Anleihen und reagieren daher weniger heftig auf steigende Zinsen. Außerdem lässt sich mit der Anlageklasse ein Portfolio sehr gut diversifizieren. Hochzinsanleihen korrelieren nur in geringerem Maße mit Aktien, und die Korrelation mit Staatsanleihen liegt sogar bei nahezu null. Dies liegt daran, dass die Rendite einer Hochzinsanleihe im Wesentlichen durch die Risikoprämie bestimmt wird, die von der Fähigkeit des Unternehmens abhängt, seine Schulden zu bedienen. Zusammengefasst: Hochverzinsliche Anleihen sind eine unverzichtbare Anlageklasse in den Portfolios der Anleger, ebenso wie Aktien, Staatsanleihen und Investment-Grade-Anleihen.

II: Wie riskant sind Hochzinsanleihen im Vergleich zu Aktien?
Renault: Sie sind weniger riskant und gerade in Krisenzeiten widerstandsfähiger als Aktien. Das lässt sich unter anderem an den Volatilitäten und den maximalen Kursverlusten festmachen. Mittel- bis langfristig ist die Volatilität am High Yield-Markt geringer als bei Aktien. Ein Grund dafür ist, dass die High Yield-Anleihen eines Unternehmens in der Kapitalstruktur Vorrang vor dem Eigenkapital haben. Mit anderen Worten: Im Konkursfall profitiert der Anleihegläubiger von einer höheren Rückzahlungsrate als der Aktionär. Die Volatilität von Euro-Aktien war in den vergangenen 20 Jahren etwa doppelt so hoch wie die von Euro-High-Yield-Bonds. Bezüglich der Kursverluste ließ sich zuletzt beobachten: während Aktien um bis zu 20 oder 30 % gefallen sind, haben die schlechtesten High Yield-Fonds im letzten Jahr vielleicht 15 % verloren. Außerdem hat man in den letzten zehn und 20 Jahren gesehen, dass sich mit Euro-Hochzinsanleihen eine höhere risikoadjustierte Rendite erzielen ließ als mit Aktien. Anleger sollten aber beachten, dass die vergangene Performance kein Indikator für die zukünftige Wertentwicklung ist und keine Garantie für einen Erfolg in der Zukunft bietet.

II: Was kann dazu beitragen, die Volatilität weiter zu reduzieren?
Renault:
Zunächst ist die Diversifikation über Sektoren und Emittenten wichtig. Daneben kann man auf Anleihen mit kurzen Laufzeiten setzen. Das macht die Papiere weniger anfällig für Zinsveränderungen im Markt. Außerdem hilft es, die Anleihen bis zum Laufzeitende zu halten. Auf Portfolioebene lässt sich das mit einem Laufzeitfonds erreichen. Damit erhalten Anleger eine diversifizierte Anlage und gleichzeitig ein hohes Maß an Transparenz über die Renditeerwartungen. Die Volatilität von Anleihen sinkt zum Ende der Laufzeit und zwischenzeitliche Kursschwankungen spielen somit eine geringere Rolle. Ein weiter Punkt ist, dass man sich auf eher Bonitäten von BB aufwärts konzentrieren sollte. Das verringert das Ausfallrisiko.

II: Was sollte man noch beachten, wenn man in Hochzinsanleihen investieren möchte?
Renault: Hochzinsanleihen sind eine wichtige Anlageklasse für Anleger. Trotzdem gilt – wie bei anderen Anlageklassen – das Risiko eines Kapitalverlustes. Für den Anlageerfolg ist ein stringenter Investmentansatz entscheidend, der auf mehreren Säulen beruht. Erstens muss eine fundamentale Kreditanalyse zur Bewertung der Qualität eines Unternehmens und seiner Fähigkeit, Schulden zu bedienen, vorgenommen werden. Zweitens sollte ein gut diversifiziertes Portfolio mit mehr als hundert Emittenten aus verschiedenen Wirtschaftszweigen aufgebaut werden. Und drittens muss die Qualität des Portfolios konstant aufrechterhalten werden – im Zweifel auch durch Verkäufe. Hier muss man sehr diszipliniert sein und frühzeitig reagieren, um potenzielle Verluste zu vermeiden. Dafür muss jede Verschlechterung bei der Qualität der ausgewählten Unternehmen antizipiert werden.

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