Japanische Mehrfamilienhäuser — eine gute Investmentoption für ertragsorientierte deutsche Investoren

Im Zuge der COVID-19-Pandemie rückt der Mehrfamilienhaussektor verstärkt in den Investorenfokus. Im Vergleich zu Gewerbeimmobilien bieten Mehrfamilienhäuser nach Einschätzung vieler Investoren einen stabilen und langfristigen Ertragsfluss. Dies ist unter anderem auf unterschiedliche wirtschaftliche, demografische und regulatorische Faktoren zurückzuführen. Angesichts der Bedeutung von Wohnimmobilien für die breite Bevölkerung müssen zudem soziale und politische Aspekte berücksichtigt werden, die über wirtschaftliche Fundamentaldaten hinausgehen.
30. März 2021
Matthias Düsing (li.) und Benedict Lai (re.) - Foto: Savills Investment Management

Im Zuge der COVID-19-Pandemie rückt der Mehrfamilienhaussektor verstärkt in den Investorenfokus. Im Vergleich zu Gewerbeimmobilien bieten Mehrfamilienhäuser nach Einschätzung vieler Investoren einen stabilen und langfristigen Ertragsfluss. Dies ist unter anderem auf unterschiedliche wirtschaftliche, demografische und regulatorische Faktoren zurückzuführen. Angesichts der Bedeutung von Wohnimmobilien für die breite Bevölkerung müssen zudem soziale und politische Aspekte berücksichtigt werden, die über wirtschaftliche Fundamentaldaten hinausgehen.

Im regionalen Vergleich weisen die größten Mehrfamilienhausmärkte in Europa und Asien, Deutschland und Japan, Gemeinsamkeiten auf: Hohe wirtschaftlich bedingte Zuwanderung als Nachfragetreiber bei Mehrfamilienhäusern, geringe Arbeitslosigkeit und Niedrigzinsumfeld.

Die Markttiefe und das Interesse institutioneller Investoren am Mehrfamilienhaussektor lässt sich auch daran ablesen, dass beide Länder jeweils den höchsten Anteil dieses Sektors am Investitionsvolumen in Asien bzw. Europa aufweisen (Abb. 1).

Abbildung 1: Anteile am Investitionsvolumen je Region 2020

Quellen: RCA (März 2021), Savills IM

Japan ist der größte Markt für Mehrfamilienhäuser in der Region Asien-Pazifik mit einem Anteil von 70 % am gesamten Transaktionsvolumen seit 2007. Japanische Mehrfamilienhäuser machen zudem 15 % der von börsennotierten und privaten REITS verwalteten Vermögen (AUM) aus.

In beiden Ländern wohnen große Bevölkerungsteile im Mietverhältnis in Mehrfamilienhäusern, was insbesondere für die jeweiligen Metropolregionen gilt.

Die Metropolregion Tokio, die die Präfekturen Tokio, Kanagawa, Saitama und Chiba umfasst, ist mit über 36 Millionen Einwohnern, die mehrheitlich zur Miete wohnen, das größte städtische Ballungsgebiet der Welt. Im weltweiten Vergleich sind auch die japanischen Regionalstädte (Osaka, Nagoya) eher groß.

Laut MSCI belief sich das investierbare Anlageuniversum im japanischen Mehrfamiliensektor im Jahr 2019 auf 166 Mrd. USD. Zum Vergleich: Das investierbare Anlageuniversum auf dem deutschen Mehrfamilienhausmarkt belief sich 2019 auf 81 Mrd. USD.

Das schiere Marktvolumen und die zugrundeliegenden Markttreiber in Kombination mit einem anhaltend niedrigen Zinsniveau machen Mehrfamilienhäuser zu einem attraktiven Investitionsziel für internationale Investoren, die einen stabilen Ertragsfluss anstreben.

Daher eignen sich Investitionsstrategien mit Fokus auf Mehrfamilienhäuser besonders für institutionelle Anleger mit langfristigem Core-Investmentansatz. Auch wegen der COVID-19-Pandemie zeigen Investoren ein erhöhtes Interesse an Mehrfamilienhäusern, wie aus Studien von INREV und ANREV zu den Investitionsvorhaben von Investoren im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr hervorgeht.

Mehrfamiliensektor in Japan und Deutschland: Gemeinsamkeiten …

Wie bereits erwähnt, weisen die Mehrfamilienhausmärkte in beiden Ländern ähnliche Eigenschaften hinsichtlich ihrer positiven Fundamentaldaten auf. In der Metropolregion Tokio liegt die Mieterquote bei etwa 55 % und in Deutschland bundesweit bei 56 %, in Großstädten wie Berlin, München und Hamburg noch deutlich höher.

Trotz des rückläufigen Bevölkerungswachstums in Deutschland und Japan steigt die Zahl der Haushalte aufgrund kleinerer Familiengrößen. Ein weiterer Nachfragetreiber ist die arbeitsbedingte Nettomigration (aus dem Inland und Ausland) in die Metropolregion Tokio und in die deutschen Großstädte.

Angesichts dieser Parallelen überrascht es kaum, dass beide Märkte in den letzten Jahren hohe Investitionsvolumina im Mehrfamiliensektor auf sich vereinen konnten.

… und Unterschiede

International tätige Immobilieninvestoren verfolgen die unterschiedlichsten Ansätze und Ziele. Grundsätzlich können sie jedoch in zwei Kategorien eingeteilt werden: Ertragssteigerer (Jagd nach höheren Renditen im Vergleich zum Heimatmarkt) und Risikominimierer (Diversifikation aufgrund ineffizienter Ertrags- und Preisbedingungen im Heimatmarkt).

Ein Vergleich der aktuellen Marktbedingungen und Einflussfaktoren zeigt auf, warum deutsche Investoren zunehmend Interesse am japanischen Mehrfamilienmarkt haben.

  1. Mietregulierung in Deutschland

Aufgrund der seit mehreren Jahren rasant steigenden Immobilien- und Mietpreise in Berlin infolge eines enormen wirtschaftlichen Aufschwungs hat sich die Stadt zu einem der dynamischsten Immobilienmärkte der Welt entwickelt. Laut Empirica ist das Mietniveau in Berlin in den letzten fünf Jahren um 30 % gestiegen. Dies entspricht der doppelten Steigerungsrate, die im selben Zeitraum in London verzeichnet wurde. In den letzten zehn Jahren sind die Mieten in Berlin um mehr als 75 % gestiegen. Während die Durchschnittsmiete weiterhin deutlich unter dem Niveau anderer europäischer Hauptstädte liegt, sorgen steigende Lebenshaltungskosten für eine zunehmende Belastung in einer Stadt, die ein relativ niedriges Durchschnittseinkommen, einen ausgelasteten Bestand an Sozialwohnungen und einen Mieteranteil von über zwei Drittel der Gesamtbevölkerung aufweist.

Vor diesem Hintergrund hat die Stadt Berlin ein fünfjähriges Mietmoratorium und einen Mietendeckel von 9,80 EUR/m² im Monat für Gebäude mit Baujahr vor 2014 ab Ende 2020 beschlossen. Das politische Risiko durch die Einführung ähnlicher Mietpreisregulierungen besteht jedoch auch in anderen deutschen Städten. Dies hätte Auswirkungen auf die zukünftige Mietpreisentwicklung, Ertragserwartungen und Immobilienbewertungen und somit auf die Performance deutscher Mehrfamilienhausportfolios.

Im Gegensatz dazu stellt der Mehrfamilienhaussektor in Japan aufgrund einer stabilen Renditeentwicklung und hoher risikobereinigter Erträge eine attraktive Alternative dar. Dies zeigt sich auch an der Beliebtheit von Mehrfamilienhäusern unter japanischen Inlandsinvestoren und Kreditgebern sowie am beträchtlichen grenzüberschreitenden Transaktionsgeschehen (insbes. größere Deal-Volumen).

Im Vergleich zum deutschen Markt ist der japanische Mehrfamilienhaussektor nicht im gleichen Ausmaß von staatlichen Regulierungsmaßnahmen betroffen. In Tokio sind die Mieten für Mehrfamilienimmobilien seit 2013 zwar kontinuierlich gestiegen, liegen jedoch noch 5 % unter dem Höchststand aus dem Jahr 2008. Im Vergleich zum Berliner Markt sind die Mieten in Tokio relativ erschwinglich. Aufgrund der genannten positiven Fundamentaldaten ist jedoch auch hier ein nachhaltiger Aufwärtstrend zu verzeichnen.

  1. Höhere Erträge und Rendite-Spreads gegenüber risikolosen Zinssätzen in Japan

Ertragsorientierte Investoren sollten ihr Hauptaugenmerk stets auf Investitionen mit einem stabilen Ertragsfluss richten. Deutsche Core-Investoren würden von Investitionen in japanische Mehrfamilienhäuser profitieren, da das Renditeprofil für Investitionen in deutsche Wohnimmobilien von einer starken Renditekompression gekennzeichnet ist.

Die Marktbedingungen in Japan kommen dem konservativen Investmentansatz deutscher institutioneller Investoren mit Fokus auf einen langfristigen Ertragsfluss entgegen. Selbstverständlich sollte jeder rationale Investor mit langfristiger Investmentperspektive die Risikoprämie bei Auslandsinvestitionen kritisch hinterfragen.

Der Blick auf die Ausschüttungsrendite zeigt, dass japanische Mehrfamilienhäuser stets eine höhere Risikoprämie gegenüber dem risikofreien Zinssatz (Staatsanleihe) bieten (Abb. 2). Im vergangenen Jahrzehnt (2010–2019) bot der japanische Mehrfamilienhaussektor einen relativ hohen durchschnittlichen Rendite-Spread von knapp 480 Basispunkten. Zum Vergleich: Deutsche und US-amerikanische Mehrfamilienhäuser bieten einen Rendite-Spread von 280 bzw. 200 Basispunkten.

Abbildung 2: Risikoprämien ggü. risikofreiem Zinssatz im deutschen bzw. japanischen Mehrfamilienhaussektor (Basispunkte)

 Quellen: MSCI (März 2021), OECD (März 2021), Savills IM

Fazit

Deutsche Investoren mit einem langfristigen ertragsorientierten Investmentansatz streben nach internationaler Diversifizierung, um risikobereinigte Erträge bei einem möglichst geringen Risiko zu erzielen. Weltweit investieren immer mehr Anleger in Mehrfamilienhäuser und auch für deutsche Core-Investoren stellen japanische Wohnimmobilien aufgrund ihrer Stabilität, des Mietsteigerungspotenzials und der positiven Fundamentaldaten eine attraktive Investment-Alternative dar. Gerade hinsichtlich der realen Erträge und der Risikoprämie im Vergleich zum deutschen und US-amerikanischen Markt verdienen japanische Mehrfamilienhäuser erhöhte Aufmerksamkeit.

Autoren: Benedict Lai, Research Manager Asia-Pacific und Matthias Düsing, Senior Research Analyst Europe bei Savills Investment Management

Matthias Düsing (li.) und Benedict Lai (re.) — Foto: Savills Investment Management

 

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