Investieren in Energie, aber wie?

Aktien von Energieunternehmen waren im Jahr 2022 einer der wenigen sicheren Häfen für Investoren. Vor dem Hintergrund der Energieengpässe und den stark gestiegenen Preisen sind Bedenken vor politischen und regulatorischen Eingriffen, Risiken und Herausforderungen des Klimawandels in den Hintergrund gerückt. Mit Blick auf die kommenden Jahre gewinnen diese Aspekte aber wieder an Gewicht.
21. Dezember 2022
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Zukunftsbereiche: langfristige Chancen, kurzfristige Risiken

Viele Investoren suchen deshalb nach Zukunftsbereichen im Energiesektor. Die Erneuerbaren Energien sind dabei naheliegend. Denn ihr Anteil am Strom- und Energiemix muss und wird weiter stark steigen. Problematisch ist allerdings auch hier die starke und volatile Regulierung und die auch deshalb noch unklare künftige Marktstruktur. Geschäftsmodelle mit strategischen Wettbewerbsvorteilen sind noch schwer auszumachen. Eine perspektivisch dominante Rolle kommt in jedem Fall der Netzinfrastruktur zu. Denn mit dem verstärkten Einsatz Erneuerbarer Energien wird die Energieerzeugung einerseits weiter dezentralisiert werden. Andererseits werden neue große zentrale Erzeugungsanlagen errichtet, die einen größeren Abstand zu energieintensiven Endabnehmern aufweisen. Das gilt in besonderem Maße für Offshore-Windparks. Neben dem Ausbau und Betrieb der Netze verspricht damit die intelligente Steuerung der Energieflüsse auf diesen Netzen erhebliches Potenzial für Effizienzgewinne. Gleiches gilt für die Entwicklung und Anbindung von Energiespeichern. Die Herstellung von grünem Wasserstoff nimmt dabei eine zentrale Rolle ein und wird vor allem in Regionen mit einem hohen Anteil Erneuerbarer Energie erfolgen. Damit eröffnet sich für Investitionen in nationale Energiesysteme die Möglichkeit einer regionalen Diversifikation. Attraktiv sind die Infrastruktur- und Netzbereiche auch deshalb, da sie eine starke Tendenz zur Ausbildung von Monopolen oder Oligopolen aufweisen. Investitionsmöglichkeiten bieten dabei nach wie vor auch traditionelle Rohstoffe, die für den Auf- und Ausbau dieser Anlagen notwendig sind.

Alternativen: Diversifikation über Regulierungsdividenden und Katastrophenanleihen

Alternative Möglichkeiten, Chancen und Risiken des Klimawandels sowie der Transformationsprozesse zu berücksichtigen, sind der europäische CO2-Zertifikatehandel (ETS) oder auch Katastrophenanleihen (CAT-Bonds). Der ETS-Handel beruht darauf, dass der Betreiber einer erfassten Anlage für jede Tonne emittiertes CO2 ein gültiges Zertifikat vorlegen muss und es nur eine begrenzte und abnehmende Menge an neuen Zertifikaten pro Jahr gibt. Die Zertifikate sind unbegrenzt gültig und handelbar, dadurch bildet sich der Marktpreis. Auch am ETS- Markt ist der staatliche Einfluss hoch. Positiv ist aber, dass sich der CO2-Preismechanismus als zentrales Instrument etabliert hat, um das Problem der zeitlichen Inkonsistenz von klimapolitischen Ankündigungen und deren Umsetzung zu begrenzen. Mittelfristig führt an höheren CO2-Preisen deshalb wohl kein Weg vorbei. So gehen die Schätzungen am Markt und der Politik von einer deutlichen Reduktion der Emissionsobergrenzen in allen Sektoren und dadurch einer Zielspanne für den Preis im Bereich von 100 bis 180 Euro je Tonne aus, um die Klimaziele zu erreichen. Derzeit liegt der Preis bei etwa 75 Euro. Investoren haben die Möglichkeit, von dieser Regulierungsdividende zu profitieren. Die Nutzung von CO2-Zertifikaten als generelles Instrument zur Reduktion von Volatilität und Risiko im Portfolio wird aber überschätzt. Vielmehr sollte ein Engagement als explizite Absicherung von Portfolien gegen Klimarisiken bewertet werden. Ähnlich wie bei traditionellen Energieunternehmen ist der zeitliche Horizont aber zentral. Denn mit der zunehmenden Nutzung Erneuerbarer Energien wird die Zertifikate-Nachfrage perspektivisch zurückgehen. Eine fallende Nachfrage führt in den Folgejahren zwar zu einer stärkeren Verknappung des Angebots an Zertifikaten. Am Ende stellt sich aber natürlich die Frage, wie hoch der Preis in einer klimaneutralen Welt noch sein wird. Bis dahin bietet der Markt eine alternative Möglichkeit, über eine Regulierungsdividende vom stark politisch dominierten Energiemarkt zu profitieren. Am anderen Ende des Spektrums alternativer Anlagen in diesem Bereich stehen CAT- Bonds, mit denen auf das Ausbleiben von großen Schadensereignissen und damit indirekt auf ein Gelingen der Energiewende gesetzt werden kann.

Fazit

Für Engagements im Energiebereich bieten sich Investoren also eine Reihe von Optionen. Die größte Herausforderung besteht darin, dass der staatliche und politische Einfluss in allen Bereichen hoch ist und weiter steigen dürfte. Das spricht für eine anhaltend hohe Volatilität von Preisen, Kursen und Renditen. Gerade für mittelfristig orientierte Anleger kann deshalb eine Fokussierung auf Geschäftsmodelle naheliegend sein, die von den diskutierten preislichen und regulatorischen Risiken gerade besonders wenig betroffen sind. Prominente Beispiele finden sich u. a. im Technologiesektor.

Autor: Dr. Johannes Mayr
Chefvolkswirt
Eyb & Wallwitz

Pages: 12

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