Inverse Zinsstrukturkurve – Prophet oder Auslöser einer US-Rezession?

„Wir erleben derzeit ein seltenes Phänomen: Langlaufende US-Staatsanleihen bieten eine niedrigere Rendite als Kurzläufer. So invers war die Zinsstrukturkurve seit mehr als 40 Jahren nicht mehr“, beobachtet Philip Bold, Portfolio Manager bei ETHENEA Independent Investors S.A. Die Differenz beispielsweise zwischen den Renditen 10-jähriger und 3-monatiger US-Staatsanleihen fiel im März 2023 auf ein zwischenzeitliches Tief von –133 Basispunkten. „Das ist – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht normal. Eine normale Zinsstrukturkurve hat eine positive Steigung: Je länger die Laufzeit, desto höher die Rendite“, ordnet Bold ein. 
24. April 2023
Philip Bold - Foto: © ETHENEA

„Wir erleben derzeit ein seltenes Phänomen: Langlaufende US-Staatsanleihen bieten eine niedrigere Rendite als Kurzläufer. So invers war die Zinsstrukturkurve seit mehr als 40 Jahren nicht mehr“, beobachtet Philip Bold, Portfolio Manager bei ETHENEA Independent Investors S.A. Die Differenz beispielsweise zwischen den Renditen 10-jähriger und 3‑monatiger US-Staatsanleihen fiel im März 2023 auf ein zwischenzeitliches Tief von –133 Basispunkten. „Das ist – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht normal. Eine normale Zinsstrukturkurve hat eine positive Steigung: Je länger die Laufzeit, desto höher die Rendite“, ordnet Bold ein. 

Inversion am Anleihenmarkt als Indikator für eine US-Rezession

Dass es sich derzeit umgekehrt – also invers – verhalte, deutet laut dem Portfolio Manager darauf hin, dass die Akteure am Anleihenmarkt nicht daran glaubten, dass das derzeit hohe Zinsniveau langfristig Bestand haben werde. Sei es aufgrund der Erwartung eines Rückgangs der Inflation und/oder eines rückläufigen Wirtschaftswachstums. Die mögliche Ursache in der Erwartung einer verlangsamten Wirtschaftsentwicklung mache die Inversion der Zinsstrukturkurve zu einem viel beachteten Indikator für eine bevorstehende Rezession. „Seit den 1960er-Jahren ist jedenfalls allen Rezessionen in den USA eine inverse Zinsstrukturkurve vorausgegangen. Die Vorhersagekraft ist also sehr gut“, erläutert der Portfolio Manager.

Selbsterfüllende Prophezeiung? Inversion verstärkt Rezessionstendenz

Allerdings gebe es auch einen realwirtschaftlich-kausalen Aspekt, denn die positive Steigung der Zinsstrukturkurve ist die Grundlage des Kreditgeschäfts: Banken leihen sich kurzfristig (und günstig) Geld, um es langfristig (zu höheren Zinsen) zu verleihen – die sogenannte Fristentransformation. „Eine inverse Zinsstrukturkurve macht die langfristige Kreditvergabe unattraktiv und bremst Kreditwachstum sowie Investitionen. Dies sind klassische Merkmale einer Rezession“, so der Anlageexperte. Das bedeutet im Klartext: „Der Anleihenmarkt hat nicht nur eine prophetische Stärke, er leistet selbst-erfüllend einen Beitrag zur Rezession.“

Die gegenwärtig inverse Zinsstrukturkurve habe bereits realwirtschaftliche Schäden verursacht, führt ETHENEA-Portfolio-Manager Bold aus: „Das haben die jüngsten Pleiten kleinerer US-Geschäftsbanken eindrucksvoll gezeigt. Ob die Inversion auch dieses Mal Recht behält, und eine Rezession folgt, wird sich zeigen.“ Der Blick in die Vergangenheit zeige auch: „Es gab in der Historie vereinzelt auch sogenannte ‚False Positives‘ – also Fälle, in denen es zwar zu einer Inversion, aber nicht zu einer anschließenden Rezession kam.“

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