Real Estate Private Debt gewinnt immer mehr an Bedeutung – sowohl als Finanzierungsquelle für Projektentwicklung und andere Immobilienbestandshalter als auch als Investment für institutionelle Investoren. Prognosen für 2025 zeigen, dass das Segment weiterwachsen wird. Aktuell favorisieren Investoren so genannte Whole-Loan-Strategien, die Renditen von 6,5 bis 8,5 % IRR bieten und regulatorische Vorteile aufweisen.
Real Estate Debt wird in speziellen Finanzierungssituationen wie Projektentwicklungen, Umnutzungen und ESG-Optimierungen eingesetzt, während langfristige Bestandsphasen weniger im Fokus stehen. INTELLIGENT INVESTORS sprach Ende Oktober mit Uwe Janz, Leiter Treasury & Private Debt bei der INTREAL und Manuel Köppel, Geschäftsführer der BF.capital.
INTELLIGENT INVESTORS: Herr Janz, vielleicht können Sie zunächst einmal den Begriff Real Estate Private Debt definieren?
Uwe Janz: Private Debt ist die Bereitstellung von Fremdkapital durch Nicht-Banken und ohne Einbeziehung des Kapitalmarktes – daher private. Das Segment ist in der angelsächsischen Welt schon lange etabliert. Deutschland hinkte hier – bedingt durch die starke Stellung und die große Anzahl der Banken – immer etwas hinterher. In den letzten Jahren ist der Nicht-Banken-Markt immer stärker gewachsen.
II: Was ist der Grund für diese Verschiebung hinzulande?
Manuel Köppel: Haupttreiber der Entwicklung ist die Bankenregulierung der vergangenen Jahre. Die Banken haben immer strengere Auflagen. Hinzu kamen verschiedene Krisen – beispielsweise Corona oder der Ukraine-Krieg. Beide Entwicklungen zusammen haben dazu geführt, dass die Banken restriktiver agieren. Die Banken haben also eine Lücke frei gemacht und diese Lücke können alternative Finanzierer zumindest teilweise schließen.
II: Was erwarten Sie 2025 für das Real-Estate-Private-Debt-Segment?
Janz: Der Rückzug der Banken hält an. Dies ist einer der Gründe, weshalb wir 2024 steigende Mittelzuflüsse in das Segment erwarten. Auch Zahlen der INREV untermauern diese Erwartung: Im Rahmen der Investment Intentions Survey 2023 gaben fast 80 % der Investoren an, ihre Real-Estate-Debt-Allokation ausbauen zu wollen. Damit war Debt innerhalb aller Immobilienanlagen das Segment, das laut INREV am stärksten wachsen wird.
II: Haben Sie Zahlen, die den Finanzierungsbedarf illustrieren?
Janz: Ich erwarte eine deutliche Refinanzierungslücke bei auslaufenden gewerblichen Immobilienkrediten in den kommenden Jahren in Europa. Die Kanzlei Macfarlanes beziffert das Volumen auslaufender gewerblicher Immobilienkredite auf 150 Mrd. Euro allein für 2025. Laut einer Studie von CBRE gelten davon knapp 40 Mrd. Euro als refinanzierungsgefährdet. Von 2024 bis 2027 ergibt sich laut Studie eine Refinanzierungslücke in Europa von 176 Mrd. Euro. Dies stellt für alternative Kreditgeber – wozu Kreditfonds zählen – eine potenzielle Chance dar, institutionellen Kunden Restrukturierungslösungen anzubieten. Ich erwarte zudem bei den Banken eine Zunahme sogenannter Non Performing Loans (NPL).
II: Blicken wir auf die deutschen Institutionellen: Welche Rolle spielt Real Estate Debt da in den Portfolios?
Köppel: Ich schätze den Anteil von Real Estate Debt in deutschen institutionellen Portfolios auf etwa 1,0 %. Bei den Real-Estate-Debt-Engagements hat es in den vergangenen zwei Jahren kaum Bewegung gegeben. Es kam allerdings zu passiven Veränderungen – beispielsweise durch Rückführungen von Darlehen oder Bewertungseffekte.
II: Das spiegelt vermutlich die Immobilienkrise der letzten beiden Jahre wider…
Köppel:… genau! Das ändert sich jedoch langsam. Aktuell beobachten wir, dass Institutionelle langsam wieder mehr Spielräume haben. Sowohl Zinsen als auch Immobilienpreise haben sich stabilisiert, so dass wieder sicherer kalkuliert werden kann. Das ist auch der Grund dafür, dass wir uns derzeit im Fund Raising für unseren neuen Real Estate Debt Fund befinden. Wir wollen einer der ersten sein, der nach der Krise wieder an den Markt kommt.
II: Nun haben sich die Debt-Strukturen seit der Zinswende deutlich verändert. Können Sie das ausführen?
Janz: Mezzanine-Strukturen waren bis 2022 sehr wichtig, spielen aktuell hingegen nur noch eine untergeordnete Rolle. Sowohl Investoren als auch Fondsanbieter stufen aktuell vor allem Whole-Loan-Strategien als attraktiv ein. Mezzanine wird aber perspektivisch wieder zurückkommen, wenn der Markt sich weiter erholt hat.
II: Welche Renditen sind derzeit mit Real Estate Debt möglich?
Köppel: Wie in allen Segmenten des Immobilienmarktes sind auch im Debt-Bereich die Renditen gestiegen. Mit Real Estate Debt sind aktuell 6,5 bis 8,5 % Brutto-IRR (Internal Rate of Return) möglich. Neben der Rendite, die höher ist als bei Eigenkapitalinvestments, bietet Real Estate Debt zudem regulatorische Vorteile: Die Regulierung der Versicherungen (Solvency) und die Regulierung der Banken (CRR 3) stellen für die Investoren im Vergleich zu Eigenkapitalfonds geringere Kapitalanforderungen. Das macht Real Estate Debt attraktiv, da die Investoren weniger von ihrem knappen Eigenkapital einsetzen müssen. Auch die Anlageverordnung, die für den Großteil der Institutionellen gilt, behandelt Real Estate Debt vorteilhaft. Investments fallen nicht in die – oft schon volle – Immobilienquote, sondern in die AIQuote (Nr. 17).
II: Blicken wir auf die Praxis: Wo und wie wird Real Estate Debt eingesetzt?
Köppel: Das Kapital wird für Ankaufsfinanzierungen, Projektentwicklungen mit gesichertem, aber entwicklungsfähigem Baurecht, Value-Add-Objekte, Umnutzungen, Refurbishments, Bridge-Finanzierungen oder zur Finanzierung von ESG-Optimierungen am Objekt verwendet. Mit anderen Worten: Sie finanzieren eher wertschöpfende Situationen und nicht die klassische langfristige Bestandsphase einer Immobilie.
II: Vielen Dank für das Gespräch!