Die Kombination aus Aktien und Anleihen ist das Fundament klassischer Mischfonds. In den letzten zwei Jahrzehnten erleichterte die meist negative Korrelation zwischen beiden Anlageklassen das Risikomanagement: Verluste in einer Klasse wurden oft durch Gewinne in der anderen ausgeglichen. Dies reduzierte die Volatilität und begrenzte Drawdowns, wodurch sich ein attraktives Rendite-Risiko-Profil ergab.
Eine negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen ist aber keineswegs selbstverständlich. So war etwa die Zeit von 1971 bis 1999 von einer beinahe durchweg positiven Korrelation beider Asset-Klassen geprägt. Die Währungshüter versuchten damals, die Inflation in Folge der Ölpreisschocks durch umfangreiche Zinserhöhungen einzufangen. Erst mit der Einführung der Forward-Guidance und des Inflation-Targeting durch die westlichen Notenbanken Ende der 1990er-Jahren kehrte sich der Zusammenhang um. Es folgte eine lange Phase, in der die negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen durch den Zentralbank-Put gestützt wurde. Immer wenn die Realwirtschaft aus dem Tritt geriet und Aktienkurse fielen, konnten sich die Anleger darauf verlassen, dass die Zentralbanken darauf mit Zinssenkungen oder Anleihekäufen reagieren würden. Seit dem Jahr 2022 ist wieder ein Gleichlauf von Aktien und Anleihen zu beobachten. Die Situation heute zeigt Parallelen zu den 1970er und 1980er Jahren: Die stark gestiegene Inflation, bedingt durch die Energiekrise, Störungen in den Lieferketten und die Ausweitung der Geldmenge, zwang die Notenbanken zu einer geldpolitischen Vollbremsung, indem Zinsen erhöht und Wertpapierkäufe eingestellt wurden. Die Auslöser positiver Korrelation sind somit vor allem eine starke Inflation und eine erhöhte Zinsvolatilität.
Abbildung 1: Historische Entwicklung der Korrelation in den USA
Rollierende Drei-Jahres-Korrelation zwischen Aktien (S&P500®) und Anleihen (10J-US-Staatsanleihen), berechnet anhand der monatlichen Returns
Quelle: Robert Shiller, eigene Berechnungen
Zur Rolle von Inflation und Zinsen
Inflation beeinflusst Aktien und Anleihen unterschiedlich. Festverzinsliche Anleihen verlieren an Wert, da fixe Kupons real entwertet werden und die Kurse sinken. Aktien reagieren weniger eindeutig: Unternehmen mit Marktmacht können steigende Kosten weitergeben, während andere unter Margendruck geraten. Zudem werden künftige Gewinne stärker abgezinst. Historisch betrachtet dürfte sich Inflation ab etwa drei bis vier Prozent negativ auf Aktien auswirken. Bei anhaltend hoher Inflation lag die Korrelation zwischen beiden Anlageklassen in der Vergangenheit in fast 90 Prozent der Fälle im positiven Bereich.
Die Inflation bestimmt maßgeblich den Kurs der Gelpolitik. Steigende Preise veranlassen Zentralbanken zur Straffung der Geldpolitik, etwa durch Zinserhöhungen oder den Abbau von Wertpapierbeständen. Dies lässt Anleihekurse fallen und belastet Aktien, da höhere Zinsen künftige Gewinne stärker diskontieren und die Refinanzierung verteuern. Senken Zentralbanken hingegen die Leitzinsen, steigen in der Regel die Anleihekurse. Gleichzeitig geben die günstigeren Finanzierungsbedingungen den Aktienkursen Auftrieb. Anleihen und Aktien bewegen sich in beiden Fällen in die gleiche Richtung, es kommt also zu einer positiven Korrelation. Ebenso können Unsicherheiten hinsichtlich künftiger Zinsschritte zu abrupten Kursbewegungen in beiden Anlageklassen führen. In einem Umfeld, in dem Geldpolitik stark datenabhängig ist und Investoren auf jedes neue Konjunktursignal reagieren, kann hohe Zinsvolatilität somit zeitweise beide Asset-Klassen in die gleiche Richtung bewegen.
Korrelation bleibt vorerst positiv
Derzeit spricht einiges dafür, dass sich Aktien und Anleihen weiterhin tendenziell in die gleiche Richtung entwickeln. Erstens zeigt sich die Inflation in den USA und in Europa hartnäckiger als erwartet. Dies liegt vor allem an Zweitrundeneffekten aufgrund starker Lohnsteigerungen. Hinzu kommen strukturelle Faktoren wie ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, der Löhne in bestimmten Branchen nach oben treibt. Im Dezember 2024 lag die Kerninflation in der Eurozone bei 3,3 Prozent und in den Vereinigten Staaten bei 3,2 Prozent. Im Dienstleistungssektor stiegen die Preise gar um 4 Prozent und 4,5 Prozent an. Daher wären erhöhte Inflationsraten von 2 Prozent bis 4 Prozent in Zukunft keine Überraschung. In solch einem Inflationsumfeld sind umfangreiche Zinssenkungen oder Anleihekäufe nur sehr eingeschränkt möglich.
Wo früher ein einfacher Mix aus beiden Asset-Klassen genügte, um eine robuste Diversifikation zu erzielen, ist unter den veränderten Marktbedingungen von heute mehr Weitblick gefragt. Moderne Multi Asset-Portfolios setzen auf eine fundierte makroökonomische Analyse, kombiniert mit flexibler Allokation und der Berücksichtigung verschiedener Asset-Klassen. Dieser ganzheitliche Ansatz bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Anlagestrategie und ermöglicht es, langfristig ein attraktives Rendite-Risiko-Profil zu erzielen, das in vielen Marktphasen konventionellen Strategien überlegen sein kann.
Gastbeitrag von Thomas Romig, Head of Multi Asset Portfolio Management bei Assenagon