In Green Bonds investieren – aber richtig

25. Juni 2021
Magic Lotus flower

Deshalb ist eine individuelle Analyse der Anleihe sinnvoll. Häufig lässt sich allein aus dem Rahmenwerk oder Investoren-Präsentationen vor der Emission noch nicht erkennen, wofür die Finanzmittel im Detail verwendet werden, was besonders die Einschätzung des ökologischen Mehrwerts der Anleihe schwierig macht. Zudem ist es wichtig zu erfahren, wie passende Projekte ausgewählt werden und, ob Projekte oder Maßnahmen mit negativen ökologischen oder sozialen Externalitäten ausgeschlossen werden. Ein weiteres Augenmerk liegt darauf, wie transparent das Unternehmen seinen Anleihegläubigern über den Stand des Projektes berichtet. Bislang ist eine standardisierte Auswertung und Analyse von Green Bonds aufgrund mangelhafter Datenbasis und Unterschieden in Inhalt und Reporting kaum möglich. Hier könnten die EU-Taxonomie und der einheitliche EU Green Bond Standard zukünftig Abhilfe schaffen und für mehr Transparenz sorgen.

Die alleinige Analyse der Anleihestruktur reicht jedoch auch bei Green Bonds nicht aus. Die zweite Analyseebene ist der Emittent selbst. Green Bonds werden häufig begeben, um die Transformation zu einem nachhaltigeren Geschäftsmodell zu finanzieren. Dementsprechend sollte es, unter Einhaltung gewisser Mindeststandards, auch nur bis zu einem gewissen Grad relevant sein, wie „grün“ der Emittent derzeit aufgestellt ist. Wichtig ist, dass klar erkennbar ist, dass sich der Emittent des Green Bonds ganzheitlich auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und idealerweise zur Klimaneutralität befindet und die Finanzmittel der Green Bond-Emission zur Erreichung genau dieser Ziele eingesetzt wird. Ein (überspitztes) Negativ-Beispiel soll dies verdeutlichen. Ein auf Erdöl und Kohle spezialisierter Versorger möchte einen Green Bond zur Finanzierung eines Windparks begeben, der vor allem eine attraktive Rendite für das Unternehmen abwirft. Während die positiven Aspekte von Windkraftanlagen klar sind, fällt auf, dass das Unternehmen keine nachvollziehbare Strategie verfolgt, um das Gesamtportfolio in Richtung CO2-Neutralität zu transformieren. Zudem ist nicht nachvollziehbar, welche Rolle die Green Bond Emission und Windkraftanlage in der Unternehmensstrategie spielt. Von einem solchen Green Bond würden wir Abstand nehmen, da der Transformationsgedanke zu kurz kommt.

Mit der Analyse des Emittenten und der grünen Anleihestruktur ist es aber meist nicht getan. Obwohl man als Anleiheinvestor keine Stimmrechte besitzt, ist die aktive Einflussnahme (Engagement) möglich und sollte von Investoren genutzt werden. Ohne Aktionärsrechte beschränkt sich die Einflussnahme auf den aktiven Dialog mit dem Emittenten. Bei vielen Unternehmen sind Anleihe-Investoren jedoch wichtiger Kapitalgeber, und haben somit Potenzial durch den aktiven Austausch Einfluss zu nehmen. Auch bei der Investition von Green Bonds sollten Anleger verstärkt in den Dialog mit Unternehmen und Staaten gehen und relevante Nachhaltigkeitsaspekte diskutieren oder sogar klare Erwartungen und Kritik äußern. Hierzu können Aspekte wie die Transparenz, die Verwicklung in Kontroversen oder die Nachhaltigkeitsstrategie gehören. Das Engagement von staatlichen und staatsnahen Emittenten gestaltet sich zugegebenermaßen komplexer und der aktive Austausch ist in der Regel herausfordernder. Auch wenn das Engagement hier vermeintlich noch in den Kinderschuhen steckt, entwickeln sich zunehmend Prozesse und Ansätze, wie zum Beispiel kollaborative Engagements diverser Investoren.

Erst durch Engagements und die zusätzliche Nachhaltigkeitsanalyse der Emittenten wird das Kapital an den Anleihemärkten bestmöglich eingesetzt. Green Bonds dienen dann als sinnvolles Instrument, um die Transformation zu einer nachhaltigeren Wirtschaft voranzutreiben und die Pariser Klimaziele sowie die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) der Vereinten Nationen zu erreichen.

Allein der politische Druck in Richtung Nachhaltigkeit und die Umsetzung regulatorischer Vorgaben werden dem Marktsegment Green Bonds weiter hohe Wachstumsraten bescheren. Für das Jahr 2021 werden neue Rekorde bei der Emission von Green Bonds und ein Volumen von global rund 300 Mrd. US-Dollar erwartet. Aus Anlegersicht muss allerdings die Fundamentalanalyse von Staaten, Institutionen und Unternehmen durch eine zusätzliche „grüne“ Analyse-Ebene ergänzt werden. Die Komplexität der Anleihe-Analysen sowie die Notwendigkeit für einen zielführenden Nachhaltigkeitsdialog mit Emittenten legen es wiederum nahe, als Investor auf die Dienste spezialisierter Portfoliomanager zu setzen und sich mit einem breiten Portfolio gut diversifiziert zu engagieren.

 Autor: Christoph Mäder, Portfolio Manager Fixed Income

 

Pages: 12

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter