Impact Investing: Den Umbau zu Slow Fashion beschleunigen

Nachhaltigkeit in der Modeindustrie wurde lange vernachlässigt. Vielmehr war die Modeindustrie der Inbegriff des Kapitalismus, der der Umwelt und Teilen der Gesellschaft schadet. Doch das Bewusstsein ändert sich, und auch der Wille zur Veränderung ist vorhanden. Bei diesem Wandel kommt Anlegern eine Schlüsselrolle zu, indem sie in Unternehmen investieren, die zur Lösung des Problems beitragen.
1. Oktober 2021
Rupert Welchman - Foto: © UBP

Nachhaltigkeit in der Modeindustrie wurde lange vernachlässigt. Vielmehr war die Modeindustrie der Inbegriff des Kapitalismus, der der Umwelt und Teilen der Gesellschaft schadet. Doch das Bewusstsein ändert sich, und auch der Wille zur Veränderung ist vorhanden. Bei diesem Wandel kommt Anlegern eine Schlüsselrolle zu, indem sie in Unternehmen investieren, die zur Lösung des Problems beitragen.

In diesen Tagen wird viel über den erheblichen ökologischen Fußabdruck der Bekleidungsindustrie diskutiert. Ausbeutung natürlicher Ressourcen, Umweltverschmutzung, hoher Energieverbrauch, Treibhausgasemissionen – bei der traditionellen Lieferkette der Bekleidungsindustrie trifft all dies zu. Ganz zu schweigen von Berichten über Lohndumping, Kinderarbeit, schlechte Arbeitsbedingungen und mangelnde Sicherheit am Arbeitsplatz. In ihrem ständigen Bestreben, den Konsum aufrechtzuerhalten und die Preise zu drücken, verbraucht die Fast Fashion-Industrie Unmengen an Ressourcen. Es ist an der Zeit, dass die Bekleidungsbranche nicht nur ihre Prozesse, sondern ihre gesamte Philosophie und ihre Daseinsberechtigung überdenkt.

Der Hauptfokus der Bemühungen liegt auf den Auswirkungen der für die Herstellung von Textilien verwendeten Materialien. Baumwolle ist zwar natürlich, biologisch abbaubar und wiederverwertbar, aber für die Herstellung werden große Mengen an Wasser und Land benötigt. Polyester, die am häufigsten für die Herstellung von Kleidung verwendete Kunstfaser, verbraucht zwar weniger Wasser und erzeugt weniger Abfall als Naturfasern, ist aber nicht biologisch abbaubar. Außerdem setzt Polyester beim Waschen Mikroplastik frei, das in Flüsse und Meere gelangt, Meereslebewesen schädigt und letztlich das gesamte Ökosystem beeinträchtigt, dessen Teil wir sind.

Das derzeitige Volumen des Öko-Fasern-Markts beträgt rund 34,4 Milliarden Euro. Immer mehr Unternehmen arbeiten daran, alternative Fasern wie Hanf und Zellstoff, und sogar Kaffeesatz und Meeresalgen zu verwenden. Außerdem werden synthetische Stoffe wie PET recycelt, um daraus z. B. Taschen und Schuhe herzustellen. Es gibt auch Bestrebungen, natürliche Farbstoffe aus Mikroorganismen herzustellen, um die giftigen Chemikalien zu ersetzen, die üblicherweise zur Behandlung und Färbung von Fasern verwendet werden.

Damit die Modeindustrie zu einem Kreislaufsystem wird, muss die Wahl solcher Alternativen bereits bei der Konzeption eines jeden Kleidungsstücks berücksichtigt werden, und zwar für den gesamten Lebenszyklus des Artikels, einschließlich seiner späteren Entsorgung. Zudem lässt sich der Textilabfall am Anfang der Fertigungslinie, der bis zu 15 % betragen kann, durch die Optimierung von Design und Zuschnitt erheblich reduzieren.

Allerdings ist eine Reform der Produktionsmethoden nur erfolgreich, wenn auch beim Verbraucher ein Umdenken stattfindet: In den letzten fünfzehn Jahren ist die Nutzungsrate von Kleidung um 36 % auf nur noch zehn Nutzungen pro Stück gesunken. Laut Euromonitor International kauft jeder Mensch durchschnittlich fünfzehn Kleidungsstücke und zwei Paar Schuhe pro Jahr. Indem wir bereit sind, für jeden Artikel mehr auszugeben, für Qualität statt für Quantität zu bezahlen und unsere Kleidung länger zu tragen, können wir als Verbraucher einen großen Einfluss ausüben. Es gibt auch einen Trend zu mehr Akzeptanz von Second-Hand- und Miet-Outfits, insbesondere unter jungen Menschen. Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass ein bewusster Konsum kulturelle, finanzielle und ökologische Vorteile mit sich bringt.

Was das Ende des Lebenszyklus eines Kleidungsstücks und seine Entsorgung angeht, so braucht die Branche mehr Koordination und groß angelegte Sortier- und Recyclinganlagen. Nur etwa 1 % der Bekleidungsmaterialien werden recycelt, während 20,5 Milliarden Kleidungsstücke jedes Jahr auf der Mülldeponie landen. Sowohl das mechanische als auch das chemische Recycling entwickeln sich derzeit weiter, benötigt aber mehr Kapital, um sich durchzusetzen.

Insgesamt wird geschätzt, dass Verbesserungen in den Produktions‑, Verbrauchs- und End-of-Life-Phasen der Bekleidungswertschöpfungskette potenziell zu Einsparungen in Höhe von rund 161 Milliarden Euro pro Jahr führen könnten, bei gleichzeitiger Verbesserung des Energie- und Wasserverbrauchs sowie der Arbeitsbedingungen.

Die Verantwortung der Finanzindustrie 

Technologische Innovationen sind für eine erfolgreiche Neuausrichtung unerlässlich. Hier muss der Finanzsektor aktiv werden. Denn Investitionen sind das Bindeglied, das sporadische Initiativen in strukturelle Veränderungen umwandelt. Durch Investitionen in innovative Unternehmen, die nach Lösungen suchen und die Zusammenarbeit über die gesamte Lieferkette hinweg ausbauen, können Anleger diese Bemühungen bündeln und die Reform der Modeindustrie ermöglichen.

Um von der (Fast) Fashion-Industrie zu einem umweltschonenden und der Gesellschaft dienenden Wirtschaftszweig zu gelangen, bedarf es der Kombination aus nachhaltig investierenden Anlegern und bewussten Verbrauchern sowie mehr Zusammenarbeit zwischen den Bekleidungsunternehmen, Aufsehern und Gesetzgebern sowie gemeinnützigen Organisationen.

Ein Kommentar von Rupert Welchman, Portfoliomanager Impact Equities bei Union Bancaire Privée (UBP)

Rupert Welchman — Foto: © UBP

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter