Immobilien-Investments: Family Offices können auch in unsicheren Zeiten Chancen nutzen

Die Autoren erkennen vor dem Hintergrund der expansiven Geldpolitik und den globalen Herausforderungen der COVID-19-Pandemie die Notwendigkeit für einen Wandel im Anlageverhalten von Family Offices bei Immobilien-Investments. Eine unzureichende geografische Diversifikation und die Fokussierung auf bestimmte Assetklassen verhindern, dass Family Offices Chancen in einem sich wandelnden Marktumfeld ergreifen. In Zukunft brauchen die Verwalter von familiärem Immobilienvermögen mehr Mut zu Diversifikation und eine noch tiefergehende Expertise in den relevanten Märkten.
2. März 2021
Professor Dr. Yvonne Brückner (li.) und Dr. Matthias Schreier (re.) - Foto: ResFutura; CONREN Land

Die Autoren erkennen vor dem Hintergrund der expansiven Geldpolitik und den globalen Herausforderungen der COVID-19-Pandemie die Notwendigkeit für einen Wandel im Anlageverhalten von Family Offices bei Immobilien-Investments. Eine unzureichende geografische Diversifikation und die Fokussierung auf bestimmte Assetklassen verhindern, dass Family Offices Chancen in einem sich wandelnden Marktumfeld ergreifen. In Zukunft brauchen die Verwalter von familiärem Immobilienvermögen mehr Mut zu Diversifikation und eine noch tiefergehende Expertise in den relevanten Märkten. 

Family Offices bauen nicht erst seit der Finanzkrise auf eine Beimischung von Immobilien-Investments zur Diversifikation ihres Portfolios. Doch die Immobilienquote nimmt zu, das bestätigt eine im Jahr 2020 durch den Thinktank ResFutura durchgeführte Umfrage, zu der 79 hochvermögende Adressen aus dem deutschsprachigen Raum beitrugen. Die mittlere strategische Immobilienquote bei den befragten Akteuren lag bei 39 Prozent. Fast 60 Prozent der Befragten gaben dabei an, die Immobilienquote gegenüber dem Jahr 2007 erhöht zu haben.

Ein hoher Anteil von Immobilien bei der strategischen Allokation von Assets wirft zwei Fragen auf. Erstens: Wie stellen Family Offices ihre Immobilien-Investments auf? Und zweitens: Welche Chancen und Risiken gehen mit diesen Anlagestrategien einher? Diese Fragen gewinnen vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen an Relevanz. Denn die durch COVID-19 ausgelöste Unsicherheit hat fast alle Sektoren der Wirtschaft getroffen. Und auch mit Blick auf Immobilienanlagen wird das Marktumfeld zunehmend komplexer.

Direkt-Investments in Immobilien nehmen zu

Generell sind Family Offices sehr heterogen in ihrem Investitionsverhalten – das trifft auch auf die Entscheidung über direkte bzw. indirekte Anlagen zu. So investieren einige Akteure ausschließlich direkt bzw. über Club Deals in Immobilien, andere setzen auf eine Mischung aus direkten Investitionen, Immobilienaktien, Mezzanine-Kapital sowie geschlossenen und offenen Fonds. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit nimmt die Bereitschaft für direkte Beteiligungen jedoch insgesamt zu. Fonds bieten zwar Vorteile hinsichtlich einer schnellen Kapitalallokation und verfügen in der Regel über ein professionelles Fondsmanagement mit entsprechendem Know-how, dem stehen jedoch Nachteile bezüglich der Freiheitsgrade gegenüber – gerade mit Blick auf die Anlagebedingungen. Flexibilität ist hingegen ein großer Vorteil von Direktinvestments und Club Deals. Investitionen sind ohne Einschränkungen möglich und der Exit kann zügig erfolgen. Diese Flexibilität macht es beispielsweise möglich, antizyklisch zu investieren. In der aktuellen Marktphase erscheint das Streben von Family Offices zu mehr Direktinvestments also sinnvoll, wenngleich eine hohe Immobilienexpertise benötigt wird, um die kommenden Marktzyklen effektiv zu nutzen.

Family Offices haben einen ausgeprägten Home Bias 

Mit Blick auf die regionale Diversifizierung von Immobilien-Investments stellt man bei den meisten Family Offices fest: Sie ist kaum vorhanden oder nur schwach ausgeprägt. Anders gesagt, weisen viele Familien einen großen Home Bias auf. Damit bezeichnet man die Neigung von Investoren, überproportional in den Heimatmarkt zu investieren. Vier von zehn der befragten Family Offices investieren überwiegend in einem Umkreis von rund 75 Kilometern um den familiären Stammsitz. Weitere 24 Prozent halten ihre Immobilien in einem größeren Umkreis, aber doch überwiegend in Deutschland. Diese Neigung ist nachvollziehbar und auch begründbar. Die lokalen Immobilienmärkte sind Family Offices häufig vertraut – man kennt sich besser aus. Insbesondere die Verwalter kleinerer Vermögen haben häufig nicht die Kapazitäten und Research-Abteilungen, um weiter entfernte Märkte beobachten und bewerten zu können. Das leuchtet ein, bedeutet in der Praxis aber auch, dass Family Offices Chancen durch Diversifikation liegen lassen und tendenziell stärker Schwankungen in ihren Heimatmärkten unterliegen.

Portfolios sind stark auf Wohnimmobilien ausgerichtet 

Beim Blick auf die einzelnen Assetklassen bevorzugen Family Offices Wohnimmobilien, insbesondere die etwas kleineren unter den Großvermögen. Bei 45 Prozent der befragten Family Offices machen Wohn-Investments mehr als die Hälfte des Immobilienportfolios aus. Mit zunehmender Vermögensgröße wird verstärkt auch in Büro- und Handelsimmobilien investiert. Weitere Beimischungen entfallen auf Spezialimmobilien wie Logistik oder Hotel. Der große Wohnfokus erweist sich in der aktuellen Marktphase als Stabilitätsanker, doch dem stehen zuletzt stark gesunkene Renditen gegenüber.

COVID-19 mischt die Karten neu 

Bislang waren Family Offices mit ihren Immobilienanlagen häufig erfolgreich. In Deutschland wurden sie dabei vom längsten Immobilien-Boom in der Geschichte unterstützt. Flankiert von einer soliden wachsenden Wirtschaft stiegen in nahezu allen Assetklassen und größeren regionalen Teilmärkten die Kaufpreise und Mieten gleichermaßen. Während die Konjunktur bereits Ende des Jahres 2019 spürbar abkühlte, sorgen die Folgen der COVID-19 bedingten Einschränkungen für weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen. Die Immobilienwirtschaft reagiert bislang weniger sensibel als andere Wirtschaftssektoren, doch auch hier sind die Auswirkungen nicht von der Hand zu weisen. Die Assetklassen Hotel und Einzelhandel wurden teilweise stark getroffen. Büroimmobilien blieben recht stabil. Ein größerer Anteil der Investoren verstärkt die Aktivitäten aber in den Bereichen Wohnen, Logistik und im lebensmittelgeankerten Einzelhandel. Bevorzugt wird dabei in wirtschaftsstarke Standorte oder um die großen Metropolregionen investiert. Die Folgen sind absehbar: weiter sinkende Renditen in den stark nachgefragten Assetklassen und Teilmärkten.

Wer unter den skizzierten Bedingungen das Familienvermögen langfristig sichern und ausbauen möchte, kommt um eine diversifizierte Immobilienstrategie nicht umhin. Eine grundsätzlich positive Entwicklung von heimischen Immobilienwerten kann im Gegensatz zum vorherigen Marktzyklus nicht mehr angenommen werden. Doch wie immer bietet ein sich veränderndes Marktumfeld nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. Ein Beispiel: Einige Investoren agieren derzeit zurückhaltender bei Anlagen in Büroimmobilien. Viele Teilmärkte und Lagen sind jedoch nach wie vor intakt und bieten perspektivisch Investment-Opportunitäten. Das gilt auch in Bezug auf Investitionen in ausländische Märkte. Hier gilt es genau zu beobachten, welche Länder sich rasch von der Pandemie erholen und zukunftsfähig aufgestellte Wirtschaftssektoren aufweisen. Eine intelligente Beimischung antizyklischer und geografisch gestreuter Investitionen bietet so die Chance auf ein insgesamt attraktiveres Renditeprofil des Portfolios.

Family Offices sind in diesen turbulenten Zeiten gut beraten, sich zumindest intensiv mit ihrer aktuellen Immobilienstrategie auseinanderzusetzen und diese mit dem dafür notwendigen Know-how an die Anforderungen und Chancen eines neuen Marktzyklus anzupassen.

Gastbeitrag von Professorin Dr. Yvonne Brückner und Dr. Matthias Schreier

Professor Dr. Yvonne Brückner (li.) und Dr. Matthias Schreier (re.) — Foto: ResFutura; CONREN Land

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