Hohe Studiengebühren bremsen den wirtschaftlichen Aufschwung in den USA

Die Federal Reserve rechnet mit einer wachsenden Gefahr von Zahlungsausfällen privater Konsumenten. Zwar ist die Gesamtverschuldung der privaten US-Haushalte im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) seit ihren Höchstständen während der Corona-Pandemie aktuell tendenziell rückläufig. Zudem befinden sich die Quoten für ernsthafte Zahlungsausfälle auf einem historischen Tiefstand – und das trotz steigender Hypotheken- und Studentenschulden (bei denen die Zinsen im Gegensatz zu Kreditkarten und Hypotheken täglich anfallen). Dennoch warnt die Fed davor, dass dies die "potenzielle Gefahr" verschleiert.
27. September 2022
Sandeep Rao - Foto: © Leverage Shares

Die Federal Reserve rechnet mit einer wachsenden Gefahr von Zahlungsausfällen privater Konsumenten. Zwar ist die Gesamtverschuldung der privaten US-Haushalte im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) seit ihren Höchstständen während der Corona-Pandemie aktuell tendenziell rückläufig. Zudem befinden sich die Quoten für ernsthafte Zahlungsausfälle auf einem historischen Tiefstand – und das trotz steigender Hypotheken- und Studentenschulden (bei denen die Zinsen im Gegensatz zu Kreditkarten und Hypotheken täglich anfallen). Dennoch warnt die Fed davor, dass dies die “potenzielle Gefahr” verschleiert.

Steiler Anstieg der Ausbildungskosten heizt Verschuldung privater Haushalte an

In den USA ist die Verschuldung der privaten Haushalte im zweiten Quartal 2022 auf über 16 Billionen US-Dollar gestiegen, wie aus Angaben des Zentrums für mikroökonomische Daten der Federal Reserve hervorgeht. Dabei haben insbesondere die Hypotheken‑, Autokredit- und Kreditkartenschulden im vergangenen Quartal zugelegt, während die Studentenkredite weitgehend unverändert blieben. Über die Jahre hinweg hat jedoch der Anteil der Studentenkredite an der Gesamtverschuldung stetig zugenommen.

Nach Angaben der US-Notenbank beläuft sich der Gesamtbetrag der ausstehenden Studentenkredite in den USA auf rund 1,75 Billionen US-Dollar, wovon 92 Prozent – rund 1,6 Billionen US-Dollar – von der Regierung gehalten werden. Dies entspricht etwa 6,5 Prozent des BIP der USA. Insgesamt hat sich die Verschuldung der Studenten seit der Finanzkrise 2008 fast verdreifacht.

Diese Verdreifachung der Studentenschulden entspricht jedoch nicht einer dreifachen Zahl an Hochschulabsolventen. Langfristige Trends deuten eher darauf hin, dass die Zahl der Hochschulabsolventen seit 2007/2008 nur um 8–9 Prozent gestiegen ist. Allerdings hat die Hochschulausbildung in den letzten zwei Jahrzehnten den größten Preisanstieg nach den Krankenhausleistungen erfahren. Dies erklärt den wachsenden Anteil der College-Schulden an der Verschuldung der US-Haushalte. Laut der gemeinnützigen Education Data Initiative, die Daten aus akademischen und öffentlichen Quellen zusammenführt, gibt es 43,4 Millionen Kreditnehmer von staatlichen Studentendarlehen. Die ausufernden College-Schulden sind dabei nicht allein ein “Problem junger Menschen”. Schuldner im Alter von 50–61 Jahren machen den drittgrößten Anteil an den College-Schulden aus und haben den höchsten Durchschnittsbetrag gegenüber allen anderen Altersgruppen zu stemmen.

Konsumzurückhaltung könnte US-Wirtschaft belasten

Die einkommensstärkere Bevölkerungsgruppe der Hochschulabsolventen ist somit zunehmend vorrangig auf die Tilgung von Schulden als auf den Aufbau von Eigenkapital ausgerichtet, während die einkommensschwächere Bevölkerungsgruppe durch Kreditausfälle und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Kosten vom Aufbau von Eigenkapital abgehalten wird. Trotz der unterschiedlichen Wege, die die Bewohner auf beiden Seiten des wachsenden Wohlstandsgefälles zurücklegen, ist das Ergebnis weitgehend dasselbe: auf breiter Front eine geringere Neigung zum Konsum hochpreisiger Waren und Dienstleistungen. Dies verheißt zumindest kurz- bis mittelfristig nichts Gutes für die US-Wirtschaft.

Neuer Biden-Plan zur Eindämmung der Studienkredite

Am 24. August kündigte US-Präsident Joe Biden einen Plan an, mit dem die Belastung der privaten Haushalte durch die ausufernden Studentenkredite eingedämmt werden soll. Der Plan umfasst drei Hauptpunkte:

  1. Erlass von Studienkrediten in Höhe von bis zu 10.000 Dollar pro Kreditnehmer, und in vielen Fällen bis zu 20.000 Dollar pro Kreditnehmer, für Haushalte mit einem Einkommen von bis zu 250.000 Dollar;
    2. Eine Fortsetzung der während der Pandemiephase für laufende Studentendarlehen vereinbarten Zahlungspause bis zum Jahresende, danach werden die Zahlungen wieder aufgenommen;
    3.         Ein einkommensabhängiger Rückzahlungsplan, der die monatlichen Zahlungen auf fünf Prozent des verfügbaren Einkommens des Kreditnehmers begrenzt (gegenüber zehn Prozent im Rahmen des bestehenden Programms).

Während allgemein erwartet wird, dass die größten Nutznießer aus der Mittelschicht stammen, dürften sich die vorgeschlagenen Maßnahmen jedoch tatsächlich am stärksten auf Schuldner mit den geringsten Beträgen an Bundesstudiendarlehen auswirken. Doch je höher der Bildungsgrad, desto höher ist in der Regel die Schuldenlast. Für ein “einfaches” Medizinstudium beispielsweise werden im Durchschnitt etwa 200.000 Dollar an Krediten aufgenommen.

Für Personen mit höheren Schulden, die für das Schuldenerlassprogramm in Frage kommen, werden sich die gesamten Schuldendienstzahlungen erheblich erhöhen, sobald das ursprünglich während der Pandemie geltende Moratorium für die Darlehenszahlungen aufgehoben wird. Es sei darauf hingewiesen, dass während dieses Zeitraums die Verzinsung nicht eingestellt wurde. Zwar könnten Haushalte mit niedrigem Einkommen die größte proportionale Verringerung ihrer Schuldenzahlungen erfahren, jedoch haben die meisten von ihnen keine Finanzierung für ein Studium aufgenommen. Haushalte mit mittlerem Einkommen werden deshalb am meisten profitieren, aber der Gesamteffekt beträgt durchschnittlich nur rund 10.000 Dollar.

Fazit

Der bescheidene Schub bei den persönlichen Ersparnissen, der offensichtlich durch die Maßnahmen zur Erleichterung der US-Studienkredite erwartet wird, dürfte nicht ausreichen, um die allgemeine Stimmung umzukehren. Das grundlegende Problem bei der Schuldensituation in den USA sind die Kosten der Ausbildung und nicht die aufgenommenen Schulden. Wären erstere nicht so hoch, wäre letzteres kein Problem. Die vorgeschlagenen Maßnahmen bringen zwar einer großen Zahl von Menschen eine gewisse Erleichterung, doch wird sich diese als recht begrenzt erweisen.

Gastbeitrag von Sandeep Rao, Analyst beim weltweiten ETP-Anbieter Leverage Shares

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