Hilfe, die Wirtschaft erholt sich!

Ende Februar kehrten die 10-jährigen US-Renditen kurz vor der Abstimmung über ein drittes, in seinem Umfang beispielloses US-Konjunkturpaket auf ihr Vorkrisenniveau von etwa 1,5 % zurück. Eine gute Nachricht? Nicht für Aktien, die daraufhin deutlich nachgaben. Dies gilt insbesondere für den Nasdaq.
11. März 2021
Olivier de Berranger - Foto: © LFDE

Ende Februar kehrten die 10-jährigen US-Renditen kurz vor der Abstimmung über ein drittes, in seinem Umfang beispielloses US-Konjunkturpaket auf ihr Vorkrisenniveau von etwa 1,5 % zurück. Eine gute Nachricht? Nicht für Aktien, die daraufhin deutlich nachgaben. Dies gilt insbesondere für den Nasdaq.

Sollten die Marktteilnehmer diese Normalisierung nicht begrüßen? Endlich Zinsen, die den Kreditgeber und nicht den Kreditnehmer belohnen! Endlich gibt es einen Anreiz, zu konsumieren statt noch mehr zu sparen!

Schmaler Grat zwischen Reflation und Inflation

Zwar wirkt sich der Anstieg der langfristigen Zinsen auf die Realwirtschaft aus und hat eine Verschärfung der Finanzkonditionen zur Folge. Wir stehen jedoch am Beginn eines neuen Konjunkturzyklus. Sofern keine neuen Lockdowns beschlossen werden, dürfte die Erholung einen moderaten Zinsanstieg aushalten. Dies gilt umso mehr, da vor allem in den USA dank des neuen Konjunkturpakets ein leichter Anstieg der Inflation – eine Reflation – zu erwarten ist. Bei einer leicht anziehenden Inflation könnten die Realzinsen, also die Nominalzinsen abzüglich der Inflation, gering oder sogar negativ bleiben. Dies wäre dann eine ideale finanzielle Situation: positive Nominalzinsen und geringe Realzinsen, die die Wirtschaft beflügeln.

Es ist ein schmaler Grat zwischen einer vorteilhaften Reflation und einer zerstörerischen Inflation. Dies könnte den Stress an den Märkten erklären. Doch seit zehn Jahren ist die Inflation in den reichen Ländern, insbesondere in Japan und Europa, zu niedrig. Was könnte eine Explosion der Inflation auslösen, wenn sich das Wirtschaftssystem nicht grundlegend geändert hat?

Zeugt die Nervosität an den Märkten von einer bevorstehenden Trendumkehr?

Es muss also eine andere Erklärung für die Nervosität an den Märkten geben. Da wäre insbesondere die Befürchtung, dass die Nominalzinsen in die Höhe schießen könnten, vor allem weil die Regierungen die Märkte mit Staatsanleihen fluten, um ihre Defizite zu finanzieren. Eines haben die Zentralbanken allerdings wiederholt bewiesen: Sie haben die Zinsen im Griff. Sie würden zweifellos das zusätzliche Angebot an Anleihen bei Bedarf absorbieren – nach dem Motto „whatever it takes“, wie der „Retter des Euro“ und neue Regierungschef in Rom schon sagte.

Eine weitere Erklärung wäre, dass ein deutlicher Zinsanstieg vor allem hoch bewertete Aktien treffen würde, insbesondere Titel innovativer Unternehmen in den Bereichen Digitalisierung und Energie. Ihre Kurse lassen sich nur mit der Annahme einer sehr günstigen langfristigen Entwicklung rechtfertigen. Ein struktureller Anstieg der Kapitalkosten würde ihre Bewertungen deutlich belasten. Dies würde zu einer massiven Trendumkehr führen. Tesla verlor im Februar beispielsweise 20 % und entwickelte sich damit genau entgegengesetzt zur Rendite 10-jähriger US-Anleihen. Doch dieses Risiko bleibt begrenzt, wenngleich es nicht banal ist. Gute Fondsmanager dürften in der Lage sein, die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Vorteile für die Wirtschaft insgesamt sind dagegen erheblich.

Somit kann man nur hoffen, dass Zinsen und Inflation steigen. Sorry Elon Musk! Die Aktienmärkte als Ganzes dürften dies vor dem Hintergrund einer wirtschaftlichen Erholung verkraften. Letztendlich könnten sogar Anleihen wieder interessant werden. Kann man sich bessere Nachrichten von der Börse wünschen?

Kommentar von Olivier de Berranger, CIO, und Alexis Bienvenu, Fondsmanager bei LFDE

Olivier de Berranger — Foto: © LFDE

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter