Gewerbeimmobilien: Indexmieten sind nicht der Heilige Gral

Indexmieten gelten bei Gewerbeimmobilien als eine Art eingebauter Inflationsschutz. Schließlich lässt sich durch die indexierte Miete der Abwertungsdruck durch das gestiegene Zinsniveau zumindest teilweise kompensieren. Doch Indexmieten versprechen oft mehr als sie halten können. Ob sie zum Erfolg führen, hängt entscheidend vom Geschäftsmodell des Mieters und lokalen Standortfaktoren ab. Starke Cluster im Bereich Science & Technology und die dort ansässigen Unternehmen vereinen zentrale Eigenschaften, die vertragliche Mietsteigerungen durch fundamentale Marktdynamiken stützen. Worauf es bei Investitionen in die Assetklasse ankommt, zeigen Andreas Höfner und Remco van der Mije von GARBE Institutional Capital auf.
30. März 2023
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Indexmieten gelten bei Gewerbeimmobilien als eine Art eingebauter Inflationsschutz. Schließlich lässt sich durch die indexierte Miete der Abwertungsdruck durch das gestiegene Zinsniveau zumindest teilweise kompensieren. Doch Indexmieten versprechen oft mehr als sie halten können. Ob sie zum Erfolg führen, hängt entscheidend vom Geschäftsmodell des Mieters und lokalen Standortfaktoren ab. Starke Cluster im Bereich Science & Technology und die dort ansässigen Unternehmen vereinen zentrale Eigenschaften, die vertragliche Mietsteigerungen durch fundamentale Marktdynamiken stützen. Worauf es bei Investitionen in die Assetklasse ankommt, zeigen Andreas Höfner und Remco van der Mije von GARBE Institutional Capital auf.

Der europäische Immobilienmarkt steht aktuell zweifelsohne vor Herausforderungen. Steigende Leitzinsen führen im Vergleich zum Niedrigzinsumfeld der letzten zehn Jahre zu höheren Kapitalkosten. Investoren stellen bei Immobilienanlagen deshalb höhere Renditeanforderungen als noch im Jahr 2021. Gleichzeitig sorgt die höher als ursprünglich erwartete Inflation auch für Steigerungen bei Baukosten und nicht umlagefähigen Kosten im Betrieb. In diesem Umfeld versprechen mietvertragliche Indexierungsklauseln Abhilfe. Dabei ist die Mietentwicklung anhand von vorab definierten Parametern an einen Preisindex gebunden. Was zunächst vorteilhaft erscheint, muss nicht zwingend zur Stabilisierung der Investition führen. Mieter aus zahlreichen Wirtschaftsbereichen standen und stehen unter großem wirtschaftlichen Druck. COVID, Lieferkettenunterbrechungen, steigende Kapitalkosten und Margendruck haben die Vermögens- und Ertragssituation vieler Unternehmen angegriffen. Vielerorts scheinen die pandemiebedingten Konjunkturprogramme das zunehmend herausfordernde wirtschaftliche Umfeld lediglich kaschiert zu haben.

Vorsicht vor „Zombies“

Laut einer von KEARNEY im Jahr 2022 durchgeführten Untersuchung steigen wirtschaftliche Risiken durch sogenannte „Zombies“. Darunter fallen gemäß der Studie Unternehmen „…die drei Jahre in Folge nicht in der Lage sind, mit ihrem operativen Ergebnis die laufenden Zinsverbindlichkeiten zu decken…“. Die Zahl der „Zombies“ unter den betrachteten börsennotierten Unternehmen hat laut dieser Definition zuletzt weiter zugenommen, wie Abbildung 1 demonstriert. Europa liegt dabei mit einem Anteil von 6,3 % deutlich vor Nordamerika (5,7 %). Für den Mittelstand liegen weniger belastbare Zahlen vor. Eine Euler Hermes-Studie bezifferte den Anteil von „Zombieunternehmen“ in Europa jedoch bereits im Jahr 2020 auf rund 13.000.

 

Geschäftsmodell und fundamentale Flächennachfrage im Fokus

Ob entsprechende Unternehmen langfristig die Verbindlichkeiten aus Mietverträgen decken können, darf bezweifelt werden. Denn die Ausfallwahrscheinlichkeit von Mietern, die ihre Kapitalkosten nicht erwirtschaften, steigt bei höherer Mietbelastung. Daraus folgen zwei Schlüsse:

  1. Das Geschäftsmodell des Mieters und die Industrie, in der dieser operiert, gewinnen für jede Immobilienstrategie zunehmend an Bedeutung.
  2. Die Beurteilung des langfristigen Mietpotenzials eines Standortes sollte insbesondere auf die fundamental getriebene Flächennachfrage abstellen, die sich optimalerweise aus einer Mieterschaft mit Geschäftsmodellen innerhalb expandierender Industrien speist.

Im aktuellen Marktumfeld mit hohem internationalen Wettbewerbsdruck, Inflation und insgesamt volatilen Rahmenbedingungen gewinnt die Preissetzungsmacht auf Produktebene immer weiter an Bedeutung. Geschäftsmodelle, die von globalen Megatrends wie Biopharmazie, Digitalisierung, Dekarbonisierung und dem demografischen Wandel profitieren, haben gute Ausgangsbedingungen für langfristigen wirtschaftlichen Erfolg. Diese Mieter stammen oftmals aus dem Science & Technology oder auch Life Science Segment. Dazu gehören beispielsweise Bereiche wie Biotech, Medtech, Healthtech und Pharma oder Robotik, Halbleiter und Elektromobilität. Das Profil reicht dabei von Start-ups über klassische Mittelständler bis hin zu internationalen Großkonzernen, die entlang der Wertschöpfungskette operieren: von Forschung und Entwicklung über Marketing bis hin zur Distribution von Produkten.

Unternehmen aus dem Segment Science & Technology neigen zur Clusterbildung. Sie konzentrieren sich an bestimmten Standorten, die regelmäßig Wettbewerbsvorteile aus der Nähe zu Universitäten und Forschungseinrichtungen und somit auch hochqualifiziertem Personal bieten. Daraus ergibt sich in der Regel eine hohe, fundamental getriebenen Flächennachfrage innerhalb dieser Cluster.

 

Science & Tech-Mieter an Clusterstandorten stehen für dynamisches Mietwachstum

Science & Technology-Unternehmen vereinen die Kombination aus Preissetzungsmacht und zukunftsgerichtetem Geschäftsmodell sowie die Einbettung in starke regionale Standortcluster überdurchschnittlich häufig. Bei Science & Technology Real Estate wiederum handelt es sich häufig um gemischt genutzte Gewerbeimmobilien, die Labor‑, Büro- und Produktionsflächen miteinander kombinieren. Je nach Nutzung sind unterschiedliche Schwerpunkte möglich. Der Grundgedanke für diese Assets ist immer gleich: Kapital über Immobilieninvestments in jene Industrien zu allokieren, die die Zukunft unserer Gesellschaft definieren.

Wesentliche Vorteile von Investitionen in Science & Technology Real Estate sind aus Sicht der Anleger: ein in Relation zu anderen Immobiliensegmenten frühzyklischer Markt, starke Diversifikationseffekte aus einer Mieterschaft, die oft wenig Überschneidungen zu den typischen Mietern eines Immobilienportfolios aufweist sowie eine überdurchschnittlich hohe Mietwachstumserwartung, die zudem

durch langfristige Megatrends unterstützt wird. Eine Analyse des Beschäftigungs- und Mietwachstums der letzten zehn Jahre über 25 europäische Städte zeigt, dass eine Konzentration von Science & Technology-Industrien innerhalb der jeweiligen Städte in einem deutlich stärkeren Mietwachstum in den jeweiligen Büroimmobilienmärkten resultierte. Abbildung 2 unterstreicht, dass sogar Ausstrahleffekte auf die Wohnimmobilienmärkte bestehen. Die Komposition der Wirtschaftsstruktur einer Stadt, eines Standortes, ist ein wesentlicher Treiber der fundamentalen Flächennachfrage und somit auch des langfristigen Mietwachstums. Indexierte Verträge hin oder her.

Wie immer gilt auch bei Unternehmen aus dem Science & Technology-Segment: Nicht alle potenziellen Mieter erfüllen auf den ersten Blick die gewünschten Qualitätsmerkmale. Insbesondere junge Unternehmen weisen zwar hohe Wachstumsraten auf, sind aber nicht immer langfristig profitabel. Junge Unternehmen investieren massiv in Personal sowie Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Häufig stehen diesen Ausgaben in den Frühphasen noch keine entsprechenden Einnahmen gegenüber. Die Ausfallrisiken sind entsprechend höher. Gleichzeitig haben genau diese Unternehmen oft einen stark positiven Einfluss auf das Cluster‑Ökosystem und seine Dynamik. Das hohe Wachstum der Unternehmen innerhalb eines regionalen Science- und Tech-Clusters kompensiert das erhöhte Ausfallrisiko jüngerer Unternehmen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die Stärke der Assetklasse Science & Technology Real Estate speist sich aus der Kombination zukunftsgerichteter Geschäftsmodelle mit attraktiven Standortclustern. Denn dann verbindet sich eine hohe, fundamental getriebene Nachfrage mit den Qualitäten innovativer und wachstumsstarker Mieter. In einem solchen Umfeld übersetzt sich die innerhalb von Mietvertragsstrukturen vereinbarte Indexierung in ein fundamentales, nachfragegetriebenes Mietwachstum. Ein wesentliches Element zur Erzielung einer langfristigen positiven Performance aus Immobilieninvestitionen – insbesondere in der heutigen Zeit.

Autor: Andreas Höfner,
Managing Director & Head of Germany & Head of Research & Strategy,
GARBE Institutional Capital

Autor: Remco van der Mije,
Pan-European Science & Tech Real Estate Lead,
GARBE Institutional Capital

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