Gegenwind für die Märkte ist immens

Im Vorfeld unseres INTELLIGENT INVESTORS ESG-Thementalks sprachen wir Mitte Mai mit Felix Herrmann, Chefvolkswirt ARAMEA Asset Management AG, zur Inflationsthematik, der weltwirtschaftlichen Situation und den Auswirkungen auf die Rentenmärkte.
20. Juni 2022
Felix Herrmann, Chefvolkswirt ARAMEA Asset Management AG / Foto: © ARAMEA

Im Vorfeld unseres INTELLIGENT INVESTORS ESG-Thementalks sprachen wir Mitte Mai mit Felix Herrmann, Chefvolkswirt ARAMEA Asset Management AG, zur Inflationsthematik, der weltwirtschaftlichen Situation und den Auswirkungen auf die Rentenmärkte.

INTELLIGENT INVESTORS: Herr Herrmann, nach Jahren der Prosperität und des stetigen Aufschwungs an den Kapitalmärkten stellt 2022 neue, gewaltige Herausforderungen dar. Mit Blick nach vorne, wie fällt in diesem Kontext Ihr Ausblick auf die kommenden Monate aus?
Felix Herrmann: Wir haben es in der Tat mit einem äußerst herausfordernden Umfeld zu tun. Die Weltwirtschaft durchläuft eine schwierige Phase und die Unsicherheit über die zukünftige Wachstumsentwicklung ist außergewöhnlich hoch. Gleichzeitig sehen wir einen lange Zeit nicht gekannten Inflationsschub dies- und jenseits des Atlantiks, der die Zentralbanken zum Handeln zwingt. Hinzu kommt der Ukraine-Krieg, dessen Ende zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht absehbar ist. In der Summe ein Bündel von negativen Nachrichten, die die Stimmung der Marktteilnehmer eintrübt.

II: Eine Gemengelage, die das Investieren wohl äußerst schwierig erscheinen lässt?
Herrmann: Absolut. Wir sehen ein stagflationäres Szenario, das wir in ähnlicher Form auch in den 1970er-Jahren erlebt haben. Eine wirtschaftliche Situation, die durch geringes oder gar kein Wachstum und eine überdurchschnittlich hohe Inflation gekennzeichnet ist. Der Gegenwind, der sich dadurch für die Märkte ergibt, ist immens. Abverkauf an den Börsen, insbesondere die in der Vergangenheit gut gelaufenen Tech-Aktien. Zugleich auch „Verwerfungen“ an den Rentenmärkten, zumal diese über Jahre hinweg durch die lockere Geldpolitik und niedrige Leitzinsen geprägt wurden. Und auch Gold als Inflationsschutz funktioniert bislang nicht besonders gut.

II: Das vorausgeschickt, woher könnten in absehbarer Zeit positive Impulse kommen?
Herrmann: Eine baldige Entspannung im Ukraine-Krieg ist nicht zu erkennen. Vielmehr steht zu befürchten, dass wir einen „Abnutzungskrieg“ sehen, so dass diese Auseinandersetzung über eine unbestimmte Zeit weitergeht. Auch die Inflation wird uns weiterhin begleiten. Es mag sein, dass wir den Zenit der Preissteigerungen gesehen haben oder zeitnah sehen werden, aber sie verharrt auf hohem Niveau. Somit ruhen die Hoffnungen zuvorderst darauf, dass sich die chinesische Wirtschaft fängt und in den kommenden Monaten wieder anzieht.

II: Aber die dortigen COVID-Restriktionen treffen die Wirtschaft stärker als erwartet, sind „Gift“ für die wirtschaftliche Belebung.
Herrmann: Die chinesische Wirtschaft bremst in der Tat scharf ab und ohne den Krieg in der Ukraine wäre dieser Umstand wohl DAS Thema schlechthin an den Märkten in 2022. Die dortige Wirtschaft leidet noch stärker als befürchtet unter den Einschränkungen der Null-COVID-Strategie. Doch die Machthaber in Peking, gerade mit Blick auf den 20. Parteitag im Herbst, werden nicht tatenlos zusehen. Es steht zu viel auf dem Spiel. Ich erwarte nach Ende der Lockdowns umfangreiche fiskalische Stimuli und die chinesische Zentralbank kann und wird ihre Geldpolitik wohl weiter lockern. Das wiederum könnte die Wirtschaft ankurbeln mit den entsprechenden positiven Wirkungen für das globale Wachstum.

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