Fünf Irrtümer zum Thema Dividendenanlagen

11. August 2022
Marcus Weyerer,

Mythos 4: Steigende Zinsen verheißen für Dividendenwerte nichts Gutes

Tatsächlich kann das Gegenteil der Fall sein. In den letzten beiden Zinserhöhungszyklen der US-Notenbank (von 2004 bis 2006 und von 2016 bis 2018) entwickelten sich Aktien allgemein gut. Im ersten Zyklus konnten Unternehmen, die Dividenden ausschütten, den breiteren Markt deutlich übertreffen, während sie im zweiten Zyklus geringfügig zurückrückblieben. Der Unterschied zwischen qualitativ hochwertigen Dividendenaktien und Titeln, die besonders hohe Dividenden ausschütten, war in beiden Fällen gering. Wirtschaftlich betrachtet lässt sich das daran erklären, dass steigende Zinsen zwar rein mathematisch negative Auswirkungen auf Vermögenswerte haben, sie jedoch auch eine robuste Wirtschaft signalisieren können, bei der die Zentralbanken eingreifen, um eine Überhitzung und eine anschließende Rezession zu verhindern.

Dieses Mal dürfte sich die Situation vermutlich etwas anders gestalten. Erstens wird derzeit weltweit viel von einer Rezession gesprochen, da die Weltwirtschaft mit den beispiellosen Konsequenzen von zwei Ereignissen konfrontiert ist, die es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat: der Covid-19-Pandemie und einem Krieg im Herzen Europas. Zweitens (und teilweise als Folge des ersten Aspekts) haben die Inflationsraten den höchsten Stand seit mehreren Jahrzehnten erreicht, und die Geldpolitik muss mit relativ wenig Rücksicht auf die aktuelle Wirtschaftslage Aufholarbeit leisten.

Genaugenommen könnte eine Rezession sogar erforderlich sein, um die Inflation zu bekämpfen.

Fazit: Die Hypothese, dass sich Dividendenwerte bei steigenden Zinsen schlechter entwickeln müssen, wird durch die Daten nicht gestützt. Seit Beginn des Jahres 2022 haben sich Dividendenstrategien in der Tat im Vergleich zu den breiteren Aktienmärkten als relativ sicherer Zufluchtsort erwiesen. Wir sind der Meinung, dass sich Unternehmen mit starken Fundamentaldaten und attraktiven Renditen – ohne die großzügige Unterstützung der Zentralbanken, an die sich die Märkte gewöhnt haben – in einem Szenario mit schwächer werdender Inflation und Zinsen, die weiterhin über dem Niveau der letzten beiden Jahre liegen, gut entwickeln könnten.

Mythos 5: Dividendenwerte sind im Vergleich zum breiten Markt immer die sicherere, defensivere Wahl

Während des im März 2020 verzeichneten Abverkaufs war der Unterschied zwischen den meisten Dividendenstrategien (einschließlich qualitativ hochwertiger Dividendenwerte) und dem breiten Markt beispielsweise relativ gering. Es kam ein Gefühl der Panik auf, und in der Hitze des Gefechts erschienen vielen die Fundamentaldaten nicht mehr relevant. Selbst unter den besten Umständen ist es schwierig, den beizulegenden Zeitwert eines Unternehmens zu bestimmen. Konstante Dividendenausschüttungen an Anleger können jedoch durch die Anwendung von Ansätzen, die beispielsweise auf eine Diskontierung zukünftiger Dividenden oder Cashflows setzen, eine objektivere Untergrenze für die Bewertung bieten. Bei Wachstumsunternehmen oder dem breiteren Markt gestaltet sich die Anwendung solcher Modelle schwieriger.

Nichtsdestotrotz sollten sich Dividendenanleger vor einem falschen Gefühl der Sicherheit hüten.

Mittel- und langfristig können Anleger, die Rendite und Qualität kombinieren, jedoch zumindest dahingehend zuversichtlich sein, dass ihre Positionen die Kursrückgänge früher oder später überstehen werden – und dabei weiterhin stabile Ausschüttungen einstreichen.

Kommentar von Marcus Weyerer,
Senior ETF Investment Strategist EMEA
Franklin Templeton

Marcus Weyerer / Foto: © Franklin Templeton

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