Mit der Verabschiedung des Finanzmarktdigitalisierungsgesetzes (FinmadiG) wurde eine wichtige Weiche für die Weiterentwicklung des Kryptomarktes gestellt. Die neuen Regelungen zielen auf eine Regulierung und Professionalisierung von Krypto-Dienstleistern ab. Zu letzteren gehören mitunter auch etablierte Banken, Neo-Broker und andere Finanzdienstleister. Die Anbieter müssen in Technologie und Personal investieren, können jedoch langfristig von Effizienzgewinnen und einem gesteigerten Kundenvertrauen profitieren. Die Regelungen können den Kryptomarkt für institutionelle Investoren attraktiver machen.
Das FinmadiG setzt die europäische Markets in Crypto Assets (MiCA)-Verordnung in nationales Recht um. Diese Überführung umfasst die Schaffung eines neuen Kryptomärkteaufsichtsgesetzes (KMAG) und die Änderung bestehender Gesetze. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erhält erweiterte Befugnisse, um die Einhaltung der neuen Vorschriften zu kontrollieren. Diese Entwicklungen unterstreichen die zunehmende Bedeutung einer stringenten Regulierung im Kryptomarkt.
Erweiterte Sorgfaltspflichten: Stärkerer Fokus auf Identitätsprüfungen
Das FinmadiG verschärft die Anforderungen an die Geldwäscheprävention erheblich. Insbesondere im Bereich der Sorgfaltspflichten wie der Identitätsprüfung müssen sogenannte Crypto Asset Service Providers (CASPs) neue Maßstäbe erfüllen. Bei der Umsetzung der „Know Your Customer“-Regeln (KYC) spielt vor allem die Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter bei komplexen Unternehmensstrukturen eine zentrale Rolle. Dies erfordert erweiterte Dokumentationsprozesse und den Einsatz digitaler Lösungen, um die steigenden Anforderungen effizient zu bewältigen.
Der Trend hin zu automatisierten Verifikationssystemen nimmt zu, da Finanzinstitute versuchen, den administrativen Aufwand zu reduzieren und gleichzeitig eine höhere Genauigkeit zu gewährleisten. Innovative Technologien wie biometrische Identifikationsverfahren und KI-gestützte Analysen können dabei helfen, die KYC-Prozesse effektiver und kosteneffizienter zu gestalten.
Intensivierte Transaktionsüberwachung
Die Nachverfolgbarkeit von Transaktionen zur Geldwäscheprävention ist ein zentraler Bestandteil des FinmadiG. CASPs müssen mithilfe von Blockchain-Analysetools sicherstellen, dass jede Transaktion von ihrem Ursprung bis zum Empfänger eindeutig nachvollziehbar bleibt. Sie sind nicht nur dazu verpflichtet, verdächtige Transaktionen in Echtzeit zu melden, sondern sie auch detaillierter zu analysieren und zu dokumentieren.
Zusätzlich zu den technischen Anforderungen ist der Aufbau von spezialisierter Expertise innerhalb der Compliance-Teams notwendig. Neben Investitionen in moderne Analyse-Tools wird die Schulung von Mitarbeitenden in der Erkennung und Bewertung verdächtiger Transaktionen zu einem entscheidenden Faktor für den Erfolg der Implementierung der neuen Vorschriften. Kooperationen mit externen Spezialisten und Beratungsunternehmen können hierfür eine wertvolle Unterstützung bieten.
Niedrigere Schwellenwerte und steigende Meldepflichten
Das FinmadiG senkt die Schwellenwerte für die Meldepflicht verdächtiger Transaktionen. Dies führt zwangsläufig zu einer Zunahme der Meldefälle, die von CASPs bewältigt werden müssen. Diese Entwicklung erfordert nicht nur Anpassungen in den Prozessen, sondern auch den Ausbau personeller Ressourcen. Finanzinstitute, die frühzeitig proaktive Maßnahmen ergreifen, können von einer reibungsloseren Integration der neuen Anforderungen profitieren.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden. CASPs müssen sicherstellen, dass sie in der Lage sind, die erforderlichen Informationen schnell und vollständig bereitzustellen. Dies kann durch den Aufbau einer standardisierten Meldeinfrastruktur unterstützt werden, die eine effiziente Kommunikation zwischen Finanzinstituten und Aufsichtsbehörden gewährleistet.
Vertrauensgewinn durch Regulierung: Das FinmadiG als Sprungbrett
Obwohl die neuen Regelungen mit einem erheblichen administrativen Mehraufwand verbunden sind, bergen sie auch Chancen. Eine starke Geldwäscheprävention kann das Vertrauen von Kunden und Investoren nachhaltig stärken. Anbieter, die ihre Compliance-Strategien prüfen und sich frühzeitig auf die geänderten Rahmenbedingungen einstellen, haben die Möglichkeit, sich als vertrauenswürdige Akteure im Markt zu positionieren.
Ein positiver Effekt ist die Schaffung eines transparenten und sicheren Transaktionsumfelds, das nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllt, sondern auch die Benutzerfreundlichkeit erhöht. Kunden legen zunehmend Wert auf Anbieter, die nicht nur innovativ, sondern auch zuverlässig sind. Eine klare und offene Kommunikation über die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen kann das Vertrauen weiter stärken.
Langfristig können die neuen Regelungen dazu beitragen, den Kryptomarkt für institutionelle Investoren attraktiver zu machen. Ein höheres Maß an Regulierung und Sicherheit schafft die Grundlage für ein stabiles und wachstumsförderndes Umfeld. Dies könnte die Akzeptanz von Kryptowährungen und digitalen Vermögenswerten weiter vorantreiben und den Marktzugang für neue Teilnehmer erleichtern.
Umsetzung in der Praxis
Die praktische Umsetzung des FinmadiG erfordert ein strukturiertes Vorgehen, das sowohl aufsichtsrechtliche Anforderungen als auch organisatorische und technische Aspekte berücksichtigt. Ein zentraler Bestandteil ist die Anpassung des internen Kontrollsystems (IKS), um die neuen regulatorischen Vorgaben effektiv zu integrieren.
Zu den notwendigen Anpassungen des IKS gehören:
- Risikobasierte Überwachungsmechanismen: Finanzinstitute sollten ihre Risikoanalysen aktualisieren, um neue Bedrohungsszenarien und Schwellenwerte für verdächtige Transaktionen zu identifizieren. Dies umfasst die Einführung automatisierter Systeme, die kontinuierlich Transaktionen prüfen und verdächtige Aktivitäten melden.
- Stärkung der Kontrollstrukturen: Es ist essenziell, bestehende Kontrollschritte zu erweitern bzw. zusätzliche Kontrollschritte einzuführen, insbesondere in den Bereichen Identitätsprüfung und Transaktionsüberwachung. Diese Schritte sollten klar dokumentiert und regelmäßig auf Effektivität überprüft werden.
- Integration neuer Technologien: Das IKS sollte mit fortschrittlichen Tools und Technologien ergänzt werden, die maschinelles Lernen und Blockchain-Analyse einsetzen. Sie ermöglichen eine Echtzeit-Überwachung und reduzieren manuelle Eingriffe. Wichtig ist dabei eine hohe Präzision, damit die Effizienz nicht durch False Positives beeinträchtigt wird.
- Regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen: Angesichts der dynamischen Entwicklung im Kryptomarkt ist es notwendig, das IKS kontinuierlich zu überprüfen und an neue regulatorische oder technologische Entwicklungen anzupassen.
Auf organisatorischer Ebene sollten Finanzinstitute klare Verantwortlichkeiten definieren und ihre Compliance-Teams entsprechend stärken. Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen sorgen dafür, dass alle Mitarbeitenden die Anforderungen verstehen und korrekt umsetzen können.
Technologisch ist die Einführung von KI-gestützten Systemen und Blockchain-Analysetools von zentraler Bedeutung. Diese unterstützen nicht nur die Einhaltung der Vorschriften, sondern ermöglichen auch eine effiziente Bearbeitung der gestiegenen Meldeanforderungen. Eine enge Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden und Technologieanbietern ist dabei ein Schlüssel zum Erfolg.
Fazit
Das FinmadiG stellt einen entscheidenden Schritt in Richtung eines transparenteren und sichereren Kryptomarktes dar. CASPs müssen sich auf die gestiegenen Anforderungen einstellen und ihre internen Prozesse entsprechend anpassen. Finanzinstitute, die diese Herausforderung als Chance begreifen, können nicht nur regulatorische Risiken minimieren, sondern auch ihre Position im Markt langfristig stärken. Die Implementierung des FinmadiG markiert somit einen Wendepunkt für die Weiterentwicklung des Kryptosektors.
Gleichzeitig zeigt das Gesetz, wie wichtig die enge Zusammenarbeit zwischen Gesetzgebern, Finanzinstituten und Technologieanbietern ist, um den Kryptomarkt nachhaltig und zukunftssicher zu gestalten. Finanzinstitute, die bereit sind, in Innovation und Compliance zu investieren, werden nicht nur die aktuellen Herausforderungen meistern, sondern auch von den langfristigen Vorteilen eines stärker regulierten Marktes profitieren.
Autoren: Ralph Hüsemann, Wirtschaftsprüfer, Partner, Baker Tilly; Dr. Christoph Wronka, Director, Certified Anti-Money Laundering Specialist (CAMS), Certified Internal Auditor (CIA), Baker Tilly




