Die traditionelle Weltordnung, in der Wirtschaft und Konjunktur die Politik prägten, wurde auf den Kopf gestellt, und die Politik treibt nun die Wirtschaft vor sich her. Signifikante politische Weichenstellungen verändern langjährige Handels‑, Sicherheits- und Wirtschaftsbündnisse – die Auswirkungen werden noch jahrelang nachhallen.
Die Fragmentierung von Handels- und Sicherheitsbündnissen wird zu einer bedeutenden Quelle der Volatilität. Das hat Auswirkungen darauf, welche Länder und Branchen prosperieren oder zu kämpfen haben werden. In einer multipolaren Welt könnten eine neue Dynamik in der Handelspolitik und politische Prioritäten die Nachfrage nach US-Assets im Vergleich zu anderen Ländern verändern. Der US-Dollar könnte weiter schwächer werden. Aber ein Verlust seines Status als globale Reservewährung in den kommenden fünf Jahren erscheint angesichts des Mangels an realistischen Alternativen fast unmöglich. Gestiegene Defizite bedeuten weniger Spielraum für Ausgaben in schwierigen Zeiten, was wirtschaftliche Risiken betont und die Abhängigkeit von der Geldpolitik der Zentralbanken erhöht.
Bei festverzinslichen Wertpapieren zahlt es sich aus, widerstandsfähige Portfolios aufzubauen. Wir plädieren weiterhin dafür, den Renditevorteil bei qualitativ hochwertigen Anleihen zu nutzen, anstatt Aktien mit hohen Bewertungen hinterherzujagen.
Die Risikoprämie bei Aktien – die Differenz zwischen Aktien- und Anleihenrenditen – dürfte der wichtigste Bestandteil der Asset-Allokation sein, da sie den relativen Wert von Aktien und Anleihen misst. Der einfachste Weg, die Prämie zu berechnen, besteht darin, die reale (inflationsbereinigte) Anleihenrendite von der zyklisch bereinigten Gewinnrendite abzuziehen. Wie die Grafik in Abbildung 1 zeigt, liegt die Risikoprämie für US-Aktien bei null, womit sie im historischen Vergleich außergewöhnlich niedrig ist.
Abbildung 1: Aktien erscheinen absolut und auch im Vergleich zu US-Staatsanleihen teuer
Quelle: Bloomberg, Robert Shiller Onlinedaten, Global Financial Data und PIMCO; Stand: 31. Mai 2025. Alle Wertkennzahlen beziehen sich auf den S&P 500 Index. Die reale Aktienrendite bezieht sich auf die durchschnittlichen realen Gewinne der vergangenen zehn Jahre, geteilt durch den letzten Kurs. Die reale Rendite 30-jähriger Anleihen entspricht der Rendite 30-jähriger inflationsgeschützter US-Staatsanleihen (TIPS), ergänzt um die Nominalrendite 30-jähriger US-Staatsanleihen, abzüglich der erwarteten Inflation. Um die Inflationserwartungen zu berechnen, schätzen wir die Trendinflation gemäß der Kalibrierung von Cieslak und Povala (2015) und prognostizieren die Inflation für die kommenden 30 Jahre.
Eine Rückkehr zu höheren Risikoprämien bei Aktien geht typischerweise mit einer Rally bei Anleihen, einem Ausverkauf von Aktien oder beidem einher. Dieselbe Grafik zeigt zwei frühere Zeiträume, in denen die Prämie bei null lag oder negativ war: 1987 und 1996 bis 2001. Nachdem die Aktienrisikoprämie im September 1987 bei null lag, brach der Aktienmarkt um fast 25 Prozent ein, während die realen Renditen 30-jähriger Anleihen um 80 Basispunkte (Bp) einknickten. Im Dezember 1999 sackte die Aktienrisikoprämie auf ihren niedrigsten Stand im Betrachtungszeitraum, woraufhin die Aktienkurse bis Februar 2003 um knapp 40 Prozent sanken. Im gleichen Zeitraum gaben die realen Renditen 30-jähriger Anleihen um etwa 200 Basispunkte nach. Darüber hinaus befinden sich die Unternehmensgewinne im Verhältnis zum BIP in der Nähe historischer Höchststände. Steigende Zölle und geopolitische Spannungen könnten die zukünftigen Gewinne belasten.
Der Renditevorteil bei Anleihen bleibt überzeugend
Die Bewertungen deuten darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit einer Outperformance von Aktien gegenüber festverzinslichen Wertpapieren geringer ist, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass die Aussichten für qualitativ hochwertige festverzinsliche Wertpapiere so gut sind wie schon lange nicht mehr. Nach den deutlichen Zinserhöhungen infolge der Pandemie haben die Anleihenmärkte es auf die Sonnenseite geschafft: Anleger können nun von höheren Renditen und einem möglichen Kursanstieg profitieren, da die Zentralbanken über ausreichend Spielraum für Zinssenkungen verfügen.
Die Prognose der Erträge von festverzinslichen Wertpapieren ist relativ einfach: Über einen langfristigen Horizont kann die Anfangsrendite eines Anleihenportfolios ein guter Anhaltspunkt für die erwarteten Erträge sein (siehe Abbildung 2). Die Renditen des Bloomberg U.S. Aggregate Index und des Global Aggregate Index (in US-Dollar abgesichert), zwei gängigen Benchmarks für qualitativ hochwertige Anleihen, liegen zum 5. Juni 2025 bei rund 4,74 beziehungsweise bei 4,94 Prozent.
Abbildung 2: Enge Verbindung zwischen Anfangsrenditen und Renditen der nachfolgenden fünf Jahre
Quelle: Bloomberg und PIMCO; Stand: 30. Mai 2025. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist keine Garantie und auch kein zuverlässiger Indikator für die künftige Wertentwicklung. Diese Grafik dient nur zur Veranschaulichung und gibt keinen Hinweis auf die frühere oder zukünftige Wertentwicklung eines PIMCO-Produkts. Rendite und Ertrag beziehen sich auf den U.S. Aggregate Bond Index. Eine Direktanlage in einen nicht gemanagten Index ist nicht möglich.
Von dort aus können aktive Manager versuchen, Portfolios zusammenzustellen, die eine Rendite von etwa fünf bis sieben Prozent bringen, indem sie von attraktiven Renditen profitieren, die in qualitativ hochwertigen Anlagen stecken. Wir gehen davon aus, dass wir uns weiterhin auf eine hohe Qualität konzentrieren werden.
Globale Chancen mit aktiven Strategien nutzen
Mächtige, langfristig wirkende Kräfte – die Einführung lokaler Währungen, eine disziplinierte Finanzpolitik und diversifizierte Finanzierungen – schaffen Konvergenzen und dadurch dauerhaft Chancen. Ein aktives Management, das sich länderspezifische Nuancen und Relative-Value-Differenzen zunutze macht, ist entscheidend, die unvermeidliche Volatilität im Griff zu haben. Die Chancen, Alpha zu generieren – also Erträge, die über den Markt-Benchmarks liegen –, sind auf den globalen Märkten so groß wie nie zuvor (siehe Abbildung 3).
Abbildung 3: Globale Anleihenmärkte bieten attraktive und vielfältige Chancen
Quelle: Bloomberg und PIMCO; Stand: 30. Mai 2025. Nur zur Veranschaulichung. Die Rendite auf Fälligkeit (YTM) ist die geschätzte Gesamtrendite einer Anleihe, wenn sie bis zum Ende der Laufzeit gehalten wird. Sie gibt den Barwert der künftigen Kuponzahlungen einer Anleihe an. Als Näherungswerte werden folgende Indizes herangezogen: USA: U.S. Generic 10Y Government Bond Index; Deutschland: Generischer zehnjähriger deutscher Staatsanleihenindex; Großbritannien: Generischer zehnjähriger Index für britische Staatsanleihen; Kanada: Kanadischer generischer zehnjähriger Staatsanleihenindex; Australien: Australischer generischer zehnjähriger Staatsanleihenindex; Japan: Japanischer generischer zehnjähriger Staatsanleihenindex; Brasilien: Brasilianischer generischer zehnjähriger Staatsanleihenindex; Mexiko: Mexikanischer generischer zehnjähriger Staatsanleihenindex; Indonesien: Indonesischer generischer zehnjähriger Staatsanleihenindex; Südafrika: Südafrikanischer generischer zehnjähriger Staatsanleihenindex.
Viele Volkswirtschaften der Industrieländer bieten eine Kombination aus attraktiven Anleihenrenditen und wenig rosigen Konjunkturaussichten, was für Anleihenanleger jedoch von Vorteil sein kann. Darüber hinaus sehen wir, dass die Schwellenländer auf ihrer nachgewiesenen Widerstandsfähigkeit aufbauen. In der Vergangenheit hat globale Diversifikation überdurchschnittliche um die Volatilität bereinigte Erträge gegenüber Portfolios einzelner Länder geboten. Wir glauben, dass Diversifikation die einzige Möglichkeit ist, die Vermögensmanagern aktuell zur Verfügung steht.
Die Bedeutung von Duration und Kurvenpositionierung
Angesichts attraktiver Ausgangsbewertungen bei festverzinslichen Wertpapieren in Verbindung mit einem erwarteten schwächeren Wachstum und einer sich stabilisierenden Inflation gehen wir davon aus, dass wir tendenziell stärker übergewichtete Durationspositionen in unseren Portfolios eingehen werden, als dies in den vergangenen Jahren der Fall war.
US-Staatsanleihen haben in jeder Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg als Absicherung für Portfolios gedient, da Aktien und Anleihen historisch eine inverse Korrelation aufweisen. Die qualitativ hochwertigen globalen Anleihenmärkte haben ähnliche Eigenschaften geboten. Eine Kernthese von PIMCO bleibt bestehen: Sie besagt, dass die Renditekurven über unseren langfristigen Horizont wieder steiler werden dürften, da die Anleger weiterhin höhere „Entschädigungen“ für das Halten längerfristiger Anleihen im Vergleich zu Barmitteln und kurzfristigen Schuldverschreibungen verlangen. Die Schätzungen für die Laufzeitprämie für US-Staatsanleihen sind positiv und seit dem Jahrzehnt vor der Pandemie deutlich gestiegen. Angesichts der aktuellen Haushaltsdebatte in den USA besteht das Potenzial für eine weitere Versteilerung der Kurve.
Aktives Management kann die Rolle von Anleihen als Absicherung durch eine entsprechende Positionierung auf der Zinsstrukturkurve stärken. Wir gehen davon aus, dass wir im fünf- bis zehnjährigen Teil der globalen Renditekurven übergewichtet bleiben und im Lauf der Zeit am langen Ende untergewichtet sein werden. Angesichts der steigenden Realrenditen am langen Ende sehen wir jedoch auch eine Grenze, was den Anstieg der Laufzeitprämien angeht. Im Fall eines starken Anstiegs der längerfristigen Renditen würden wir nämlich mit erheblichen Turbulenzen an den Aktien- und Anleihenmärkten rechnen – und das wiederum könnte die Basis für eine Abwärtskorrektur der Realrenditen legen. Wir gehen auch davon aus, dass die Zentralbanken eingreifen und ihre Bilanzen nutzen werden, falls sich abrupte Marktbewegungen zu einer umfassenden Störung der Finanzmärkte aufschaukeln sollten.
Beitrag von Andrew Balls, CIO Global Fixed Income bei PIMCO
