Europäische Small und Mid Caps: in einem rauen Marktumfeld von starken Unternehmen profitieren

Nach einem schwierigen ersten Quartal 2022 haben Aktienanleger gehofft, mit besserer Stimmung in den historisch gesehen besten Monat des Jahres für Aktienanlagen zu starten. In den vergangenen 25 Jahren hat der STOXX Europe 600 Index, der die 600 nach Marktkapitalisierung größten Unternehmen aus Europa enthält, im April durchschnittlich eine Rendite von 2,3 Prozent erzielt. Dabei gab es nur sieben Mal eine negative Entwicklung, weniger als in jedem anderen Monat. Leider wiederholt sich die Geschichte nicht immer und in diesem Jahr wurde ein weiterer April mit negativer Wertentwicklung verzeichnet.
24. Mai 2022
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Nach einem schwierigen ersten Quartal 2022 haben Aktienanleger gehofft, mit besserer Stimmung in den historisch gesehen besten Monat des Jahres für Aktienanlagen zu starten. In den vergangenen 25 Jahren hat der STOXX Europe 600 Index, der die 600 nach Marktkapitalisierung größten Unternehmen aus Europa enthält, im April durchschnittlich eine Rendite von 2,3 Prozent erzielt. Dabei gab es nur sieben Mal eine negative Entwicklung, weniger als in jedem anderen Monat. Leider wiederholt sich die Geschichte nicht immer und in diesem Jahr wurde ein weiterer April mit negativer Wertentwicklung verzeichnet.

Die Marktrisiken haben sich nicht wesentlich verringert. Nur die Wiederwahl Emmanuel Macrons zum Staatspräsidenten Frankreichs hat für Beruhigung unter Marktteilnehmern gesorgt. Doch die Hauptrisiken bleiben bestehen: Der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen auf die Energiemärkte, erhöhte Unsicherheit infolge der Straffung der Geldpolitik durch die Notenbanken und Lieferkettenstörungen im Zusammenhang mit dem erneuten Corona-Ausbruch in China.

In dieser Berichtssaison waren Anleger bislang im Bärenmodus. Unternehmen, die Umsatz- oder Gewinneinbußen vermeldeten oder ihre Prognosen für das Gesamtjahr herunterstuften, wurden abgestraft. Darüber hinaus belohnen die Märkte nicht immer diejenigen Unternehmen, die in der Lage sind, die Inflation erfolgreich zu umschiffen, sich gegen den Abwärtstrend im Zuge des Krieges in der Ukraine zu stemmen oder beeindruckende Gewinnsteigerungen vorweisen können.

Europäische Unternehmen haben in dieser Berichtssaison unserer Auffassung nach für das erste Quartal 2022 bessere Ergebnisse vermeldet als erwartet wurde. Auch der Ausblick für das zweite Quartal bleibt positiv, wobei die Visibilität eingeschränkt ist. Ähnlich wie in der zweiten Jahreshälfte 2021 können die positiven Ergebnisse aus der Gewinn- und Verlustrechnung selten in die Cashflow-Rechnung übertragen werden, da die Kosten für das Betriebskapital (insbesondere Vorräte) die Ergebnisverbesserung übersteigen.

Dafür gibt es mehrere Gründe: die Inflation ist der Hauptfaktor, aber auch die Erhöhung der Sicherheitsbestände nach der Pandemie und die Vorabkäufe vor den Preiserhöhungen. Die beiden Kurven, GuV und Cashflow, werden sich in Zukunft de facto wieder annähern. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch unklar, welche der beiden Kurven sich der anderen annähern wird. Es versteht sich von selbst, dass die Auswirkungen auf die Investitionen infolgedessen sehr unterschiedlich sein werden.

Ein fundamentaler Blick ist unabdingbar

Nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs Ende Februar gingen vor allem die europäischen Börsen auf Talfahrt. So verlor beispielsweise der deutsche Aktienindex DAX, mit rd. ‑9 Prozent (zwischen 24.2. und 8.3.22) in der Spitze deutlich an Wert. Neben dem Risiko der politischen Instabilität in Europa erwiesen sich auch die stark gestiegenen Energiepreise und die Gefahr eines Gaslieferstopps durch Russland als Gift für die Märkte. Im ersten Quartal 2022 konnte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Eurozone laut Eurostat um 0,3 Prozent zulegen. Damit ist das Wirtschaftswachstum in Europa noch immer verhalten, aber etwas besser, als Wirtschaftsexperten erwartet hatten. Auch für die kommende Zeit sind die Wirtschaftsaussichten für Europa aufgrund des fortdauernden Krieges und der Inflation eingetrübt. Die EU-Kommission hat in ihrer jüngsten Schätzung ihre Konjunkturprognose für das laufende Jahr drastisch korrigiert: sie geht von einem Wachstum von 2,7 Prozent in der Eurozone aus, nachdem sie im Februar noch von einem Wachstum um 4 Prozent ausgegangen war.

Wir sind jedoch der Meinung, dass das wirtschaftliche Umfeld aktuell nicht ausschlaggebend für eine Investmententscheidung sein sollte. Vielmehr sollten Unternehmen und deren Fundamentaldaten einzeln analysiert werden. Ein Beispiel ist Verallia, ein französisches Traditionsunternehmen und einer der weltweit führenden Hersteller von Glasverpackungen für Lebensmittel und Getränke. Wir haben Verallia Ende Februar 2022 neu ins Portfolio aufgenommen. Dabei hatte die Aktie zu dieser Zeit massiv an Wert verloren. Der Aktienpreis betrug zu diesem Zeitpunkt unter 24 Euro (Stand: 28.2.22), rd. 23 Prozent weniger als zu Jahresbeginn. Als Glashersteller ist Verallia ebenso wie viele andere Unternehmen im Produktionsprozess stark von Gaslieferungen abhängig.

Diese Ausgangslage hat uns jedoch nicht davon abgehalten, in Verallia zu investieren. Der Markt der Glasherstellung ist extrem resilient und hat weiter an Bedeutung gewonnen. Aufgrund der zurückgefahrenen Investitionen im Zuge der Coronakrise herrscht in Europa eine Knappheit an Glasproduktion vor. Der Krieg in der Ukraine hat die Knappheit noch verschärft, da mehrere Standorte verschiedener europäischer Hersteller beschossen oder vorübergehend geschlossen wurden. Auf Einzeltitelebene zahlt sich aus, dass Verallia eine strikte Hedging-Politik verfolgt, bei der 85 Prozent des Gasverbrauchs der nächsten drei Jahre abgesichert sind. Das Produkt hat außerdem eine enorme Preissetzungsmacht: Die Kosten für Glasverpackungen sind im Vergleich zu den in der Verpackung verkauften Waren (Wein, Champagner, Spirituosen) niedrig.

Unsere Sichtweise hat sich in den Geschäftsergebnissen von Verallia für das erste Quartal 2022 bestätigt: Der Umsatz lag bei 750 Mio. Euro gegenüber der Prognose von 682 Mio. Euro, während das bereinigte EBITDA 183 Mio. Euro gegenüber der Prognose von 158 Mio. Euro betrug. Das Umsatzwachstum lag bei 24 Prozent und die Marge von 24,4 Prozent war im Vergleich zum Vorjahr (25,1 Prozent im Q1 2021) nahezu unverändert. Verallia bekräftigte seine Jahresziele von mehr als 10 Prozent Umsatzwachstum und einem bereinigten EBITDA von über 700 Mio. Euro.

Ein aktiver Fundamentaldaten-orientierter Asset Management-Ansatz hilft dabei, krisenresistente Unternehmen zu identifizieren, die auch in schwierigen Zeiten mit hoher Inflation überragende Ergebnisse und damit mittel- und langfristig Rendite für das Portfolio liefern.

Gastbeitrag von Bertrand Faure, Fondsmanager des Strategic European Silver Stars Fund bei Eric Sturdza Investments

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