Die EU-Steuertransparenzvorschriften, bekannt als DAC7, setzen neue Maßstäbe für die Steuerberichterstattung und ‑transparenz in der Europäischen Union. Ziel dieser Richtlinie ist es, Steuervermeidung und ‑hinterziehung zu bekämpfen, indem digitale Plattformen verpflichtet werden, umfassende Informationen über ihre Nutzer und deren Transaktionen an die Steuerbehörden zu melden. Diese Maßnahmen haben weitreichende Konsequenzen für Unternehmen und Steuerzahler in der EU.
Die Einführung der im März 2021 verabschiedeten EU-Steuertransparenzvorschriften DAC7 soll ein bedeutender Schritt sein, um Steuervermeidung und ‑hinterziehung innerhalb der Europäischen Union effektiver zu bekämpfen. Diese Vorschriften verpflichten digitale Plattformen dazu, detaillierte Informationen über die Aktivitäten ihrer Nutzer zu erfassen und an die Steuerbehörden zu melden. Durch die Erweiterung der bereits bestehenden Berichterstattungspflichten sollen die Steuerbehörden in die Lage versetzt werden, potenzielle Steuervermeidungsstrategien frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden. Die EU-Steuertransparenzvorschriften DAC7 erweitern die bestehenden Richtlinien zur administrativen Zusammenarbeit (Directive on Administrative Cooperation, DAC) im Bereich der Besteuerung. Während frühere Versionen wie DAC6 auf grenzüberschreitende Steuergestaltungen abzielten, legt DAC7 den Fokus auf digitale Plattformen und deren Nutzer.
Bedeutung von DAC7 für die Wirtschaft nicht unterschätzen
Ziel von DAC7 ist es, Steuerhinterziehung und ‑vermeidung durch verstärkte Transparenz und Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern. Plattformbetreiber, die Dienstleistungen oder Waren vermitteln, müssen nun umfangreiche Daten zu Verkäufern und deren Transaktionen sammeln und an die nationalen Steuerbehörden weiterleiten. Diese Informationen werden anschließend zwischen den Steuerbehörden der EU-Mitgliedstaaten ausgetauscht, um sicherzustellen, dass alle relevanten Einkünfte ordnungsgemäß versteuert werden. Zuständige Behörde für die Entgegennahme der Meldungen der betroffenen Unternehmen ist das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Ebenso stellt das BZSt auf Antrag fest, ob es sich bei dem betreffenden Plattformbetreiber um einen freigestellten Plattformbetreiber handelt. Meldezeitraum ist das Kalenderjahr. Die Meldung ist jeweils bis zum 31. Januar des Folgejahres vorzunehmen.
Die Bedeutung von DAC7 für die Wirtschaft kann nicht unterschätzt werden. Unternehmen, die digitale Plattformen betreiben, sehen sich nun mit erheblichen administrativen Anforderungen konfrontiert. Sie müssen sicherstellen, dass sie über Systeme verfügen, die in der Lage sind, die geforderten Daten präzise und rechtzeitig zu erfassen und zu melden. Dies umfasst Informationen über die Identität der Nutzer, die Art und den Umfang der durchgeführten Transaktionen sowie die entsprechenden Zahlungsströme. Für die Plattformbetreiber bedeutet dies einen erheblichen Aufwand an Zeit und Ressourcen, um die neuen Vorschriften zu erfüllen. Es ist notwendig, interne Prozesse und IT-Systeme anzupassen, um den gesteigerten Anforderungen gerecht zu werden. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen könnten hier vor Herausforderungen stehen, da sie möglicherweise nicht über die gleichen Ressourcen wie große Konzerne verfügen.
DAC7 soll Steuergerechtigkeit verbessern
Auf der anderen Seite bietet DAC7 auch Chancen. Die Richtlinie schafft eine einheitliche Grundlage für die Steuertransparenz innerhalb der EU, was langfristig zu einem faireren Wettbewerbsumfeld führen kann. Unternehmen, die bisher von ungleichen Steuerpraktiken profitiert haben, müssen sich nun an die gleichen Regeln halten, was zu einer Harmonisierung des Marktes beitragen kann. Ein weiterer bedeutender Aspekt von DAC7 ist die Stärkung des Vertrauens in das Steuersystem. Durch die erhöhte Transparenz können Steuerbehörden besser gegen Steuervermeidung vorgehen, was die Steuerehrlichkeit und ‑moral in der Gesellschaft fördern kann. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die Steuergerechtigkeit zu verbessern und die öffentliche Akzeptanz des Steuersystems zu stärken. Jedoch sind auch kritische Stimmen zu hören. Einige Experten befürchten, dass die neuen Vorschriften den Datenschutz gefährden könnten, da eine große Menge sensibler Daten erfasst und weitergegeben wird. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass bei der Umsetzung von DAC7 strenge Datenschutzmaßnahmen eingehalten werden, um das Vertrauen der Bürger in den Schutz ihrer persönlichen Daten zu gewährleisten.
DAC7 kann die Gewinnmargen der betroffenen Unternehmen belasten
Aus steuerlicher Sicht erfordert DAC7 von den Unternehmen eine präzise Einhaltung der neuen Meldepflichten, um Strafen und Sanktionen zu vermeiden. Dies bedeutet, dass Steuerabteilungen und Compliance-Teams ihre Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern müssen, um die Anforderungen der neuen Richtlinie zu verstehen und umzusetzen. Die Schulung und Weiterbildung der Mitarbeitenden spielen daher eine zentrale Rolle, um die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen.
Betriebswirtschaftlich gesehen könnten die zusätzlichen Kosten und der administrative Aufwand durch die Implementierung von DAC7 die Gewinnmargen der betroffenen Unternehmen belasten. Unternehmen müssen daher sorgfältig abwägen, wie sie die neuen Anforderungen effizient umsetzen können, ohne ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Dies könnte durch Investitionen in moderne IT-Systeme und die Automatisierung von Meldeprozessen erreicht werden, um die Effizienz zu steigern und die Kosten zu senken.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die EU-Steuertransparenzvorschriften DAC7 sowohl Herausforderungen als auch Chancen für die Wirtschaft mit sich bringen. Während die Unternehmen erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, um die neuen Vorschriften zu erfüllen, bietet DAC7 gleichzeitig die Möglichkeit, ein faireres und transparenteres Steuersystem zu schaffen. Durch die Erhöhung der Steuertransparenz und die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit können langfristig sowohl die Steuereinnahmen gesteigert als auch die Wettbewerbsbedingungen harmonisiert werden.
Autor: Stefan Rattay ist Steuerberater, Fachberater für internationales Steuerrecht und Partner der multidisziplinären Kanzlei WWS Wirtz, Walter, Schmitz & Partner