Zwei Seiten derselben Medaille! Stellen Sie sich folgende zwei Situationen vor:
Situation „Erfolgreicher Unternehmer und Investor“: „Ich habe meinen 65. Geburtstag gefeiert und weiß, dass ich die Planung des Vermögensübergangs auf meine Kinder angehen sollte – auch wenn ich spät dran bin. Ich möchte mich aber nicht einschränken müssen, und meine Kinder sollen das Vermögen nicht einfach verprassen. Zudem sollen möglichst wenig Steuern anfallen. Trotzdem fällt es mir schwer, mich mit meinem eigenen Ableben auseinanderzusetzen, denn schließlich geht es mir gut.“
Situation „NextGen“: „Ich habe meinen 25. Geburtstag gefeiert und mache mir ernsthaft Sorgen, wie ich die drohende Erbschaftsteuerlast von 30 % stemmen soll, falls meinen Eltern unerwartet etwas zustößt. Das Vermögen ist mittel- bis langfristig gebunden, und der Wert steigt weiter. Ich wünsche mir eine klare Regelung, um Streit mit meinen Geschwistern zu vermeiden und endlich ruhiger schlafen zu können.“
So oder ähnlich gestalten sich viele Beratungssituationen, in denen sowohl erfolgreiche UnternehmerInnen und InvestorInnen (oder deren Family Offices) als auch die NextGen mich in solchen sensiblen Situationen hinzuziehen. Obwohl beide Seiten die Erbschaftsteuer als besorgniserregende Belastung sehen, bleibt man oft ohne externe Hilfe in der Planung stecken – und überlässt das Thema schließlich dem Zufall. Aus meiner langjährigen Erfahrung kann ich sicher sagen: Zufall ist der schlechteste Ratgeber. Nicht selten muss Vermögen kurzfristig veräußert werden, und das in emotional belasteten Momenten – etwa, wenn ein Familienmitglied plötzlich verstirbt. Manchmal braucht es nur einen unverschuldeten Moment, um solche Situationen herbeizuführen, wie das Beispiel des Untergangs der Bayesian vor Sizilien zeigt,
Das Gute daran: Es gibt sehr gute Lösungen, um die familiäre Abstimmung und die rechtliche sowie steuerliche Strukturierung des Vermögens in Einklang zu bringen. Wichtig ist, dass Sie das Thema angehen, denn letztlich führt eine Kombination individueller Lösungsansätze zum Erfolg. Die Bedürfnisse der Beteiligten sind – wie die Menschen selbst – sehr unterschiedlich. Oft merke ich am Ende der unten aufgeführten Schritte die Dankbarkeit der Beteiligten. Das ist einer der Gründe, warum mein Beruf für mich mehr als ein Job ist. Es ist eine Berufung, geprägt durch die Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Menschen und den Herausforderungen des (stets spannenden) internationalen Steuerrechts.
Lassen Sie sich professionell, persönlich und vertrauensvoll begleiten, reduziert das nicht nur Unsicherheiten, sondern fördert oft auch den offenen Austausch innerhalb der Familie und spart zudem Zeit und Steuern. Noch etwas: Die emotionale Herausforderung ist unabhängig von der Vermögenshöhe. Am Ende geht es immer darum, mit einem guten Gefühl in die Zukunft zu blicken.
Um Ihnen ein wenig die Sorge zu nehmen und Vertrauen in das Vorgehen zu schaffen, möchte ich Ihnen die grundsätzlichen Schritte erläutern. Auch wenn kein Mandat dem anderen gleicht, gibt es doch Ähnlichkeiten.
1.Schritt: „Wo starten wir?“ (Familie und Vermögen)
Meine internationale Ausrichtung bringt mich oft in Mandate, bei denen es um die Generationenübergabe von internationalem Vermögen geht. „International“ klingt dabei groß, doch durch die Globalisierung gibt es heute kaum noch Fälle ohne internationale Bezüge – sei es beispielsweise, weil ein Kind im Ausland lebt, Vermögen im Ausland existiert oder der Lebensabend im warmen Südeuropa geplant ist, oft auch wegen günstiger Steuerregime dort.
Entscheidend ist es, im ersten Schritt einen klaren Überblick zu gewinnen über:
- die (Familien-)Konstellation der Beteiligten und deren Lebensverhältnisse (objektive und subjektive Faktoren),
- die Bedürfnisse, Wünsche und Zukunftspläne der Beteiligten, insbesondere des Vermögensinhabers,
- die Vermögenszusammensetzung und deren geografischer Lokalisierung,
- bereits getroffene Regelungen in zivil‑, erb- und gesellschaftsrechtlicher Hinsicht (nicht nur nach deutschem Recht), sowie
- die steuerliche Vergangenheit.
Dieser Schritt ist zeitintensiv und erfordert oft viel Geduld. Hier bringt es wenig, Druck aufzubauen. Stattdessen muss eine konsequente Übersicht Schritt für Schritt erarbeitet werden, unter Berücksichtigung der jeweiligen Befindlichkeiten.
Im Übrigen sollten potenzielle Erbschaft- und Schenkungsteuerrisiken bereits beim Eingehen von größeren Investitionen beachtet und einkalkuliert werden – abhängig von der geplanten Anlagedauer.
2. Schritt: „Was hilft uns das nun?“ (IST-Analyse aus rechtlicher und steuerlicher Sicht)
Haben Sie einmal einen Überblick über die genannten Punkte, geht es darum zu prüfen, ob es in der Vergangenheit steuerliche Stolpersteine gab, die den Weg nach vorn blockieren. Ideal ist es, solche Hürden nicht erst im Erbfall zu entdecken, da sie unangenehme Überraschungen für die NextGen bedeuten könnten. Beispiele sind unbemerkte Schenkungen (z. B. durch nicht fremdübliche familienintern Darlehensverträge, teure Geschenke, Gemeinschaftskonten) oder steuerliche Problemfelder durch internationale Mobilität insbesondere des Vermögensinhabers oder dessen Vermögens. Mit dem Tod eines Menschen geht auch dessen Wissen über die Vergangenheit verloren – eine oft unterschätzte Gefahr, da Dokumentationen selten vollständig sind.
Steht der Planung nichts mehr im Wege, wird der IST-Zustand analysiert. Dabei wird durchgespielt, welche Folgen eine Schenkung oder – noch viel wichtiger – ein Erbfall haben würde: Wer erbt was und welche Steuerlasten drohen?
Hierzu gehört die rechtliche Analyse (z. B. Eheverträge, Erbverträge, Testamente, Vorsorgedokumente, Trusts) sowie das Steuerrecht, das zahlreiche Ausnahmen und Begünstigungen bietet – allerdings mit Bedingungen, oft auch in die Zukunft gerichtet. Gerade bei unternehmerischem Vermögen ist der Aufwand zur Erfüllung der steuerlichen Anforderungen nicht zu unterschätzen.
3. Schritt: „Wo wollen wir hin?“ (Definition der Ziele bei der Vermögensnutzung in der Zukunft)
Die Analyseergebnisse führen oft zu Überraschungen: Die meist negativen Konsequenzen wurden entweder nicht erkannt oder verdrängt. Nun ist es die Aufgabe des vertrauensvollen Beraters, Ängste zu nehmen und die Ergebnisse verständlich zu erläutern – ohne Panikmache. Wichtig ist, dass das Ergebnis nicht in Stein gemeißelt ist. Der nächste Schritt ist die Definition erreichbarer Ziele. Diese betreffen einerseits die Frage, welche Vermögenswerte welchen Familienmitgliedern, Stiftungen oder anderen zufließen sollen. Andererseits wird die Reduzierung der steuerlichen Belastung ein zentrales Ziel sein.
4. Schritt: „Was können wir nun machen?“ (Auswertung der Umsetzbarkeit vor dem Hintergrund der definierten Ziele)
In der Regel zeigt sich, dass die einzelnen Ziele teilweise gegenläufige Effekte haben. So könnten zum Beispiel bestimmte Renditeziele einerseits nur mit Anlagenklassen erreicht werden, die andererseits ein höheres erbschaftsteuerliches Risiko bergen. Oder es wird eine Stiftung gewünscht, um das Vermögen dauerhaft zu sichern, jedoch sollen die (insb. ertrag-)steuerlichen Risiken für in Deutschland lebende Familienmitglieder minimiert werden. Letztlich stehen verschiedene Kombinationen offen, abhängig von den Prioritäten.
Auch dieser Schritt braucht Zeit, ist aber entscheidend für eine zukünftige Strukturierung, die dann in aller Regel mehrere Rechtsgebiete betrifft.
- Schritt: „Wie machen wir es nun?“ (Umsetzung)
Sind die Ziele und deren Erreichung klar, geht es darum, die gewünschte Struktur zu realisieren. Dabei ist es wichtig, den Überblick über alle Handlungsstränge zu behalten. Es bietet sich an, die Schritte vorab zu skizzieren, da im Umsetzungsprozess oft externe Parteien wie Behörden, Gerichte, Notare oder weitere Familienmitglieder sowie Mitgesellschafter eingebunden werden müssen.
Auch hier bedarf es einer klaren, aber auch feinfühligen Kommunikation, um die abgestimmten Ziele ohne unnötige Reibungen zu erreichen.
- Schritt: „Alles erledigt?“ (Gemeinsam in die Zukunft)
Nachdem die Zielstruktur erreicht ist, folgen typischerweise weitere Aufgaben wie bspw. die korrekte steuerliche Erklärung der Vorgänge, die Einhaltung von Fristen oder Bedingungen, die an steuerliche Begünstigungen geknüpft sind. Auch Änderungen im Vermögen oder in der familiären Situation können Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen (z. B. Verträge, Testamente) erfordern. Hier ist es hilfreich, den Berater an Bord zu lassen, da er die Gesamtsituation nun bestens kennt.
Ein gut gemeinter Rat zum Schluss: Warten Sie nicht bis zum 65. Geburtstag, sondern kümmern Sie sich deutlich früher – nicht nur um das Vermögen, sondern auch um Ihre Vorsorge (Patientenverfügung, Vollmachten usw.). Das nimmt Ihnen und Ihren Angehörigen viel Sorge und bringt Entlastung. Mit professioneller Unterstützung wird Ihnen dies in jedem Fall gelingen.
Autor: Dr. Marco Ottenwälder, Steuerberater (Tax Advisor) / Partner, Andersen GmbH Rechtsberatung Steuerberatung