Zuletzt waren an den Märkten die Stimmen lauter geworden, dass jetzt die Große Rotation weg von den Börsenriesen aus dem Tech-Bereich hin zu den Werten der zweiten oder dritten Reihe im Gange ist. Aktuell, mitten in der Berichtssaison für das dritte Quartal, gibt es dafür noch keine klaren Anzeichen.
Bisher haben rund 19% der Unternehmen des S&P 500 und etwa 9% der Unternehmen des STOXX 600 ihre Quartalszahlen veröffentlicht. Auf Basis dieser Indizes konnten 74% der US-Firmen und rund 52% der europäischen Unternehmen bei den Gewinnen positiv überraschen, wobei sich diese Zahlen in den USA über- und in Europa unterhalb der Niveaus der vorherigen Berichtssaison bewegen und damit erneut die relative Stärke der Gewinne in der US-Unternehmen unterstreichen. Es ist allerdings noch zu früh, um einen wirklichen Trend herauszulesen. Aus Marktsicht gab es bisher Licht und Schatten, wenn man die überzeugenden Zahlen von JP Morgan die eher enttäuschten Erwartungen bei ASML als erste Referenzpunkte nimmt.
Nun stehen als nächstes die Zahlenwerke der „Magnificent 7“ im Fokus, denn die Anleger wollen daraus ablesen, ob gerade der Hype um die Künstliche Intelligenz und allen Geschäftsmodellen, die damit direkt oder auch indirekt zu tun haben, weiterhin intakt bleibt. Zweifelsohne können die erreichten Marktpreise und Bewertungsmultiplikatoren als recht hoch betrachtet werden. Und damit sind es auch die Erwartungen der Anleger. Sie suchen bereits nach Alternativen.
Dies ist auch ein Grund, warum gerade während des 3. Quartals seit Ende Juni die besagten Mega-Caps relativ zum breiteren Markt unterdurchschnittlich abgeschnitten haben. So legte der S&P 500 (gewichtet nach Marktkapitalisierung) seit Ende Juni um ca. 7,6% zu, wohingegen der S&P 500 (gleichgewichtet) im selben Zeitraum um ca. 10,3% gewann.
Eine echte Rotation ist das allerdings noch nicht – schon gar nicht in Deutschland, wo aufgrund der spezifischen wirtschaftlichen Herausforderungen vor allem die kleineren Werte Federn lassen mussten. So verlor der SDAX, der Index mit den kleineren deutschen Unternehmen, im selben Zeitraum über 3%. Umso bemerkenswerter ist dies, da eigentlich die Entwicklung der Zentralbankzinsen kleineren Unternehmen überdurchschnittlich stark zugutekommen müsste. Dennoch konnte der breitere DAX die Indizes mit den kleineren Werten teils deutlich hinter sich lassen, was wohl an der internationaleren Ausrichtung der Geschäftsmodelle liegt und damit eine geringere Abhängigkeit von der lokalen Wirtschaft bedeutet.
Insgesamt liegen jedoch die IT-lastigen Indizes deutlich vorne. So erreichte der S&P 500 (gewichtet nach Marktkapitalisierung) mit ca. +24% deutlich vor dem S&P 500 (gleichgewichtet) mit ca. 16%. Der NASDAQ erreichte im selben Zeitraum ca. 22% wohingegen der DAX auf ca. +16% kommt.
Wir erwarten, dass die großen Mega-Caps weiterhin die erste Geige spielen werden und raten nicht dazu, sich von den Titeln aus diesem Spektrum pauschal zu trennen. Wir raten daher unseren Anlegern den langfristigen Aspekt der Kapitalanlage am Aktienmarkt nicht aus den Augen zu verlieren und diversifiziert im Aktienmarkt engagiert zu bleiben. Dabei empfehlen wir unverändert eine hohe Gewichtung in substanzstarken Titeln mit erprobtem Geschäftsmodell, die auch in Krisenphasen ihre Erträge und Margen hochhalten können. Einige der Riesen aus dem Tech-Sektor versprechen genau das.
Autor: Marc Decker, Co-Leiter Aktien bei der europaweit agierenden Quintet Private Bank