„Es geht um die Wirtschaft!“

12. August 2024
Mark Dowding - Foto: © RBC BlueBay AM

Infolge der jüngsten Marktturbulenzen prognostizieren die Marktteilnehmer starke Zinssenkungen. Damit übertreiben sie mal wieder, findet Mark Dowding, Fixed Income CIO bei RBC BlueBay Asset Management. Auch der neue Pessimismus hinsichtlich der US-Wirtschaft schießt aus seiner Sicht übers Ziel hinaus. Hier sein aktueller Marktkommentar. 

„In der vergangenen Woche kam es an den Finanzmärkten zu erheblichen Schwankungen. Sowohl die Anleiherenditen als auch die Aktienkurse fielen deutlich, bevor sie sich wieder erholten. Ausgelöst wurden die Marktbewegungen ursprünglich durch eine Aufwertung des Yen, nachdem die Bank of Japan (BoJ) die Zinsen etwas stärker angehoben hatte als erwartet.

Dies löste bei einigen großen Makro- und systematischen Fonds Stopp-Losses aus, die zu weiteren Yen-Käufen und zusätzlichen Stopps führten. In der Folge wurden Carry-Trades aufgelöst. Es kam zu einer Flucht in Qualität – die Renditen gaben nach und Risikoanlagen gerieten unter Druck.

Das alles geschah zu einer Jahreszeit, in der die Liquidität gering ist und viele Investoren nicht an ihren Schreibtischen sitzen. Dadurch kam es zu übertriebenen Kursbewegungen. Diese wurden durch den unerwartet schwachen US-Arbeitsmarktbericht Ende vergangener Woche noch verstärkt. Am Ende eines turbulenten Handelstags in Asien war der japanische Nikkei-Index am Montag innerhalb von nur 8 Stunden um mehr als 12 Prozent gefallen.

Begleitet wurden die Marktentwicklungen von Befürchtungen, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession abgleitet. Unserer Meinung nach sind diese Sorgen jedoch unbegründet. Insgesamt deuten die Daten auf eine sanfte Landung hin. Es gibt kaum Anhaltspunkte für einen Abschwung. Eine Reihe von Statistiken über den US-Arbeitsmarkt zeichnen weiterhin ein gesundes Bild. Die Arbeitslosenquote ist im vergangenen Monat gestiegen. Allerdings gab es Verzerrungen aufgrund des Hurrikans. Die Daten zu den offenen Stellen, den Anträgen auf Arbeitslosenunterstützung und dem Nettozuwachs an Arbeitsplätzen sind allesamt weiterhin positiv – auch wenn die Dynamik unbestreitbar geringer ist als zu Beginn des Jahres.

Unterdessen liegt die Nowcast-Wachstumsprognose der Atlanta Fed für das laufende Quartal bei 2,9 Prozent. Es gibt wenig Grund für den Offenmarktausschuss der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), seine Einschätzung der Wirtschaftslage zu ändern – es sei denn, ein weiterer erheblicher Rückgang der Aktienkurse würde zu einer spürbaren Verschärfung der finanziellen Bedingungen führen. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Fed die Zinsen auf ihrer September-Sitzung wahrscheinlich um 25 Basispunkte herabsetzen wird. Senkungen in ähnlicher Größenordnung sind im Dezember und im ersten Quartal des kommenden Jahres möglich, solange die Inflationsdaten günstig sind.

Diese Einschätzung steht in krassem Gegensatz zu den Erwartungen der Marktteilnehmer, die Anfang dieser Woche eine Lockerung um bis zu 140 Basispunkte in den kommenden sechs Monaten prognostizierten. Das geht weit über das hinaus, was wir – und die Währungshüter selbst – erwarten. Wir sind der Meinung, dass die Preisbildung derzeit von technischen Faktoren bestimmt wird und sich von den fundamentalen Bewertungen gelöst hat. Solche Zeiten der Volatilität und überschießender Märkte bieten aus unserer Sicht Chancen für uns als aktive Anleger.

In einer Welt, in der viele Gelder passiv verwaltet werden, wird ein Großteil des Kapitals auf den Märkten von Maschinen gesteuert. Deren Modelle neigen dazu, den Faktor Momentum zu bevorzugen. Dies kann zu periodischen Schwankungen und Flash-Crashs führen. Solche aber bedeuten einen attraktiven Einstiegspunkt für diejenigen, die bereit sind, einen konträren Standpunkt einzunehmen.

Der Grund, warum die Zinserwartungen der Marktteilnehmer höchstwahrscheinlich falsch sind, liegt letztlich darin, dass sich die geldpolitischen Entscheidungsträger auf die Realwirtschaft konzentrieren werden. Und da gibt es wenig Neuigkeiten. Die Zentralbanken werden sich zwar immer Gedanken über die Märkte machen. Letzten Endes werden sie sich bei der Erfüllung ihres geldpolitischen Mandats aber auf die Wirtschaftsdaten konzentrieren. Es geht schließlich um die Wirtschaft!“

 

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