Der ELTIF erfährt seit Jahresbeginn durch die Novelle der EU-Verordnung 2015/760 eine Wiederbelebung. Mit den neuen Regelungen können seit dem 10. Januar 2024 auch Privatanleger langfristig in Infrastrukturprojekte oder Sachwerte investieren. Die Reform soll den ELTIF attraktiver und einer breiteren Masse von Anlegern zugänglich machen.
Dieser Beitrag beleuchtet, ob die Blockchain basierte Tokenisierung des ELTIF als Fonds-Vehikel möglich ist und inwieweit dies zu einem kommerziellen Erfolg verhelfen kann, welche aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen sowie materiell-rechtlichen Grundlagen für tokenisierte ELTIFS einschlägig sind.
Die Tokenisierung von Investmentfonds, Finanzinstrumenten und illiquiden alternativen Vermögenswerten wird weltweit vorangetrieben. Die Tokenisierung von Vermögenswerten auf einem auf Distributed-Ledger-Technologie (DLT) basierten Netzwerk (z. B. der Blockchain) unter Verwendung von Security Token hat das Potenzial, Fonds, Investmentanteile und Wertpapiere zu digitalisieren. Somit kann das Fundraising sowie der Zugang zu illiquiden alternativen Vermögenswerten verbessert werden.
Aktuelle Marktstudien (u. a. Vgl. Boston Consulting, Relevance of on-chain asset tokenization in ‘crypto winter’) beziffern das Marktpotenzial von tokenisierten (illiquiden) Vermögenswerten auf bis zu 16 Bio. US-Dollar im Jahr 2030. Das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) in Kombination mit der Verordnung über Krypto-Fondsanteile (KryptoFAV) hat die deutsche Fondsindustrie teilweise für tokenisierte Anlageprodukte geöffnet.
Die rechtssichere Emission von Blockchain-basierten Wertpapieren und Krypto-Fondsanteilen
Die digitale Verbriefung von Wertpapieren über Token ermöglicht einen Handel über Krypto-Börsen oder DLT-basierte Marktplätze. Die Tokenisierung von Fonds und Wertpapieren ermöglicht einen liquiden (Sekundär-)Markt und einen leichteren Zugang zu neuen Handels‑, Vertriebs- und Verkaufskanälen bei gleichzeitiger Kostensenkung und Beschleunigung der Transaktionsabwicklung.
Die rechtssichere Begebung von elektronischen Wertpapieren wird in erster Linie durch das eWpG ermöglicht. Die elektronischen Wertpapiere werden gemäß § 16 eWpG in ein Kryptowertpapierregister eingetragen, das von einer von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kontrollierten registerführenden Stelle geführt wird. Kryptowertpapiere werden in entmaterialisierter Form mittels DLT ausgegeben und ermöglichen schnelle und barrierefreie Ausgabeprozesse. Der Hauptunterschied zwischen traditionellen und elektronischen Wertpapieren liegt, abgesehen von der neuen Art der Emission, in ihrer Verwahrung. Während traditionelle verbriefte Wertpapiere als Global-/Sammelurkunde physisch bei einer zentralen Wertpapierverwahrstelle verwahrt werden, können elektronische Wertpapiere in einem Krypto-Wertpapierregister verwahrt werden (vgl. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 8 KWG).
Neben dem eWpG hat der deutsche Gesetzgeber eine Verordnung über Krypto-Fondsanteile (KryptoFAV) geschaffen. Die neue Regelung ermöglicht es Anbietern von Investmentfonds, elektronische Anteilscheine an Investmentfonds in der Rechtsform eines Sondervermögens auszugeben und als sogenannte Krypto-Fondsanteile durch Eintragung in ein Krypto-Wertpapierregister zu emittieren.
Tokenisierte ELTIFs als Fundraising-Booster in einem schwierigen Marktumfeld?
Laut der Scope-Studie „Europäische ELTIF-Studie Marktentwicklung und Perspektiven“ vom 24. März 2023 ist der ELTIF-Markt 2022 um etwas mehr als 50 % gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Das Volumen beläuft sich gemäß der Studie per Ende 2022 bereits auf rund 11,3 Mrd. Euro. ELTIFS, die auch an Privatanleger vertrieben werden dürfen, haben an Bedeutung gewonnen, da das platzierte Kapital in der Höhe von 2,5 Mrd. Euro im vergangenen Jahr anteilig am Gesamtmarktvolumen von 54 % auf 60 % gestiegen ist. Die Aufteilung nach Assetklassen in Bezug auf das platzierte Volumen bewegt sich nahezu gleichgewichtet zwischen 27,4 % (Private Debt) und 32,3 % (Private Equity).
Die Verabschiedung der ELTIF-Novelle hat das Potenzial das Fundraising im Alternatives-Bereich weiter zu beschleunigen, da Einstiegshürden wie die Mindestanlagesumme von 10.000 Euro sowie die ELTIF-spezifische Geeignetheitsprüfung wegfallen, da diese in die MiFID-II-Geeignetheitsprüfung integriert wird. Es stellt sich nunmehr die Frage, ob der ELTIF als tokenisiertes Fonds-Vehikel aufgelegt werden kann, um Privatanlegern diese Anlagemöglichkeit über DLT-basierte Marktplätze und Vertriebskanäle zugänglich zu machen.
Die für einen ELTIF zulässigen Rechtsformen sind in der ELTIF-Verordnung nicht geregelt. Sie richten sich daher nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), welches die Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds ist. Folglich sind für ELTIFs alle nach dem KAGB zulässigen Rechtsformen möglich und es gelten die entsprechenden Bestimmungen des KAGB. Die Verwaltung eines ELTIF umfasst daher sowohl eine offene als auch eine geschlossene Fondsstruktur. Somit können die Anteile des ELTIF an Privatanleger oder (semi-)professionelle Investoren vertrieben werden. Der ELTIF könnte z. B. als Publikumsfonds oder Spezialfonds aufgelegt werden. Entscheidend für die Tokenisierungsfähigkeit eines ELTIF Investmentvehikels ist die Maßgabe der KryptoFAV. Die Ausgabe von Krypto-Fondsanteile ist an die Strukturierung eines deutschen Sondervermögens iSd § 92 KAGB geknüpft.
Was bedeutet das für die in Frage kommenden Fondsstrukturen?
Sondervermögen per se sind inländische offene Investmentvermögen. Das Sondervermögen kann bereits bei nur einem Anleger entstehen. Denkbar ist die Auflage als offenes Infrastruktur-Sondervermögen, welches die konsequente Weiterentwicklung der bereits bewährten offenen Immobilien-Sondervermögen ist.
Eine deutsche Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG), die bis dato eine Erlaubnis zur Verwaltung von geschlossenen Spezial-AIF für z. B. Immobilien hatte, kann auch Fonds in der Rechtsform eines offenen Publikums-Sondervermögens auflegen, sofern sich dieses Sondervermögen als ELTIF qualifiziert. Paradoxerweise kann die KVG aber kein Fondsvehikel in der Rechtsform eines offenen Publikums-Sondervermögens auflegen, sofern es sich lediglich um ein “einfaches” Sondervermögen handelt.
Darüber hinaus ermöglicht die Strukturierung als ELTIF das Investment in illiquide, alternative Anlageklassen in Form depotfähiger Wertpapiere. Der Anteilsschein iSd § 95 KAGB ist nur auf Sondervermögen als offene Investmentvermögen in Vertragsform iSd § 92 KAGB anwendbar und stellt somit die gesetzliche Grundlage für den Wertpapiercharakter des Anteilsscheins dar. Der Anteil ist eine direkte wirtschaftliche Beteiligung am Sondervermögen und verkörpert somit eigen- sowie aktienähnliche Rechte. Der Anteilsschein ist daher als ein Wertpapier sui generis einzustufen.
Der Vertrieb als auch Erwerb eines Depots bzw. walletfähigen Fonds ist sowohl für Fonds-Administratoren als auch Privatanlegern von großem Vorteil, da der Zugang zu einem DLT-basierter Sekundär-Markt für illiquide, alternative Anlageklassen ermöglicht wird. § 92 Abs. 4 KAGB stellt jedoch klar, dass das DepotG auf das Verhältnis zwischen der KVG und den Anlegern nicht anwendbar ist. Anwendbar ist das DepotG ausschließlich auf das Verhältnis zwischen der KVG und der Verwahrstelle bzw. die Registerstelle eines Kryptowertpapierregisters.
Somit ist es möglich, ELTIF-Kryptofondsanteile unter Verwendung der Blockchain-Technologie auszugeben und in ein Kryptowertpapierregister einzutragen. Somit können Privatanleger tokenisierte ELTIFs erwerben und über Kryptobörsen oder DLT-basierte Marktplätze handeln.
Für beide Seiten gilt, dass digital affine Fondsmanager die Auflage neuer Fonds über Privatanleger in Betracht ziehen können. Auf der anderen Seite dürften die Aussichten für Privatanleger positiv sein, da sie die Möglichkeit haben, in hochkarätige illiquide Vermögenswerte zu investieren, die ihnen bis dato nicht zugänglich waren. Die nach aktuell geltender Verwaltungspraxis einschlägigen Anlagegrenzen für semiprofessionelle Anleger iSd. § 1 Abs. 19 Nr. 33 lit. a KAGB (Anlage von mind. 200.000 EUR) sind für tokenisierte ELTIFS in der Rechtsform eines deutschen Sondervermögens nicht einschlägig.
Sowohl für Investoren als auch Privatanleger bietet der ELTIF ein europaweit harmonisiertes Regelwerk für Investitionen in illiquide Vermögenswerte, das auch flexiblere Strukturen ermöglicht. Darüber hinaus können ELTIFs in einer bestimmten Rechtsform tokenisiert werden, was den Fondsverwaltern eine vielversprechende Anlegerzielgruppe eröffnet sowie neuen digitalisierten Vertriebs- und Absatzkanäle ermöglicht.
Autor: Benedict Heidbüchel, LL.M., Director für Digital Assets & Fundraising, Licus Capital Markets GmbH