Referentenentwurf: Bundesregierung plant Einführung digitaler Wertpapiere

Die deutsche Bundesregierung strebt die Digitalisierung der Unternehmensfinanzierung durch elektronische Wertpapiere an. Dazu sieht ein Referentenentwurf vom 11.08.2020 die Einführung von elektronischen Wertpapieren vor. Ausdrücklich sollen auch Kryptowertpapiere zugelassen werden, die beispielsweise unter Nutzung der Blockchain-Technologie ausgegeben werden können. Die vorgeschlagenen Regelungen sollen zunächst nur für Inhaberschuldverschreibungen gelten. Andere Wertpapiere wie z. B. Aktien könnten aber künftig auch rein elektronisch begeben werden.
18. Dezember 2020
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Noch offen ist, was diese Mindestanforderungen für die Praxis bedeuten. Die Distributed Ledger Technologie bietet zwar grundsätzlich einen effektiven Schutz vor Fälschungen und vor unbefugter nachträglicher Veränderung, indem jeder neue – chronologisch erfasste – Eintrag nur aufbauend auf allen bisherigen Einträgen erfasst wird. Mit jedem neuen Eintrag wird es dadurch technisch immer schwieriger, einen alten Eintrag zu ändern, weil die Änderung zu allen jüngeren Einträgen in Widerspruch stünde und damit offensichtlich als solche erkennbar wäre. Zudem schützt der große Rechenaufwand, der für einen neuen Eintrag geleistet werden muss (sog. proof of work), vor beliebigen Einträgen in die Datenbank. In der Praxis hat aber das Beispiel der „hard fork“ der Ethereum-Datenbank gezeigt, dass nachträgliche Änderungen auch in einer – technisch an sich fälschungssicheren Datenbank – denkbar sind.

Praktische Auswirkungen

Noch nicht abzusehen ist, wie sich das geplante Gesetz auf die Wertpapierpraxis auswirken wird. Dezentrale Kryptowertpapierregister sollen zunächst einmal nur die Begebung und Verfügung über Kryptowertpapiere mittels einer dezentralen Struktur, z. B. über eigene Plattformen, ermöglichen. Ein börslicher Handel über Kryptowertpapierregister ist hingegen nicht vorgesehen. Dieser erfolgt in der Praxis und künftig auch aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben zwingend im Effektengiro über einen Zentralverwahrer. Die Regulierung auf EU-Ebene ist zwar mit dem Ende September 2020 vorgestellten Entwurf einer Verordnung zu Krypto-Asset Märkten (Markets in Crypto-Assets (MICA)) in Bewegung geraten. Nach derzeitigem Stand kann der Handel mit Kryptowertpapieren allerdings nicht über Kryptowertpapierregister abgebildet werden, sondern wird eine technische (und rechtliche) Schnittstelle zum Zentralverwahrer erfordern. Dies birgt die Gefahr, dass der Handel mit Kryptowertpapieren in der Praxis auf unregulierte und intransparente Kanäle ausweicht, auf denen der Anlegerschutz nicht vollumfänglich gewährleistet sein könnte.

Der Referentenentwurf sieht daher aus Anlegerschutzgründen eine strenge Regulierung der Registerführer durch die BaFin und ein Mindestkapital des Registerführers in Höhe von 730.000 Euro vor. Für viele der im Bereich der Krypto-Assets aktiven Start-ups wirkt dies allerdings als faktisches Marktzugangshindernis. Dementsprechend ist in den ersten Stellungnahmen zum Referentenentwurf auch umstritten, ob bestimmte Registerführer von der Regulierung ausgenommen sein sollen oder ob für alle die gleichen Regeln gelten sollen (level playing field).

Praktisch ist das Potenzial der Technologie kaum zu leugnen: Ein Settlement über Kryptowertpapierregister könnte den börslichen Handel potenziell schneller, einfacher und günstiger machen. Die Abwicklung könnte (theoretisch) ohne Intermediäre mit der jeweils nächsten Aktualisierung des Registers abgeschlossen werden. Bei der Bitcoin-Blockchain wäre dies
z. B. bereits nach zehn Minuten der Fall – ein deutlicher Zeitgewinn gegenüber dem regulären Settlement von regelmäßig zwei Bankarbeitstagen. Der Beweis, dass Kryptowertpapierregister die Kapazitäten besitzen, den Wertpapierhandel im üblichen börslichen Umfang abzubilden, muss allerdings noch erbracht werden.

Autor: Dr. Dominik Kloka
Rechtsanwalt und Associated Partner
Kanzlei Noerr LLP

Autor: Dr. Georg Christian Langheld
Rechtsanwalt und Associated Partner
Kanzlei Noerr LLP

 

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